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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Neue Spargelernte unter erschwerten Umständen

Spargelbauer suchen verzweifelt nach Erntehelfern

von Karl-Heinz Stier

(06.04.2020) Zwar wurde in diesem Jahr die hessische Spargelsaison so früh wie nie eröffnet. Auch die Qualität des königlichen Gemüses präsentiert sich durch stetiges Wachstum besonders geschmackvoll und butterzart.

Im Beisein von Rolf Meinhard, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises Spargel Südhessen, sticht die neue Hessische Spargelkönigin Saskia I. den Spargel und eröffnet die Spargelsaison 2020 in Hessen.
Foto: Gutes aus Hessen
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Aber die südhessischen Anbauer sehen sich mit Anforderungen konfrontiert wie kaum zuvor. Nicht nur stehen viele Stände noch mangels Personal ungeöffnet in der Verkaufslandschaft des Rhein-Main-Gebietes und darüberhinaus. Was noch viel schimmer wiegt ist das Fehlen von ausländische Erntehelfern aus Osteuropa, die ansonsten die Stütze der Spargelernte auch in Hessen waren.

Der Vorsitzende des Arbeitskreises Spargel Südhessen, Rolf Meinhardt, geht davon aus, dass in diesem Jahr nur 30 bis 40 Prozent der verfügbaren Menge an Spargel geerntet werden kann. Denn nur ca. 20 Prozent der ausländischen Saisonarbeitskräfte konnten bisher aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus einreisen. „Das ist für viele Betriebe eine Katastrophe“, so Rolf Meinhardt. „Es tut uns in der Seele weh, wenn wir Flächen nicht ernten können und sie schon frühzeitig aus der Produktion nehmen müssen. Ich habe hochgerechnet, dass statt der 200.000 Arbeitskräfte, die sonst für die Spargel- und Erdbeerernte anreisen, in diesem Jahr ungefähr eine Millionen Arbeitskräfte benötigt werden, wenn man davon ausgeht, dass die meisten Erntehelfer in Teilzeit oder auf Minijob-Basis arbeiten. Das ist eigentlich kaum machbar und auch nicht logisch. Wir fühlen uns hier von der Bundesregierung allein gelassen, wurde doch kürzlich betont, dass die Landwirtschaft systemrelevant sei“, ergänzt Rolf Meinhardt. 

Über Plattformen wie bauersuchthilfe.de werden bundesweit Erntehelfer gesucht. Auch die hessische Landwirtschaftsministerin Priska Hinz ruft zur Unterstützung der heimischen Landwirtschaft auf: „Dass die Saisonarbeitskräfte zurzeit nicht kommen können, ist eine zusätzliche Härte für die Bäuerinnen und Bauern. Die Gründe der Bundesregierung sind mit Blick auf den Infektionsschutz der Erntehelferinnen und Erntehelfer nachvollziehbar. Trotzdem wäre es aus meiner Sicht richtig gewesen, wenn wir uns auf das Einreiseverbot hätten vorbereiten können" .

Über die Plattform bauersuchthilfe.de wurden bereits 300 Menschen in Hessen an Landwirtschaftsbetriebe vermittelt. Spargelstechen ist harte Arbeit, das kann nicht jeder leisten. Wir alle können aber unsere heimischen Bäuerinnen und Bauern unterstützten, indem wir an den Spargelbuden fleißig zugreifen - auch wenn der Spargel in diesem Jahr teurer wird, meinte Rolf Mewinhardt.

Die Verkaufsbuden der Spargelerzeuger werden bald voraussichtlich wie gewohnt geöffnet sein - so deren Prognose. Dafür wird die Versorgung des Großhandels mit Spargel geringer ausfallen, da die Gastronomie als Abnehmer wegfällt (ca. 20 Prozent der Abnehmer). Die Buden böten eine gute Möglichkeit in räumlicher Nähe frische Lebensmittel einzukaufen und dabei die Schutzmaßnahmen einzuhalten. Die Spargelbauern werden sich bemühen, die notwendigen Hygienemaßnahmen einzuhalten. Ein Kilogramm Spargel der ersten Klasse kostet derzeit bei 16,90 Euro. Aufgrund der schwierigen Erntebedingungen wird der Preis 2020 voraussichtlich nicht so schnell sinken wie in den vergangenen Jahren.

Die neue hessische Spargelkönigin Saskia I. hätte sich für den Start in ihre Amtszeit andere Umstände gewünscht. Sie ruft die Verbraucher dazu auf, bis 24. Juni 2020 so viel Spargel wie möglich zu essen und die Spargelbauern zu unterstützen. „Gerade in diesen schwierigen Zeiten tröstet der Genuss von Spargel vielleicht ein wenig über die Sorgen hinweg.“ 

Der größte Teil der südhessischen Spargelerzeuger hat sich dem Qualitäts- und Herkunftszeichen „Geprüfte Qualität – HESSEN“ angeschlossen und stellt damit sicher, dass der unter diesem Siegel vermarktete Spargel von hessischen Feldern stammt. Es garantiert dem Verbraucher zusätzlich, dass der Betrieb jährlich Kontrollen unterzogen wird und die Produkte über dem gesetzlichen Standard liegende Qualitätsanforderungen erfüllen müssen.

Spargel zählt zurecht zu den Edelgemüsen, denn er ist gesund, anspruchsvoll und hat einen köstlichen Geschmack. Dass er sich darüber hinaus rarmacht, trägt dazu bei, dass seine Fangemeinde immer größer wird. Allein in Hessen wurden 2018 fast 130.000 Tonnen Spargel geerntet. Da das Staudengewächs nur bis zum 24. Juni gestochen werden darf, bringen die Spargelbauern das königliche Gemüse immer früher auf den Markt.

Es wird auf leichtem, sandigem, wasserdurchlässige und humosen Boden angebaut. Hessen gehört mit 2.167 Hektar zu einem der bedeutendsten Anbaugebieten Deutschlands. Vor allem in den südlichen Landkreisen Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau und Bergstraße wird schwerpunktmäßig Spargel angebaut. Unter den typischen Erdwällen ruhen die weißen Stangen, bis sich die Erdoberfläche leicht hebt und sie gestochen werden können. Vor allem die Sonne beeinflusst das edle Gemüse. Je intensiver die Sonneneinstrahlung, desto höher der Vitamin- und Mineralstoffgehalt und desto früher die Ernte. Ein Grund, weswegen die Spargelbauern mit Verfrühungsmethoden den Anstich des Spargels immer weiter nach vorne ziehen.