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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Gefährdete Eulenart: Steinkäuze fühlen sich in Kriftel weiter wohl

Team Vogelschutz erfolgreich

von Adolf Albus

(28.05.2020) „Im vergangenen Jahr haben wir 33 junge Steinkäuze beringt, in diesem Jahr sind es knapp 30. Das sind zwar etwas weniger, aber im Kreis sind diese Zahlen weiter einmalig“, freut sich Kriftels langjähriger Vogelschutzbeauftragte Heiner Tecklenburg.

Der Erste Beigeordnete Franz Jirasek mit dem Krifteler Vogelschutzteam (v. li.): Heiner Tecklenburg, Richard Hilgert und „Praktikant“ Peter Krüger.
Foto: Gemeinde Kriftel
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Die jungen Eulen sind in Niströhren auf Krifteler Gemarkung geschlüpft. Fast alle sind in diesem Jahr besetzt, wenn auch mit etwas weniger Jungtieren als zuvor. „Einige Eltern brüten noch“, so Tecklenburg, der mit Richard Hilgert und dem „Neuen“ im Vogelschutzteam, Peter Krüger, am 14. Mai die erste Kontrolle der Niströhren durchgeführt hat.

Auffällig: In jeder Röhre lagen mehrere tote Mäuse zur Fütterung bereit. „Das spricht für eine gute Futtergrundlage. Mäuse gibt es in diesem Jahr genug. Sie müssen von den Eltern für den Nachwuchs allerdings noch zerkleinert werden“, erklärt Tecklenburg schmunzelnd. Das möge nicht jeder gerne sehen. Von den guten Vorräten der Eulen konnte sich auch der Erste Beigeordnete Franz Jirasek überzeugen, der sich jetzt vom Vogelschutzteam auch einige der kleinen Steinkäuze zeigen ließ. Er war mit Katharina Keib von der Abteilung Grünflächen ins Hochfeld gekommen, um das übliche „Jahresgespräch Vogelschutz“ diesmal (Corona bedingt) im Freien abzuhalten.

Überraschend: Die kleinen Steinkäuze lassen die Kontrolle stoisch über sich ergehen und wehren sich nicht. „Auch die Elterntiere bleiben ruhig und lassen sich beringen, soweit im Vorjahr noch nicht geschehen“, weiß Richard Hilgert. Im Anschluss können die grauen Federknäuel wieder in die Niströhre gesetzt werden. Die Eltern stört der „Menschengeruch“ am Nachwuchs glücklicherweise nicht.

 

Alte Obstbäume sind ideal

„Die Steinkäuze haben sich in Kriftel endgültig etabliert. Das ist umso schöner, da der Steinkauz zu den gefährdeten Eulenarten gehört“, findet Heiner Tecklenburg. Gute Voraussetzungen böten die alten Obstbäume auf den Krifteler Streuobstwiesen, an denen man gut Niströhren befestigen könne. „Da die Obstbauern die Grasflächen zwischen den Obstbäumen meist kurz halten, können die Steinkäuze ihr Futter, vor allem Mäuse, auch gut erkennen und jagen.“ 2016 wurden die ersten von Richard Hilgert hergestellten Niströhren für Steinkäuze im Gemeindegebiet aufgehängt. Inzwischen sind es 15.

Die erste Beringung der etwa dreieinhalb Wochen alten Nestlinge – durchgeführt von Michael Orf von der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) – hat bereits stattgefunden. Ein weiterer Termin folgt. Dabei werden Nummer und Standort der Röhre notiert und ein Metallring mit eingeprägter Nummer um das Bein geschoben. So kann man verfolgen, wie sich die Tiere ausbreiten. „In diesem Jahr haben wir erstmals einen vor Jahren von uns beringten Steinkauz unter den Elterntieren gefunden“, freut sich das Vogelschutzteam. Tecklenburg bedankt sich herzlich bei den Grundeigentümern, an deren Bäumen Niströhren für die kleinen Eulen angebracht werden durften. Die Eulen sind auch in diesem Jahr wieder nützlich für die Landwirtschaft, wie Tecklenburg betont. Denn Mäuse lieben es, die Wurzeln junger Bäume anzunagen.

 

Nachwuchs im Team

Seit 22 Jahren ist der Krifteler Heiner Tecklenburg schon mit viel Herzblut ehrenamtlich als Vogelschutzbeauftragter der Gemeinde aktiv. „Inzwischen bin ich 81 Jahre alt und auf der Suche nach einem Nachfolger“, erzählt er. Auch wenn er fit und gesund sei: „Ich hätte gerne, dass jemand anderes den Hut auf hat“, sagt er und schmunzelt. „Mithelfen werde ich natürlich weiter.“ Fündig wurde er in seiner Nachbarschaft: Peter Krüger hatte Interesse an Vögeln bekundet und sich Ende 2019 bereit erklärt, ein „freiwilliges ökologisches Jahr“ beim Krifteler Vogelschutzbeauftragten zu machen. Das sei natürlich ein Scherz, aber inhaltlich stimmig: Seit der Winterfütterung ist der 59-Jährige nun bei allen „Einsätzen“ des Vogelschutzteams mit dabei.

„Ich bin sehr naturverbunden und möchte, wenn ich in Rente bin, gerne etwas Sinnvolles tun“, erzählt Bankkaufmann Peter Krüger. „Ich bin inzwischen an Orte in Kriftel gekommen, an denen ich noch nie war.“

 

Futterautomat statt Vogelhaus!

Inspektion und Säuberung der Nistkästen – von der Gemeinde angeschafft – sowie die Winterfütterung zählen zu den Haupttätigkeiten des Vogelschutzteams. „Die Lebensbedingungen für die Vogelwelt werden zunehmend schlechter “, berichtete Tecklenburg. „Das ist eine allgemein zu beobachtende Entwicklung. Die ausgeräumten Felder und Gärten bieten wenig Nahrung, Rabenvögel kommen verstärkt in die Wohngebiete und bedrohen die Bruten. Außerdem sind zunehmend Garten- und Siebenschläfer als Untermieter in Nistkästen anzutreffen.“

Die Zahl der Singvögel nimmt weiter ab. „Von den 132 Nistkästen in Kriftel waren auch 2019 nur knapp die Hälfte besetzt. Auch Mehlschwalben und Mauersegler sieht man immer weniger“, berichtete Tecklenburg dem Ersten Beigeordneten. Grund dafür sei der dramatische Rückgang der Insekten, ein wichtiger Bestandteil der Nahrung der Vögel.

Auch viele Blaumeisen seien in diesem Frühjahr an einem Virus verstorben. Dies sei deutschlandweit beobachtet worden, so der Vogelschutzbeauftragte. Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es zwar wichtig sei, die Gartenvögel über den Winter zuzufüttern, aber Vogelfreunde dringend auf ein herkömmliches Vogelhaus verzichten sollten. „Hier sammeln sich Bakterien, da das Futter verschmutzt wird und Bakterien sich von dem einen auf den anderen Vogel übertragen. Beim Futterautomaten kommen die Vögel nicht mit dem Futter in Verbindung.“ Leider gebe es in Baumärkten noch beide Varianten zu kaufen. „Auch in Tränken muss das Wasser regelmäßig erneuert werden.“

Franz Jirasek bedankte sich bei den Mitgliedern des Vogelschutzteams für ihr großes ehrenamtliches Engagement. „Hilfreiche Tipps und Anregungen, aber auch konstruktive Kritik nehmen wir immer gerne an“, so Jirasek. Vieles werde in Kriftel ganz selbstverständlich auf dem „kleinen Dienstweg“ erledigt – wovon auch die Vogelwelt profitiert.