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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Otto-Hahn-Preis 2019 an Festkörperchemiker Martin Jansen verliehen

von Ilse Romahn

(12.11.2019) Der emeritierte Direktor des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart, Prof. Martin Jansen, hat den Otto-Hahn-Preis 2019 erhalten.

Martin Jansen
Foto: Martin Jansen
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Bürgermeister Uwe Becker überreichte die Urkunde und die Medaille am Montag, 11. November, bei einer Feierstunde in der Frankfurter Paulskirche gemeinsam mit Matthias Urmann, Präsident der Gesellschaft Deutscher Chemiker, und dem designierten Präsidenten der Physikalischen Gesellschaft, Lutz Schröder. Im Anschluss trug sich der Preisträger in das Goldene Buch der Stadt Frankfurt ein. Die Laudatio hielt Prof. Barbara Albert von der Technischen Universität Darmstadt. Jansen hat mit seinem Prinzip der rationalen Syntheseplanung die Synthese unbekannter und exotischer Verbindungen revolutioniert. Seine Forschung ermöglicht neue Wege auf der Suche nach innovativen Materialien.

„Mit der Verleihung des Preises würdigen wir die herausragende Lebensleistung des Preisträgers. Im Namen der Stadt Frankfurt am Main beglückwünsche ich Professor Dr. Dr. h.c. Martin Jansen zum Otto-Hahn-Preis. Es ist mir eine große Ehre den wichtigen wissenschaftlichen Beitrag zu würdigen“, sagt Becker in der Paulskirche. „Auch, wenn sich für viele Menschen die Arbeit auf dem Gebiet der rationalen Syntheseplanung nur schwierig erschließt, so nehmen doch die Ergebnisse auf viele Menschen Einfluss oder werden es zukünftig tun.“

Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert und wird gemeinsam von der Stadt Frankfurt, der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) alle zwei Jahre in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Er dient der Förderung der Wissenschaft insbesondere auf den Gebieten der Chemie, Physik und der angewandten Ingenieurwissenschaften durch die Anerkennung herausragender wissenschaftlicher Leistungen. „Professor Dr. Dr. h.c. Martin Jansen ist ein Pionier in der Materialforschung und ich gratuliere ihm sehr herzlich zu dieser verdienten Auszeichnung, die wir im Andenken an den großen Sohn unserer Stadt, Otto Hahn, verleihen. Viele unserer Preisträger wurden später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Martin Jansen hat die Festkörperchemie mit neuen Impulsen und Denkmodellen weiterentwickelt und damit wissenschaftliche Spitzenleistungen erbracht“, sagt Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig. „Jansens anspruchsvolle und originelle Forschung zur Synthese von unbekannten und exotischen Verbindungen bereitet den Weg für neuartige Materialien, die beispielsweise einen Beitrag zu einer effizienteren Energiegewinnung leisten können“, erklärt Matthias Urmann, Präsident der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Und Prof. Dieter Meschede, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, ergänzt: „Physiker bewundern die Gabe von Chemie-Kollegen wie Martin Jansen, neue Stoffe zu schaffen, die häufig auch neue physikalische Phänomene bieten.“

„Dies ist nicht mein erster Preis, aber für mich der Wichtigste. Ich fühle mich sehr geehrt, in den Kreis der früheren Preisträger mit so herausragenden Wissenschaftlern wie Theodor Hänsch, Gerhard Ertl und Stefan Hell, die alle den Nobelpreis erhalten haben, eingereiht zu werden. Auch freue ich mich, dass der Otto-Hahn-Preis als interdisziplinärer Preis für Leistungen auf dem Gebiet der Chemie und Physik vergeben wird, denn auch meine Forschung hat ja interdisziplinären Charakter“, freut sich Jansen über diese Auszeichnung.

Jansen befasst sich in seiner Grundlagenforschung in der Anorganischen Festkörperchemie damit, neue Festkörper mit interessanten Stoffeigenschaften zu erschließen und innovative Materialien zu entwickeln. Sein Fokus liegt dabei auf neuen binären und ternären Oxiden, supraleitenden Oxiden, Ionenleitern, oxidischen Strukturkeramiken und Pigmenten, endoedrischen Fullerenen und Fulleriden und amorphen anorganischen nitridischen Netzwerken. Solche Materialien verfügen über besondere Eigenschaften, die sie von klassischen Werkstoffen unterscheiden. So ist die von Jansen entdeckte und entwickelte Si-B-N-C-Hochleistungskeramik (Si: Silicium, B: Bor, N: Stickstoff, C: Kohlenstoff) gegenüber Hitze und zugleich oxidativer Zersetzung stabiler als metallische Materialien und alle zuvor bekannten Hochleistungskeramiken. Der leichte und temperaturstabile Werkstoff ist außerdem amorph und damit nicht spröde wie andere keramische Werkstoffe. Auch bei der Synthese des Werkstoffs ging Jansen neue Wege. Aus einfachen Molekülen mit den gewünschten Bindungen stellte er im Labor ein Polymer her, das sich unter Hitze zur gewünschten Keramik zersetzen lässt. Dank dieser einzigartigen Synthesestrategie können aus dem Polymer nicht nur Pulver und dünne Schichten der Keramik hergestellt, sondern sogar Fasern gezogen werden. In jüngerer Zeit wurde Jansen durch theoretische Arbeiten zur Strukturvorhersage und Syntheseplanung bekannt. Seine rationale Festkörpersynthese beschreibt ein neuartiges Konzept zur Planung von Festkörpersynthesen. Dabei werden theoretische und experimentelle Verfahren verknüpft, um neue Materialien rational und effektiv erschließen zu können.

Martin Jansen wurde am 5. November 1944 auf der Nordseeinsel Pellworm geboren. Er studierte an der Justus-Liebig-Universität Gießen, an der er auch 1973 promoviert wurde und sich 1978 für Anorganische Chemie habilitierte. In der Folge bekleidete er Professuren an der Leibniz Universität Hannover und der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. 1998 wurde er Direktor am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung sowie Honorarprofessor an der Universität Stuttgart. Seit seiner Emeritierung 2012 ist er als Gastwissenschaftler am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden tätig. Für seine Forschung erhielt er zahlreiche Preise und Auszeichnungen, unter anderem im Jahr 2007 den Karl-Ziegler-Preis der GDCh.