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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Das Thema Vorsorge gezielt angehen

Aktualisierter Ratgeber der Verbraucherzentrale

von Michael Hoerskens

(09.12.2022) (08.12.22) Es ist eine Thematik, über welche man sicher schon immer einmal nachgedacht hat: die Vorsorge. Doch was kann ich wie in die Wege leiten, um meinen Willen festzulegen. Etwa bei einer schweren Erkrankung, wenn ich selbst die Dinge nicht mehr regeln kann. Ein informativer Ratgeber der Stiftung Warentest mit dem Titel „Das Vorsorge-Set“ gibt in seiner 6., aktualisierten Auflage jetzt Auskunft, was man zu Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und auch Testament wissen muss.

Der Vorsorge-Ratgeber gibt umfassende Hilfe
Foto: Hörskens / Stiftung Warentest
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Ja, man wollte sich ja schon längst einmal darum kümmern, dass seine privaten Angelegenheiten gerade im Alter ordentlich geregelt sind. Die Sache scheint jedoch gar nicht so einfach. Je nach Alter oder Lebenslage besteht unterschiedlicher Regelungsbedarf. Wichtig dabei: Die Vorsorge sollte nicht nur von älteren Menschen getroffen werden, sie wird auch für jüngere Generationen empfohlen. Ab 2023 gibt es auch Neuerungen.

Doch welche Verfügung leistet was? Welche benötigt wer eigentlich? Welchen Personen kann man vertrauen? Einen guten Einstieg bietet das Buch mit einem einleitenden Kurzratgeber, der dem Leser eine erste Orientierung gibt hinsichtlich Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Betreuungsverfügung und Nachlass. Man erfährt, in welchen Lebenssituationen welche rechtliche Vorsorge ein Muss ist und welche als ratsam empfohlen wird. Und wie sie für bestimmte Personengruppen wie Verheiratete, Patchwork-Familien oder Alleinstehende am sinnvollsten greifen. So wird in dem Ratgeber etwa erklärt, dass für Ehepaare mit gemeinsamen Kindern die Vorsorgevollmacht und Testament unbedingt notwendig sind, damit Partner und Kinder abgesichert sein sollen.

Zunächst wird die Vorsorgevollmacht genauer beleuchtet. Hier kann schriftlich festgelegt werden, wer für einen Entscheidungen treffen darf. Es können Personen benannt werden, die alle Aufgaben für jemanden erledigen und rechtsverbindliche Erklärungen abgeben darf, wenn man dies selbst nicht mehr kann. Wichtig ist, dass der oder die Bevollmächtigte uneingeschränktes Vertrauen genießt. Schließlich soll diese Person wichtige Entscheidungen wie bei Arztbesuchen treffen oder auch Bankgeschäfte erledigen. Eine Vollmacht kann jederzeit widerrufen werden, vorausgesetzt man ist entscheidungsfähig. Wer keine geeignete Vertrauensperson hat, der kann sich an einen örtlichen Betreuungsverein wenden, auch Kirchen oder Wohlfahrtsverbände sind Ansprechpartner.

Eine Neuerung bei der Vorsorgevollmacht gibt es ab dem 1. Januar 2023: Im Rahmen der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts wurde ein Notvertretungsrecht für Ehepaare eingeführt. Ein Partner darf den anderen ohne Vorsorgevollmacht in einem Notfall in Gesundheitsangelegenheiten für sechs Monate lang vertreten. Ab Beginn des neuen Jahres ändern sich die Paragraphen für einige Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Die in der Vorsorgevollmacht ab 2023 gültigen Paragraphen sind weitestgehend deckungsgleich mit den bisherigen. Vorsorgevollmachten, die auf die alte Rechtslage Bezug nehmen, behalten ihre Gültigkeit.

Ein Haken bei der Vorsorgevollmacht: Sie genügt  in der Regel nicht bei einer Bankvollmacht, denn Banken und Sparkassen erkennen sie oft nicht an. Die Kreditinstitute akzeptieren zum Schutz vor Missbrauch meist nur ihre eigenen Formulare oder eine notariell beurkundete Vollmacht. Es wird geraten, direkt bei der Bank nachzufragen. Und noch ein Tipp: Bei der Vorsorgevollmacht kann auch ein Eintrag im Zentralen Vorsorgeregister bei der Bundesnotarkammer nützlich sein, wenn im Ernstfall die Vollmacht nicht gefunden wird.

Trotz einer Vorsorgevollmacht kann es passieren, dass ein Gericht eine Betreuung veranlassen muss. Mit einer Betreuungsverfügung, die als Ergänzung zur Vorsorgevollmacht sinnvoll ist, können Menschen indes festlegen, wer die Betreuung einmal für sie übernehmen soll. Dies gibt eine zusätzliche Sicherheit, dass den Wünschen des Betreffenden gefolgt wird. Alleinstehende Personen können, etwa wenn sie keine Verwandten mehr haben, sich Beistand bei kirchlichen Institutionen holen. Auch bei Caritas-, Hospiz- oder Wohlfahrtsverbänden gibt es viele ehrenamtliche Betreuer. Hier gibt es ab 2023 ebenfalls eine kleine Neuerung: Werden ehrenamtliche Betreuer vom Gericht bestellt, steigt die jährliche Aufwandsentschädigung von 400 auf 425 Euro.

Ein wichtiges Thema ist auch die Patientenverfügung. Hier kann man schriftlich festlegen, welche Behandlungen im Ernstfall gewünscht werden und welche nicht. Die Patientenverfügung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert. Dadurch stehen die Anweisungen von Patienten für Ärzte, Bevollmächtigte und Betreuer für den Fall der eigenen Entscheidungsunfähigkeit auf einer sicheren Rechtsgrundlage. Die Ärzte müssen sich an den Willen des Patienten halten. Dieser sollte sich vor dem schriftlichen Verfassen des Textes intensive Gedanken über seine eigenen Wertvorstellungen zu Leben, Krankheit, Sterben und Tod machen, rät der Vorsorge-Ratgeber der Verbraucherzentrale. Der Betreffende soll möglichst mit seinem Hausarzt darüber sprechen oder auch die Kirchen kontaktieren.

Ein komplexes ethisches Thema wird in dem Vorsorge-Ratgeber ebenfalls angesprochen: die Sterbehilfe. Es geht dabei um die Frage, wie Menschen würdevoll sterben können. Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 ein Gesetz aus dem Jahr 2015 gekippt – das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung. Die Richter haben klargestellt, dass es „ein Recht auf selbstbestimmtes Töten“ gibt. Offen ist noch, ob das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gesetzgeberische Konsequenzen im Hinblick auf eine Regelung der Suizidhilfe geben wird (Stand Juni 2022). Konsequenz des Urteils: Es gilt die Rechtslage, dass Hilfe zur Selbsthilfe unter bestimmten Voraussetzungen straffrei ist. Der Grund: Suizid ist nicht strafbar, also ist es auch die Beihilfe zum Suizid nicht.

Doch es gibt Einschränkungen. So bei der „Aktiven Sterbehilfe“. Dabei handelt es sich um die Tötung des Patienten auf dessen ausdrücklichen Wunsch. Der Tod wird hier von einer anderen Person herbeigefügt, etwa durch Überdosis eines tödlich wirkenden Medikaments. Dies ist verboten. Erlaubt dagegen ist die „Passive Sterbehilfe“. Dies bedeutet das Unterlassen oder Beenden einer medizinischen Behandlung.  Ebenfalls straffrei ist die Beihilfe zur Selbsttötung. Gemeint ist die gezielte Hilfeleistung von Personen, die es Schwerkranken oder Sterbewilligen ermöglichen, von eigener Hand zu sterben. Dies kann geschehen, indem ein geeignetes Medikament zur Verfügung gestellt wird, welches die Schwerkranken selbst zu sich nehmen.

Zu einer umfassenden Vorsorge gehört auch die Nachlass-Planung. Daher sollte ein Testament verfasst werden, um sicherzustellen, dass vorhandenes Vermögen an die richtigen Personen geht. Hat der Erblasser keinen letzten Willen hinterlassen, greift die gesetzliche Erbfolge. Es sind dann die nächsten Angehörigen wie Ehepartner oder Kinder, die vom Gesetzgeber bedacht werden. Was aber, wenn ein Paar vor der Scheidung steht oder die Kinder den Kontakt zum Elternhaus abgebrochen haben?

Ein rechtzeitig verfasstes Testament stellt sicher, dass das vorhandene Vermögen an diejenigen Menschen geht, die man sich als Erben wünscht. Dieses Schriftstück muss jedoch vom ersten bis zum letzten Buchstaben handschriftlich verfasst werden, mit Ort, Datum und Unterschrift versehen sein. Es sollte detailliert festgelegt werden, wer was bekommen soll. Wichtig ist, dass das Schriftstück gefunden wird. Man kann es in einen Vorsorge-Ordner abheften oder beim Amtsgericht hinterlegen. Wen der Erblasser bedenken will, ist alleine seine Sache.

Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Nachlassregelungen können auch bei Anwälten oder Notaren hinterlegt werden.

Der Ratgeber „Das Vorsorge-Set“ führt den Leser kompetent und informativ durch alle Kapitel. Er gibt dazu viele wichtige Ratschläge, nützlich sind ebenso die Formulare zum Heraustrennen, Ausfüllen und Abheften.

Stiftung Warentest: Das Vorsorge-Set; 6., aktualisierte Auflage, ISBN 978-3-7471- 0520-7, € 16,90