Das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt am Main

Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

Werbung
Werbung

Ein hemdsärmeliger Tamino

Oper Frankfurt mit „Die Zauberflöte“

von Ingeborg Fischer und Karl-Heinz Stier

(04.10.2022) „Konventionell“ sei die Neuproduktion der Zauberflöte an der Frankfurter Oper, sagt Steven Sloane, der musikalische Leiter. Und das Bühnenbild (Andrew Liebermann) sei „ziemlich sparsam“. Nun, der amerikanische Regisseur Ted Huffmann, der für die Inszenierung stand und steht, geht sehr eigene Wege.

Bildergalerie
(v.l.n.r.): Danylo Matiienko (Papageno), Michael Porter (Tamino), Monika Buczkowska (Erste Dame) und Claudio Ribas (Dritte Dame)
Foto: Barbara Aumüller
***
(v.l.n.r.): Hyoyoung Kim (Pamina) und Anna Nekhames (Königin der Nacht)
Foto: Barbara Aumüller
***

Er will dem Prinzen (Tamino) mehr Präsenz geben, ihn mehr in den Fokus stellen, weil der fröhliche Papageno ihn ansonsten zu oft in den Hintergrund drängt. Dass er ihn sich deshalb als demenzkranker alter Mann zurückerinnert lässt, ist nur schwer nachzuvollziehen.

Es ist überhaupt fraglich, ob man die Zauberflöte „konventionell“ erzählen kann. Es ist ein Stoff, aus dem die Träume sind: Prinzessin wird geraubt von einem Zauberer, die Königin der Nacht verspricht dem Prinzen die Hand ihrer Tochter, wenn er sie befreit, und der verliebt sich sofort in das Bildnis der Schönen. Die lustige Vogelgestalt Papageno wird sein Begleiter, es sind schwere Prüfungen zu bestehen und ein „Happy-End“ ist vorgegeben. Mozart hat diese Märchenhandlung mystisch verwoben mit den Ritualen der Freimaurer und die Nachwelt grübelt immer noch, welche Botschaft hinter der Oper steckt. Aber die Träume eines Dementen? Oder ist diese Idee, die auch den Schluss der Opernaufführung bildet, ein opportuner Hinweis auf die Problematik im Pflegebereich?

Die Zauberflöte eignet sich dazu, Menschen an die Oper heranzuführen, auch schon Kinder. Ob das der Frankfurter Inszenierung gelingen kann, ist zu bezweifeln. Nein, es muss und soll nicht das bombastische, ausschweifende Bregenz sein. Dass Bühnenbild und Inszenierungen in Frankfurt stets zurückhaltend sind, wird  oft als angenehm empfunden und lässt der Musik großen Raum. Aber diese Ausführung der Zauberflöte ist einfach nur schwer zu verstehen oder nachzuempfinden.

Die „heil`gen Hallen“ des Sarastros als großzügige Wohnung (Drehbühne) mit vielen Türen, hohen Fenstern und vielen Räumen darzustellen ist schon gewagt. Sarastro ein Anzugträger und seine Untertanen ebenfalls in gedeckten Anzügen, eine faszinierende Königin im Hosenanzug, der Prinz in Jeans mit Hemd, die Prinzessin in Hose und T-Shirt, der Bösewicht Monostatos kaum zu unterscheiden von Sarastros Untertanen und der Papageno im gelben Anzug, das alles war gewöhnungsbedürftig. Zu vernachlässigen ist, dass die 3 Knaben, die hervorragend gesungen haben (Luise Rahe, Zoe Netty-Marbell und Heidi Becks) ganz offensichtlich nicht als Knaben wahrgenommen werden konnten.

Irritiert – und nicht zur Harmonie beigetragen – hat auch die Idee, dass die Sprechdialoge vom Band von der selben Stimme – ob Mann, ob Frau – kommen.

Augen zu und sich von der ausdrucksstarken Begleit-Musik (Frankfurter Opern- und Museumsorchester unter der Leitung von Steven Sloane) hinzugeben, war nur teilweise möglich. Sarastro (Andreas Bauer Kanabas) kam nicht besonders gut mit seinem Bass zurecht und der Koloratur-Sopran der Königin der Nacht (Anna Nekames) setzte teilweise aus.

Dass der Fokus mehr auf Tamino (Michael Porter) hätte fallen sollen, war nicht zu erkennen. Und Porter hatte auch nicht seinen besten Abend bei der Premiere. Er hat die lyrischen Aspekte in seiner Arie („Dies Bildnis ist…) ganz einfach außer Acht gelassen. Hyoyoung Kim als Debütandin in Frankfurt sang eine sehr gute Pamina, und Karolina Bengtsson als Papagena war ebenso erfreulich. Beide werden in folgenden Aufführungen die Rollen jeweils tauschen.

Das Premieren-Publikum dankte jedoch mit freundlichem Schluss-Applaus, allerdings fiel der für Anna Nekames karg aus. Bejubelt wurde das Orchester mit Sloane, das ohne Fehl und Tadel spielte. Heftige Buuuh-Rufe mussten Huffman und Liebermann einstecken für Bühnenbild und Inszenierung.

Weitere Vorstellungen am 7., 15., 21., 30. Oktober (um 15.30 Uhr); am 5., 10., 13. (18 Uhr), 19. (18 Uhr) November, dann nächstes Jahr am 17., 26., 31. März (18 Uhr); 19., 22. (im Rahmen des Festivals Mainly Mozart) im April 2023.

Falls nicht anders angegeben beginnen diese Vorstellungen um 19 Uhr. Preise von 16 bis 190 Euro. Karten sind bei den üblichen Vorverkaufsstellen, online unter www.oper-frankfurt.de oder im telefonischen Vorverkauf (069)21249494 erhältlich.