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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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50+1: Hat das deutsche Fußball-Modell noch eine Zukunft?

von Bernd Bauschmann

(15.10.2021) Im Vergleich mit den anderen Fussball Ligen und Verbänden gibt es in Deutschland eine Besonderheit, die von vielen Fans in Ländern wie England oder Italien beneidet wird: die sogenannte 50+1 Regel. Sie besagt, dass die Clubs in der Hand von Mitgliedern sein müssen und nicht einfach komplett von Investoren übernommen werden dürfen.

Symbolfoto
Foto: PM
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Während das eine Grundfeste des deutschen Fußballs ist, die aber in den vergangenen Jahren auch innerhalb der Ligen immer wieder angegriffen wird, wird immer wieder angeführt, dass somit die deutsche Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt wird. Tatsächlich zeigt sich, dass man im Vergleich mit anderen Ligen ein immer schwierigeres Umfeld hat. Wie sieht die Zukunft in diesem Bereich aus?

Die Geschichte und Bedeutung von 50+1 im deutschen Fußball
Es ist immer wieder von Geschichten aus England zu lesen, in denen die vielen Investoren hinter den Clubs einen Scherbenhaufen hinterlassen. Sie übernehmen einen Verein, sind aber nur bedingt bereit zu investieren. Sobald sie die Lust an dem Verein verlieren oder die sportlichen Ergebnisse nicht mehr stimmen, stellen sie die finanzielle Unterstützung ein und sorgen dafür, dass selbst Traditionsmannschaften aus den oberen Ligen verschwinden oder völlig aufgelöst werden müssen. Ein Szenario, das man in Deutschland ebenso beinahe mit 1860 München hatte, wo ein Investor einen Scherbenhaufen hinterlassen hat. Gerade für die Fans ist die 50+1 Regel in Deutschland daher von großer Bedeutung.

Natürlich gibt es auch in Deutschland Abweichungen von der Regel. VFL Wolfsburg, Bayer Leverkusen, Rasenballsport Leipzig und der börsennotierte BVB sind nur einige Beispiele, wie diese Regel ihre Grauzonen hat. Prinzipiell sind die Vereine aber durch die Regel gut geschützt. Auf der anderen Seite macht es den Einstieg von Investoren beinahe unmöglich und kann daher den Effekt mit sich bringen, dass man im internationalen Fußball abgehängt wird. Da immer mehr Geld in das System Fußball gespült wird, wird man im Vergleich mit italienischen oder französischen Spitzenmannschaften abgehängt und der Abstand zu der englischen Liga vergrößert sich.

Wie sieht die Zukunft des Modells aus?
Deutschland wird sich entscheiden müssen, wie man auf die neuen Entwicklungen im Fußball reagiert. Während englische Vereine immer mehr Geld zur Verfügung haben und schon ein Blick auf die Wettquoten Bundesliga zeigt, wie selbst innerhalb Deutschlands die Favoritenrollen in der Regel fest vergeben sind und es kaum noch Spielraum für echte Überraschungen gibt, will man sich die eigene Kultur und Tradition natürlich erhalten. Will man dafür die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich opfern oder gibt es einen Kompromiss? Besonders unter dem Eindruck, dass auch in Deutschland einige Investoren bereitstehen, um ihr Geld in die Vereine zu investieren oder solche Projekte bereits heute laufen.

Wenn die Bundesliga Spieltag Prognose wieder zeigt, dass die Bayern und vielleicht noch zwei oder drei andere Teams überhaupt in der Position sind, realistisch an die Spitze der Liga zu kommen, ist das auf die Dauer ein Problem. Nicht nur für die Sponsoren, sondern natürlich auch für die Fans, die sich bereits jetzt teilweise in die deutlich spannendere zweite Liga verabschieden. Vielleicht muss der deutsche Fußball also einen Kompromiss zwischen Tradition und Anschluss an die moderne Welt des Fußballs finden.