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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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"Nie wieder“ ist jetzt! Förderung von Projekten gegen Antisemitismus

von Ilse Romahn

(01.12.2023) Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft unterstützt mit insgesamt 55.000 Euro sechs Projekte, die sich für ein gesellschaftliches Miteinander und gegen Antisemitismus in Frankfurt engagieren.

Der menschenverachtende Terror­angriff der Hamas auf die Bürgerinnen und Bürger von Israel am 7. Oktober hat die Welt erschüttert. Gleichzeitig hat er für einen sprunghaft angestiegenen Antisemitismus und scheinbar unüberbrück­bare Differenzen in der Bewertung von Ereignissen innerhalb der Gesellschaft gesorgt; jüdische Einrichtungen und Mitbürgerinnen und Mitbürger jüdischen Glaubens sehen sich international, aber auch in Deutschland und in Frankfurt am Main Bedrohungen und Anfeindungen ausgesetzt.

Um diesem destabilisierenden Riss entgegenzuwirken, der sich aktuell in unserer Gesellschaft zeigt, hat die Stiftung Polytechnische Gesellschaft eine Sonderförderung für sechs Projekte in Höhe von insgesamt 55.000 Euro vergeben, die sich gegen Antisemitismus positionieren sowie zur Stärkung von Toleranz, Verständigung und demokratischen Werten und zur Unterstützung israelischer Kinder in Frankfurt beitragen.

Gefördert wird die Umsetzung folgender Projekte in Frankfurt:

  • "Make Hummus Not Walls" von Transaidency e. V. Im dem Projekt führen erfahrene Trainerinnen partizipatorische Work­shops mit Jugendgruppen zu folgenden Themen durch: Nahost­konflikt; jüdisches, muslimisches und palästinensisches Leben; Antisemitismus und Islamfeindlichkeit. Ziel ist es, Vorurteilen und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenzuwirken und Jugendliche in ihrem Prozess der politischen Meinungs­bildung zu unterstützen, hin zu einem toleranten Miteinander in einer demokratischen Gesellschaft. Über jüdisch-muslimische Vorbilder wird vermittelt, wie Beziehungen friedlich und wert­schätzend gestaltet werden können, auch wenn das Gegenüber einen anderen Hintergrund hat und eine andere Meinung vertritt.

  • "Krisenprogramm in der Beratungsstelle Frankfurt" der OFEK e. V. Beratungsstelle bei antisemitischer Gewalt und Diskriminierung. Seit dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Ok­tober 2023 verzeichnet der bundesweit tätige Verein OFEK e. V. einen enormen Anstieg an Beratungsanfragen. Die Einrichtung arbeitet daher seit dem 7. Oktober 2023 im Krisen­modus, um den steigenden (mehrsprachigen) Beratungsbedarf abzudecken. Das Krisenprogramm umfasst verlängerte Hotline-Zeiten und die Erweiterung der Unterstützungsangebote auch für den schuli­schen Bereich.

  • Bildungsstätte Anne Frank mit ihrer Arbeit zur Stärkung von Lehrkräften und pädagogischem Fachpersonal sowie Qualifizierung junger Multiplikatoren für die Arbeit gegen Antisemitismus, Rassismus und Desinformationen vor dem Hintergrund des Nahost Konfliktes. Konkret handelt es sich um zweierlei Maßnahmen: 1. Qualifizierungskurs für junge (politisch) aktive Menschen sowie 2. Online-Fortbildungen zum Thema "Wie reden über die Ereignisse am 7. Oktober und seine Folgen" für Lehrkräfte und pädagogisches Fachpersonal. Der Qualifizierungskurs ist modular aufgebaut und umfasst Informationen und Methodik in Bezug auf Antisemitismus, Antimuslimischem Rassismus, Nahostkonflikt, Radikalisierungsprävention und Social Media. Der Kurs findet im interaktiven Lernlabor "Anne Frank. Morgen mehr." statt und verbindet dessen pädagogischen Ansätze mit den genannten Inhalten. Die Online-Fortbildungen vermitteln pädagogische Grundlagen zur Konfliktkommunikation, Methoden der Radikalisierungsprävention sowie Wissen zu Wirkweise von Social Media Plattformen und der Verbreitung von Fake News.

  • AntiAnti - Museum Goes School" des Jüdischen Museums Frankfurt. "AntiAnti" ist ein niedrigschwelliges kulturelles Bildungs­programm zur antisemitismuskritischen Primärprävention an Frankfurter Berufsschulen, an denen der Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund oder mit brüchigen Bildungsbiografien besonders hoch ist. Das Programm zielt auf eine Stärkung der Persönlichkeit der jungen Menschen, hält sie zur Selbstreflexion an und fördert Empathie sowie die Auseinandersetzung mit Diversität. Zugleich bietet es einen niedrigschwelligen Zugang zu jüdischer Kultur und Geschichte. Für Lehrkräfte werden im Rahmen des Programms pro Halbjahr drei akkreditierte Fortbildungen zu den Themen "Demokratie­bildung und Demokratiegefährdung", "Antisemitismus und anti­muslimischer Rassismus in der Einwanderungsgesellschaft" und "Extremistische Biografien im Vergleich" angeboten.

  • Die Jüdische Gemeinde Frankfurt hat ein Angebot zur Betreu­ung und Beschulung israelischer Kinder in Frankfurt eingerichtet. Es wurden kurzfristig Familien aus Israel auf­genommen. Einige waren während des Terrorangriffs gerade zu Besuch in Deutsch­land, andere sind nach dem 7. Oktober aus Israel nach Deutsch­land gekommen, um an einem sicheren Ort zu sein. Die Familien wollen in Deutschland bleiben, bis sich die Lage in Nahost beruhigt hat. An der von der Jüdischen Gemeinde getragenen Lichtigfeldschule wurde für die Beschulung israelischer Kinder unter dem Titel „Kitat Shalom“ eine eigene Klasse eingerichtet. Für ihre Eltern wird vormittags ein Betreuungs­programm angeboten.

  • Die Katholische Akademie Rabanus Maurus hat 2009 das Projekt "Rat der Religionen" etabliert. Es hat das Ziel, durch Dialog und Beratung das gegenseitige Verständnis und Zusammen­leben in einer pluralistischen Gesellschaft zu verbessern. Diese Zielsetzung verfolgt der Rat sowohl mit eigenen Projekten als auch in Kooperationsprojekten mit anderen Akteuren aus der Zivilgesellschaft. Aktuell arbeitet der Rat der Religionen an einem dreijährigen Projekt mit dem Titel "GlaubWürdig – Religionen im Frankfurter Stadtgespräch", das vom Land Hessen und der der Robert-Bosch-Stiftung gefördert wird. Über digitale Angebote, Soziale Medien sowie klassische Pressearbeit werden mehr Informationen zu den verschiedenen Religionen in Frankfurt bereitgestellt, um insbesondere junge Erwachsene und Multiplikatoren anzusprechen; denn das Verständnis für andere Perspektiven ist eine wichtige Voraussetzung für respektvolles Zusammenleben in einer von kultureller Vielfalt geprägten Großstadt.

"Die Stiftung Polytechnische Gesellschaft steht für Menschlichkeit, Demokratie und Freiheit und duldet weder Antisemitismus, noch Fremdenfeindlichkeit, Hass oder Gewalt. Wir unterstützen alle Bemühungen um Menschlichkeit, Nächstenliebe, um den Schutz wehrloser Menschen und eine Verständigung der Kulturen in Frankfurt und darüber hinaus" sagt der Vorstandsvorsitzende Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich. "Dazu sollen auch diese Sonderförderungen an sechs ausgewählte Projekte beitragen, die in diesen Zeiten insbesondere in Schulen eine wichtige, verbindende Maßnahme darstellen. 'Nie wieder' ist jetzt!"

Dr. Reinhard Krafft, seit 1. November 2023 im Vorstand der Stiftung Polytechnische Gesellschaft aktiv, und Prof. Dr. Dievernich betonen: "In unserer gemeinnützigen Arbeit als Stiftung verfolgen wir ein zentrales Ziel: die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Dem zugrunde liegt ein klares Wertegerüst, welches wir mit unserer im Jahre 1816 aus dem freiheitlichen Geist der Aufklärung stammenden Muttergesellschaft, der Polytechnischen Gesellschaft, teilen: ein klares Bekenntnis zur deutschen Verfassung, unseren freiheitlich-demokratischen Werten, Verantwortung, Respekt und Empathie gegenüber unseren Mitmenschen und der Umwelt – und eine klare Haltung, diese Errungenschaften zu verteidigen."

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