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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Hofheim beschließt Strategiepapier Biodiversität

Wiesen, Stauden und Nisthilfen für eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt

von Adolf Albus

(03.08.2020) Insekten, Vögel und andere Tierarten finden immer weniger Nahrung. Viele Pflanzen sind selten geworden. Weltweit schrumpft die biologische Vielfalt, die aber Voraussetzung dafür ist, dass es frische Luft und sauberes Wasser gibt und Rohstoffe wie auch Nahrungsmittel verfügbar sind. Von der EU-Ebene bis hinunter zu den Städten und Gemeinden gibt es deshalb Anstrengungen, die biologische Vielfalt zu erhalten.

Stauden-Beet vor dem Hofheimer Rathaus
Foto: Stadt Hofheim
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Die Hofheimer Stadtverordnetenversammlung hat bereits 2017 beschlossen, einen Gesprächskreis zum Thema Biodiversität ins Leben zu rufen. Zwei Arbeitskreise, jeweils einer für Maßnahmen innerhalb und außerhalb der geschlossenen Ortschaften, haben von Februar 2018 bis Oktober 2019 Maßnahmenvorschläge zum Erhalt der Artenvielfalt entwickelt. Diese sind in einem Strategiepapier zusammengetragen, dem die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Juni-Sitzung 2020 mit 27 Ja-Stimmen bei acht Enthaltungen zugestimmt hat.

Erste Maßnahmen hat die Stadtverwaltung bereits im laufenden Prozess umgesetzt, weitere sind hinzugekommen oder folgen noch. Der Erhalt einer mannigfaltigen Tier- und Pflanzenwelt ist eine komplexe, dauerhafte Aufgabe, an der sich zahlreiche Mitwirkende beteiligen sollten. Sie wird begleitet von Verordnungen und Bestimmungen auf EU- und nationaler Ebene.

Die Hofheimer Strategie hat unter anderem folgende Ziele: den Rückgang der Artenvielfalt stoppen, negative Auswirkungen von invasiven Arten eindämmen, ein ausreichendes Nahrungsangebot für bestäubende Insekten schaffen, artenreiches Grünland ebenso erhalten wie die ökologische Vielfalt, Gewässer und Auen.

Der Arbeitskreis Innenbereich hat als eines von vier Themen die „öffentlichen Grünflächen“ behandelt. Hier gilt: Je unterschiedlicher die Grünflächen gestaltet sind, desto vielfältiger sind die vorhandenen Lebensräume. Die Maßnahmen lassen sich zum Teil im Zuge der regelmäßigen Pflegearbeiten umsetzen. Manche wirken sich dann langfristig sogar kostengünstiger als die bisherige Pflege und Bepflanzung aus.

Nicht alle öffentlichen Grünflächen lassen sich in attraktive Lebens- und Nahrungsräume für die Tier- und Pflanzenwelt umwandeln, etwa weil sie ganzjährig für den Sport genutzt werden oder die Verkehrssicherheit Vorrang hat. Auf Friedhöfen als Orte der Trauer und Besinnung müssen die Grünbereiche gepflegt aussehen.

Im Stadtgebiet Hofheim gibt es jedoch viele geeignete Flächen, von denen Teile bereits genutzt werden. Wichtig ist immer, auf dem öffentlichen Grün eine Balance zwischen gepflegtem Aussehen und der gewählten Maßnahme zur Artenvielfalt zu erreichen: Es sollen keine schmuddelig aussehenden Bereiche entstehen, aber an ausgewählten Stellen soll eine Wiese wachsen dürfen.

Auf der Pfingstweide gegenüber dem Krankenhaus sind fast alle Maßnahmen zu sehen. Hier gibt es den Rasen im gewohnten Kurzschnitt, daneben – um den Teich – auch Kräuterrasen, der im Durchschnitt nur halb so oft und nicht so kurz gemäht wird. So werden heimische Blütenpflanzen länger erhalten und dienen als Nektar- und Pollenspender. Schließlich gibt es Wiesenbereiche, die noch seltener gemäht werden. Das Schnittgut bleibt zunächst liegen, so dass die Samen herausfallen und sich ausbreiten können.

Ein anschauliches Beispiel ist auch die Grünanlage in der Wilhelmstraße, wo sich neben Stauden und Kräuterrasen entlang des Baches auch ein Wiesensaum befindet. Im Frühjahr blühen hier zahlreiche Blumenzwiebeln, wie zum Beispiel Krokusse, auf. Beerentragende Mehlbeeren wurden gepflanzt und ergänzen das Nahrungsangebot für die Vogelwelt.

Eine Umwandlung in Wiese ist auch zu sehen in Diedenbergen in der Grünanlage Dachsweg, im Gewerbegebiet Wallau im Park am jüdischen Friedhof, in Wallau auf einem Teil des Grünzuges Am Wickerbach, in Langenhain in zwei Teilbereichen der Oranienstraße, in Lorsbach im Bereich des P+R-Parkplatzes.

Nektarspendende Staudenflächen wurden angelegt, zum Beispiel vor dem Hofheimer Rathaus, wo die Bienen vom Rathaus-Dach nun einen nahegelegenen Futterplatz haben.

Verkehrsinseln können entsiegelt werden. Beispielhaft hierfür könnte der früher bereits bepflanzte Fahrbahnteiler in der Wildsachsener Straße in Diedenbergen sein. In der Schlossstraße in Marxheim wurde der Rasen der kleinen Verkehrsinsel entfernt, und nach dem Bodenaustausch mit heimischen Wildstauden bepflanzt. Statt zehn bis 15 Mal pro Jahr den Rasen zu mähen, benötigen die Stauden eine Pflege von zwei bis drei Mal pro Jahr. Hier werden Artenvielfalt gefördert und zugleich die Pflegekosten reduziert.

Beim Sommerflor wird verstärkt auf insektenfreundliche Blumen geachtet, wie beim Beet am Ambetbrunnen. Hier blühen Zinnien und Zierlauch, welche zahlreiche tierische Gäste besuchen sowie klimafeste, hitzebeständige Sunpatiens (Sonnen-Lieschen) und Cannas.

Entlang des Schwarzbachs zwischen Busbahnhof und Schulzentrum finden sich Nisthilfen und Quartiere für Fledermäuse und Vögel, Fischtreppen im Bach und besondere Wiesen am Wegesrand. Erfreulich ist, dass bereits zwei Drittel der zehn Vogelnisthöhlen, die seit 2018 an Bäumen entlang des Richard-Zorn-Weges hängen, von den Tieren angenommen werden.

Regelmäßig verteilt die Stadt Samentütchen mit bienen- und schmetterlingsfreundlichen, heimischen Blütenpflanzen. Die nächste Aktion ist nach den Sommerferien geplant. Hiermit kann jeder auch im kleinen Garten oder im Pflanzkübel auf dem Balkon die Artenvielfalt fördern.

Das ganze Strategiepapier kann auf der Homepage der Stadt Hofheim heruntergeladen werden: www.hofheim.de im Bereich Leben / Umwelt / Projekte. Darin finden sich alle Maßnahmenvorschläge im Innen- und im Außenbereich, die in den Arbeitskreisen zusammengetragen wurden.

Hieran haben zahlreiche Akteure mitgewirkt: Imkerverein Hofheim und Imker, Ortslandwirte aus dem Stadtgebiet, Referenten des Amtes für den Ländlichen Raum beim Hochtaunuskreis, Gartenbauverein Hofheim, Hofheimer Wohnungsbau GmbH, Schutzgemeinschaft Deutscher Wald Hofheim, Arbeitskreis der Naturschutzverbände HGON und Nabu Main-Taunus-Kreis, Hofheimer Lokale Agenda 21, Naturschutzhaus Weilbacher Kiesgruben, Main-Taunus Naturlandschaft und Streuobst e.V., Untere Naturschutzbehörde und Untere Wasserbehörde des Main-Taunus-Kreises, Jagdpächter, Hessen Forst Revier Hofheim, Abwasserverband Main-Taunus, Straßenmeisterei Hofheim, Büro für Angewandte Landschaftsökologie und die Stadt Hofheim inklusive Bauhof und Stadtwerke.