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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Montbéliard – württembergische Geschichte, französisches Flair

von Jörg Hartwig

(19.04.2021) Mömpelgard! Dieser lustige Name ist die deutsche Bezeichnung für die französische Stadt Montbéliard. Ihre Geschichte ist stark mit Württemberg verbunden, da doch die Grafschaft von 1397 bis 1793 zum Herzogtum Württemberg gehörte. Deutsch wurde jedoch in Montbéliard nie gesprochen. Darum ist es auch heute spannend, in Montbéliard in eine französische Stadt einzutauchen.

Oldtimer in Montbéliard
Foto: Alain Doire BFC Tourisme
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Einen schönen Überblick verschafft man sich mit einer Rundfahrt in einem Oldtimer mit Chauffeur. Die Touristinfo und der Verein „Vieux Volants du Pays de Montbéliard“ machen es möglich. Autos spielen im „Pays de Montbéliard“ überhaupt eine große Rolle. PSA Peugeot hatte hier seine Anfänge und jetzt den drittgrößen Industriestandort in Frankreich. Dazu gibt es ein eigenes Museum des „Aventure Peugeot“ denn Geschichte ist hier Abenteuer.

Geschichte wird auch im nahen Mandeure lebendig. Vor 2000 Jahren wurde dort ein Theater errichtet. Mit einem Durchmesser von 142 Meter war es eine der größten Anlagen der galloromanischen Epoche. Die vier Etagen Sitzreihen fassten bis zu 18.000 Zuschauer. Die Überreste sind ganzjährig zugänglich, und die Funde der archäologischen Ausgrabungen sind im Schlossmuseum von Montbéliard zu sehen. Dort sind auch mehrere Galerien dem Paläontologen Georges Cuvier (Montbéliard 1769 – Paris 1832), einem der bedeutensten Wissenschaftler aller Zeiten, gewidmet. Daneben enthüllt sich im Schlossmuseum die  tausendjährige Geschichte der Grafschaft mit  Möbelstücken, Gegenständen und Kunstwerken.

Vom Schloss ist man schnell in der Altstadt und begegnet dort zahlreichen Besonderheiten und Traditionen. Noch heute sind Spuren der protestantischen Bourgeoisie sichtbar. 1538 wurde der katholische Gottesdienst abgeschafft und 1586 Lutheranismus nach dem Prinzip "cujus regio, ejus religio" zur Staatskirche. Die evangelische Martinskirche (1601-1607) ist ein Meisterwerk Heinrich Schickhardts. Sie ist dem italienischen Baustil des Cinquecento (toskanischer Kolossalstil) und der antiken Vitruvius-Basilika nachempfunden, deren Grundriss und Rhythmus sie nachbildet. Ein Spaziergang durch Montbéliard zeigt auch Häuser mit bunten Fassaden wie  im alemannischen Raum. Die sind manchmal hoch und schmal und erinnern daran, dass die Steuer der damaligen Zeit von der Breite der Fassaden abhing.

In den Restaurants der Stadt werden stolz lokale Spezialitäten angeboten: die geräucherte Montbéliard-Wurst, die eine 2000 jährige Geschichte besitzt und der Comté-Käse aus der frischen Milch der Montbéliard-Kühe. Auch der typische Schmelzkäse Cancoillotte darf auf einer traditionellen Speisekarte nicht fehlen. Wichtige künstlerische Taditionen sind die Verquelure, ein rauer Hanfstoff, der auf das Mittelalter zurückgeht, und die Diairi, eine Kappe die als Symbol des Ptrotestantismus den Frauenkopf bedeckte. Montbéliard lässt heute diese Traditionen wieder aufleben. Eine große Auswahl schmucker Verquelure-Objekte  ist in der Touristinfo zu erstehen. Dort bekommt man auch die besten Tipps für Ausflüge ins reizvolle Umland.

Montbéliard liegt an der burgundischen Pforte und die Elsässer Belchen und das Juragebirge sind nur einen Katzensprung entfernt. Im Jura gibt es ausgebaute Fernstrecken für Mountainbike-Touren. Radfahren ist auf dem aspaltierten Fernradweg EuroVelo6 ein Genuss, der direkt durch das Stadtgebiet von Montbéliard führt. Mit Festungsanlagen, Kirchen aus dem 20. Jahrhundert und weiteren Museen im Umland, gibt es im „Pays de Montbéliard“ für ein verlängertes Wochenende viel zu entdecken.