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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Randbemerkung: „Da ist der Wurm drin"

von Ingeborg Fischer

(24.06.2022) Wenn mein Kirschbaum vorm Haus Mitte März blüht, sieht er aus, als ob sich eine Braut schmückt oder ein Kommunion-Kind im weißen Kleid zur Kirche gehen will. Ich schimpfe manchmal mit ihm, wenn er gar zu früh dran ist, denn oft kommen noch Nachtfröste. Oder das Wetter ist regnerisch und stürmisch, so dass keine Hummeln und Bienen um ihn herum summen.

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Aber er schafft es immer wieder! Anfang Juni trägt er rote Herzkirschen, zu meiner Freude? Nun, ganz sicher zur Freude der Amseln, die in seinen Zweigen dann Schlemmerfeste feiern.

„Die Kirschen in Nachbars Garten, die waren so süß und so rot …“ hat Peter Alexander gesungen. Das wissen auch Passanten, die vorbeigehen und –hast Du nicht gesehen- schnell ein paar Kirschen abpflücken und ins Mäulchen stecken. Dann bin ich sehr, sehr schadenfroh, wenn ich das sehe. Denn … ich weiß mit großer Gewissheit, dass in meinen süßen Herzkirschen kleine weiße Würmchen leben, na, ja zumindest in jeder dritten! Diese Maden sind so unvermeidlich wie das frühe Blühen schon im März. Deshalb bin ich großzügig und überlasse die Ernte den Amseln und den Kirschdieben, die vorbeikommen. Denn ein Kindheitserlebnis ist mir immer noch in Erinnerung.

Meine Mutter hatte von Nachbarn 2 Eimer, voll mit herrlich roten Kirschen, gekauft und die dann eingeweckt. Als sie die Gläser aus dem Einmachtopf holte, war das Entsetzen groß! Ein dicker, weißer Rand schwamm über allen eingeweckten Kirschen. Maden! Mama hat die Gläser geöffnet, die Maden abgeseiht und noch einmal alles  neu eingekocht. Ich hab mich immer geekelt, wenn ich von den  Kirschen essen musste.

Heute noch bin ich mir ziemlich sicher, wenn die Versuchung groß ist, eine Kirsche in den Mund zu stecken: „Da ist der Wurm drin!“

Ich hoffe jetzt mit sehr schlechtem Gewissen, dass ich Ihnen das Kirschen essen nicht madig gemacht habe. Das würde mir leid tun!