Das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt am Main

Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

Werbung
Werbung

Provenienzforschung im Freien Deutschen Hochstift

Vortragsveranstaltung am 27. Oktober mit Dr. Anja Heuß

von Ilse Romahn

(21.10.2020) Das Freie Deutsche Hochstift wurde und wird getragen von einem großen bürgerschaftlichen Engagement. Zu den Förderern des Hauses gehörten von Beginn an auch Bürger jüdischer Herkunft, die Geld für den Ankauf von Kunstwerken stifteten oder sich ehrenamtlich engagierten.

Laterna Magica
Foto: Freies Deutsches Hochstift
***

Ab 1933 wurden sie in Deutschland wegen ihrer jüdischen Herkunft verfolgt, ausgegrenzt oder sogar ermordet; ihre Kunstsammlungen wurden gewaltsam aufgelöst.

Seit 2019 überprüft die Provenienzforscherin Anja Heuß die Herkunft der Gemälde, die in der Zeit des Nationalsozialismus erworben wurden; das Projekt wird gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste. Nach knapp zwei Jahren ist es Zeit, eine Bilanz zu ziehen: Hat das Freie Deutsche Hochstift in der Zeit zwischen 1933 und 1945 „Raubkunst" erworben? Wie geht die Provenienzforschung vor, auf welcher Grundlage arbeitet sie?

Im Zentrum des Vortrages stehen zwei Gemälde, bei denen ein verfolgungsbedingter Verkauf festgestellt werden konnte. Zum einen handelt es sich dabei um das Porträt des Großherzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach von Ferdinand Jagemann. Es gehörte ursprünglich dem Weimarer Politiker Gustav Stresemann (1878 – 1929), der sich zeitlebens mit Goethes Werk auseinandergesetzt hatte und in vielen politisch schwierigen Situationen dem Freien Deutschen Hochstift beigestanden hatte. Nach seinem Tod erbte seine Witwe Käte Stresemann das Gemälde. Sie stammte aus einer assimilierten jüdischen Familie und musste deshalb im Sommer 1939 mit ihren beiden Söhnen emigrieren. Kurz vor ihrer Emigration in die Schweiz verkaufte sie das Bild an das Freie Deutsche Hochstift.

Bei dem zweiten Gemälde handelt es sich um die Darstellung einer „Laterna magica" eines anonymen Künstlers. Es gehörte dem Frankfurter Juristen Dr. Arthur Adler-Stiebel (1882 – 1938), der im Zuge des Novemberpogroms 1938 verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht wurde. Kurz nach seiner Entlassung starb er an den Folgen der Haft. Seine Mutter Hermine Adler (1857 – 1942) sah sich daraufhin gezwungen, das gemeinsam bewohnte Haus im Westend samt Inneneinrichtung zu veräußern. Beide Gemälde wurden über den Kunsthandel vom Freien Deutschen Hochstift erworben. Im Fall des Porträts des Großherzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach wurde inzwischen Kontakt zu den Erben der Familie Stresemann aufgenommen. Beim Gemälde einer Laterna magica konnten noch keine Erben ermittelt werden.

Dr. Anja Heuß hat ihre Dissertation über Kunst- und Kulturgutraub in Frankreich und der Sowjetunion verfasst. Von 2008 – 2019 war sie Provenienzforscherin der Staatsgalerie Stuttgart. Seit Januar 2019 ist sie als Provenienzforscherin im Freien Deutschen Hochstift tätig.

Die Veranstaltung im Freien Deutschen Hochstift (Goethehaus) am 27. Oktober beginnt um 19 Uhr.
Eintritt: 4 € / frei für Mitglieder des Freien Deutschen Hochstifts

Anmeldung erforderlich. Begrenzte Teilnehmerzahl. Tel. (069)138800, anmeldung@freies-deutsches-hochstift.de