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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Ausstellung „Funk für Fans. Hessische Rundfunkgeschichten“ im Museum für Kommunikation

von Ilse Romahn

(21.02.2022) Begleitend zu „ON AIR. 100 Jahre Radio“ in Kooperation mit dem Hessischen Rundfunk präsentiert das Museum für Kommunikation Frankfurt die Ausstellung „Funk für Fans. Hessische Rundfunkgeschichten“ bis 4. September 2022. Ergänzt wird die hochinteressante Ausstellung durch ein umfangreiches Begleitprogramm.

Ausstellung „Funk für Fans. Hessische Rundfunkgeschichten“
Foto: Museum für Kommunikation Frankfurt
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Drei Jahre nach Ende des zweiten Weltkriegs wird 1948 der Hessische Rundfunk öffentlichrechtliche Rundfunkanstalt. Seitdem dokumentiert und kommentiert der Sender wichtige Ereignisse und Entwicklungen in Politik, Gesellschaft, Wissenschaft, Kultur und Sport. Mit innovativen und spannenden
Sendeformaten und authentischen Moderatoren hat der Hessische Rundfunk Radiogeschichte geschrieben.

Für die Ausstellung „Funk für Fans. Hessische Rundfunkgeschichten“ hat der hr seine Archive geöffnet. Die Bestände umfassen auch interessante und zuweilen kuriose Objekte über den reinen Sendebetrieb hinaus: von Grafiken, Fotos, Plakaten und Broschüren über Werbeartikel bis zu kleineren
Ausstattungsstücken und „Merchandise“. Eine sorgfältig kuratierte Auswahl von Objekten, historischen Dokumenten, Fotos und Ausschnitten wird in der Ausstellung gezeigt. Zahlreiche Hörfunk- und Fernsehbeiträge, die an interaktiven Medienstationen abrufbar sind, erinnern an besondere Programmereignisse.

Die ausgewählten Themenbereiche stehen beispielhaft für die Vielfalt des hr mit seinen sechs Hörfunkprogrammen im Wandel der Zeit: Im Fokus der Schau stehen das Deutsche Jazzfestival, Abendstudio und Funkkolleg und die Popwelle hr3, die 2022 50 Jahre alt wird. Ergänzt werden diese Rückblicke durch die Präsentation neuer, für die primär digitale Nutzung konzipierter Programminhalte wie „Deutschrap Ideal“ oder „Wunderwigwam“, den Wissenspodcast für Kinder, die sich auch im Veranstaltungsprogramm widerspiegeln.

„Funk für Fans“ ergänzt und erweitert die Ausstellung „ON AIR. 100 Jahre Radio“ im 2. OG des Museums. „Während wir mit ‚ON AIR‘ den großen Bogen der Radiogeschichte spannen, richten wir mit ‚Funk für Fans‘ das Augenmerk auf die regionale Rundfunkgeschichte", informiert Dr. Helmut Gold, Direktor Museum für Kommunikation Frankfurt. "Die Besucher werden überraschende Entdeckungen machen: Nicht nur Golo Mann kommt in der Präsentation zu Wort, der 1945 Kontrolloffizier bei Radio Frankfurt wurde. Die Besuchenden hören auch eine bereits eingesprochene Rede von Walter Kolb, Oberbürgermeister von Frankfurt. Kolb hätte diese Rede gehalten, wäre Frankfurt 1949 Bundeshauptstadt und der heutige Sitz des hr zum Plenarsaal geworden.“

hr-Intendant Manfred Krupp, der nach 38 Jahren im Hessischen Rundfunk Ende Februar in den Ruhestand geht, freut sich auf die Ausstellung: „Die Medien – und damit auch der hr – befinden sich in einem immerwährenden Veränderungsprozess. Das gilt auch oder ganz besonders für das Radio oder Neudeutsch ‚Audio‘. Dies zeigen wir mit zahlreichen Exponaten aus dem hr-Archiv und einem abwechslungsreichen Rahmenprogramm. ‚Funk für Fans‘ ist nicht nur der Titel der Ausstellung, ‚Funk für Fans‘ war auch eine freche Satiresendung, mit der der hr vor allem in den 1970er Jahren von sich Reden gemacht hat.“

Funk aus Hessen
Der Hessische Rundfunk wird 1923 als Südwestdeutsche Rundfunkdienst AG (SÜWRAG) gegründet und beginnt am 1. April 1924 mit dem Sendebetrieb. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verlieren alle Landessender ihre Selbständigkeit und werden gleichgeschaltet. Aus dem Südwestdeutschen
Rundfunk wird der Reichssender Frankfurt. Nach der deutschen Kapitulation stellt die amerikanische Militärregierung im Mai 1945 alle Rundfunkeinrichtungen in Hessen unter ihre Kontrolle. Einen Monat später nimmt Radio Frankfurt als Sender der amerikanischen Militärregierung den regulären Programmbetrieb auf. Die Programmgestaltung unterliegt zunächst der Zensur amerikanischer Kontrolloffiziere.

Zum 1. Juni 1946 beruft die amerikanische Kontrollinstanz Eberhard Beckmann zum Intendanten von Radio Frankfurt. Im Oktober 1948 als Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet, wird der Sender am 28. Januar 1949 in deutsche Hände übergeben. Zu der ursprünglich einen Hörfunkwelle kommt 1950 ein zweites – von Beginn an als Kulturwelle konzipiertes – Programm hinzu. Im Mai 1953 wird der erste hessische Fernsehsender auf dem Feldberg im Taunus in Betrieb genommen, ein halbes Jahr später sendet der Hessische Rundfunk sein erstes vollständiges Abendprogramm im Fernsehen. Seit über 70 Jahren ist der Hessische Rundfunk die öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt in Hessen. Heute bietet der hr mit sechs Radioprogrammen und dem hr-fernsehen rund um die Uhr ein vielfältiges Programm. Für aktuelle Nachrichten und Serviceinformationen aus und für Hessen gibt es darüber hinaus das
regionale Informationsportal www.hessenschau.de. Zudem ist der hr mit jährlich rund 850 Veranstaltungen einer der größten Kulturveranstalter in Hessen. Das Angebot reicht von Konzerten des hr-Sinfonieorchesters und der hr Bigband bis zu politischen Diskussionsforen und Comedy-Wettbewerben.

Auf Sendung und unterwegs
Mit innovativen Formaten und Sendungen, die hr3 über die Jahre entwickelt hat, sowie deren über die Grenzen Hessens hinaus populären Moderatorinnen und Moderatoren setzt die Welle Trends. Auch nach 50 Jahren trifft hr3 den Geschmack seiner Fans: mit 874.000 Hörer täglich von Montag bis Freitag ist es das reichweitenstärkste Programm desHessischen Rundfunks.

1964 startet das dritte Hörfunkprogramm des hr. Es strahlt zunächst ausschließlich Sendungen für „ausländische Arbeitnehmer“ aus. Im April 1972 geht es als hr3 – die Servicewelle aus Frankfurt auf Sendung. Mit Meldungen zur Verkehrslage, Beiträgen über Technik und Verkehrsrecht sowie Reisetipps, musikalisch umrahmt von einem Mix aus Schlagern, Operette, Pop- und Volksmusik. Durch eine grundlegende Neugestaltung wandelt sich die Servicewelle Anfang der 1980er Jahre zur Popwelle: Im Mai 1981 geht das neue hr3 Programm mit „Pop & Weck“, „Pinboard“, „der Mittags-Diskotheke“, „Stereobox“, „hr-Dreielei“ und „hr dry on the rocks on air“.

Das Abendstudio 1948 - "Ein  funkisches Experiment"
1948 betraut Intendant Eberhard Beckmann den Schriftsteller Alfred Andersch mit der Aufgabe, ein anspruchsvolles Nachtprogramm zu entwickeln. Am 1. August 1948 tritt Andersch seinen Posten als Leiter des Abendstudio genannten Programms an. Neben einer großen Bandbreite wissenschaftlich-politischer und literarisch-künstlerischer Themen ist Andersch auch die zeitgemäße Vermittlung der kulturellen Bildungsinhalte wichtig: „Der besondere Inhalt macht aber auch das funkische Experiment zur Pflicht“. Mit Gesprächsrunden, Hörspielen, Vorträgen und Autorenlesungen sowie dem damals neuen Format des Features wird das Abendstudio eine Art Hör-Labor, das mit neuen radiofonen Formen experimentiert. Zu den Autoren der Kultursendung zählen neben Vertretern der Frankfurter Schule wie Theodor W. Adorno und Jürgen Habermas auch namhafte Publizisten wie Hans Magnus Enzensberger und Alexander
Mitscherlich.

Das Funkkolleg 1966 - Experiment zur Überwindung der Bildungsbarriere
In Zusammenarbeit mit der Frankfurter Goethe-Universität ruft der Hessische Rundfunk im Mai 1966 das Funkkolleg als ein „Experiment zur Überwindung der Bildungsbarriere“ ins Leben. Ziel des neuartigen Bildungsangebots ist es, Lehrer für das Fach Sozialkunde ausbeziehungsweise fortzubilden und Hörer ohne Abitur den Zugang zur Universität zu ermöglichen. 1969 schließen sich SR, SDR und SWF dem Funkkolleg an, es folgen NDR, RB und WDR. Seit 1998 wieder alleiniger Veranstalter der Sendereihe, hat der hr das Konzept grundlegend reformiert. Ursprünglich als „Universität über das Radio“ konzipiert, ist das Funkkolleg nach 55 Jahren ein junges, digitales Weiterbildungsangebot und bietet allen Interessierten die Möglichkeit, sich umfassend und systematisch mit gesellschaftlich relevanten Themen auseinanderzusetzen. Und das nicht nur On Air – die Sendungen stehen auch als Podcasts zur Verfügung.

Jazz in Frankfurt - alljährlich was vom Besten
Von Beginn an engagiert sich der Hessische Rundfunk intensiv für den Jazz und führt damit die Tradition seines Vorvorgängers, der Südwestdeutschen Rundfunk AG, fort. Jazz war ein fester Programmbestandteil des damaligen Frankfurter Senders. Zeitweilig unterhielt die SÜWRAG eine hauseigene Jazz-Kapelle um den Cellisten Rudolf Hindemith, Bruder des Komponisten Paul Hindemith. Neben der Ausstrahlung zahlreicher Jazz-Sendungen wie Jazzclub und Jazz aus Frankfurt von Horst Lippmann und Olaf Hudtwalcker unterstützt der hr früh das Deutsche Jazzfestival Frankfurt. Es wurde mit dem Ziel gegründet „alljährlich was vom Besten, was Deutschland an Jazz zu bieten hat, zu präsentieren“, so Olaf Hudtwalcker. Seit der ersten Ausgabe des Festivals 1953 überträgt der hr die Konzerte. 1956 tritt er erstmals als Mitveranstalter auf – gemeinsam mit der Deutschen Jazz-Föderation. Darüber hinaus vergibt der damalige Intendant Eberhard Beckmann Kompositionsaufträge, deren Uraufführungen im Rahmen des Jazzfestivals stattfinden. 1958 wird das Jazzensemble des hr gegründet, die Leitung übernimmt Albert Mangelsdorff. Zunächst als Festival des deutschen Jazz konzipiert, öffnet es sich später auch dem europäischen Jazz. Wirklich international wird es in den 1960er Jahren, beispielsweise mit dem Auftritt des Charles Lloyd Quartetts mit Keith Jarrett und Jack DeJohnette auf dem 10. Jazzfestival 1966. Im Verlauf der 70 Jahre seines Bestehens bildet das Festival alle wichtigen musikalischen Trends der Zeit ab – die Elemente im Stilmix des Festivals sind vielfältig. Seit Ende der 1990er Jahre ist auch die hr Bigband auf dem Jazzfestival zu erleben: Mit orchestralen Sounds in außergewöhnlichen Inszenierungen und zunächst unmöglich scheinenden Herausforderungen wie der Begegnung mit balinesischer Gamelan-Musik. Von 1984 an ist der hr Veranstalter des Jazzfestivals – seit 1990 mit der Stadt Frankfurt als festem Partner. Es gilt als das älteste kontinuierlich stattfindende Jazzfestival der Welt.

Museum für Kommunikation Frankfurt, Schaumainkai 53, Frankfurt am Main   www.museumsstiftung.de

Öffnungszeiten: Di–Fr 11–18 Uhr, Sa + So 11–19 Uhr
Eintritt: 6 €, ermäßigt 4 €, 6–17 Jahre 1,50 €
Bitte informieren Sie sich über die geltenden Hygieneregelungen unter www.mfk-frankfurt.de.