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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Corona und soziale Ungleichheit

Weitere negative Begleiterscheinungen der Pandemie

von Lisa Dittrich

(02.02.2023) Welche Spuren hat die Corona-Pandemie gerade in benachteiligten Bevölkerungsgruppen hinterlassen? Vieles deutet daraufhin, dass sich die soziale Ungleichheit im Laufe der Pandemie weltweit verschärft hat. Hier setzt das internationale Forschungsprojekt „Social Mobilization as Policymaking Lever“ an, das Fallstudien in Brasilien, Peru, Kanada und Deutschland vergleicht. Das deutsche Teilprojekt wird federführend von Prof. Dr. Michael Knipper, Mediziner an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), geleitet und beschäftigt sich unter anderem mit der Gießener Nordstadt.

Eines der Ziele des Forschungsprojektes ist es, Strategien für eine bessere Gesundheitsversorgung für marginalisierte Stadtteile und Regionen zu entwickeln. Dabei setzt das Team darauf, die betroffenen Personengruppen direkt in das Forschungsprojekt mit einzubeziehen, um so gemeinsam mit ihnen Wissen zu produzieren statt nur über sie zu sprechen. Vorbild ist die Bochumer Methode der Stadtteilforscher, die von Prof. Dr. Christiane Falge und Prof. Dr. Silke Betscher von der Hochschule für Gesundheit in Bochum entwickelt wurde und die derzeit auf Gießen übertragen wird.

Anders als in konventionellen Forschungsprojekten werden hier Mitglieder aus den Communities geschult, um als Stadtteilforscher eigenständig Daten zu erheben und so eine Perspektive der Betroffenen auf die Pandemie einnehmen zu können. Die Stadtteilforscher erheben Interviews und arbeiten mit Medien (Fotos und Filmen) um selbstbestimmt ihre Geschichten über Corona und soziale Ungleichheit zu erzählen. Das Projekt läuft von 2022 bis 2025 sowohl in der Gießener Nordstadt als auch in der Hustadt in Bochum.

Ein weiterer Teil des Projekts ist eine gegenwartshistorische Analyse über Corona und soziale Ungleichheit in Deutschland. Dabei werden die spezifischen Lebenssituationen, Erfahrungen und Probleme marginalisierter Personengruppen während der Pandemie berücksichtigt. Im Projekt wird eng mit Akteuren aus dem Gesundheitsbereich, der Politik, Verwaltung und lokalen Initiativen zusammengearbeitet. Neben wissenschaftlichen Publikationen werden die Forschungsergebnisse auch in die lokalen Netzwerke, die Communities und die Stadtpolitik zurück gespiegelt und im Anschluss mit den internationalen Forschungsgruppen verglichen.

Das deutsche Teilprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und findet unter der Leitung der Professur für Global Health, Migration und Kulturwissenschaften in der Medizin (Prof. Dr. Michael Knipper) am Institut für Geschichte der Medizin in Gießen sowie in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Christiane Falge (Professorin für Gesundheit und Diversity an der Hochschule für Gesundheit in Bochum), Prof. Dr. Franziska Satzinger (Professorin für Global Health an der Hochschule Fulda) sowie der Professur für Kritische Stadtgeographie der Universität Münster (Prof. Dr. Iris Dzudzek) statt. idw.-