Das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt am Main

Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

Werbung
Werbung

„Enter Hamlet“

Theater Rüsselsheim beteiligt sich bei der digitalen Ausgabe des Starke Stücke Festivals

von Ilse Romahn

(08.03.2021) Das Theater Rüsselsheim ist auch in diesem Jahr wieder Teil des Internationalen Kinder- und Jugendtheaterfestivals RheinMain „Starke Stücke“. In diesem Jahr gibt es zwei Ausgaben, eine in diesem Monat und eine im Juli, parallel zum diesjährigen Kultursommer in Rüsselsheim. Bei der ersten Ausgabe handelt es sich um ein rein digitales Format.

Ausschnitt der Objekte aus der Zoomperformance Enter Hamlet
Foto: Kai Fischer
***

Kaum lief die Videopremiere der diesjährigen Produktion des Jungen Ensembles am Theater Rüsselsheim über die Bildschirme, konnte Milena Wolf, verantwortlich für das Junge Theater, spontan zwei Vorstellungen von „Enter Hamlet“ buchen und zwei Schulen als Kooperationspartner gewinnen: „Ich freue mich sehr, dass wir nun doch bei der digitalen Version von Starke Stücke dabei sein können, dies war vor zwei Wochen in der Endphase des Filmdrehs unseres Jungen Ensembles noch nicht denkbar. Doch wenn wir etwas in dieser Pandemie gelernt haben, dann ist es, noch effektiver und kurzfristiger agieren zu können. Dass zwei Schulen, nämlich die Max-Planck-Schule und die Gustav-Heinemann-Schule, binnen zwei Tagen zugesagt haben und mit ihren Schülern absprechen konnten, dass sie teilnehmen und somit das Publikum für diese besondere Zoom-Performance gesichert war, zeigt, wie gut unser  Netzwerk mit den Rüsselsheimer Schulen funktioniert.“
 
Ein digitales Familiendrama
Die Schüler der DS-Klassen und Theater AGs werden nun in dieser Woche Teil des digitalen Familiendramas, gespielt von „Die Azubis“. Mit „Enter Hamlet“ reagiert die Theatergruppe aus Hamburg auf die aktuelle Situation, auf Themen wie Isolation, Überforderung in der Familie, häusliche Gewalt, auf die Konjunktur der Videokonferenzen und das digitale Rauschen. Sie verlegen den Klassiker dabei in den virtuellen Raum und erforschen zwischen Zoom-Galerie und Chatverlauf die Schnittstelle der Pandemie mit dem fiktiven Drama „Hamlet", in dem die schwelenden Konflikte im hermetisch abgeschlossenen Schoß der (Königs-familie in einem Amoklauf enden.

Das Projekt ist explizit für eine Video-Konferenz inszeniert. Die Azubis füllen den virtuellen Raum dabei mit Praktiken des Erzähl- und Objekttheaters, Interaktionen, Trash und Poesie und suchen nach Möglichkeiten und Begrenzungen des neuen Kunstmediums. Die ausgeklügelte Live-Schaltungs-Regie fügt dabei die verschiedenen Spielräume, Darstellungstechniken und Bedeutungsebenen geschickt zusammen. Und wenn Hamlet dann seine Mutter einfach stummschaltet und seinem Onkel eine digitale Comic-Nase wachsen lässt, wird ohren- und augenfällig, wie sehr das Medium die Botschaft formt, verbiegt oder unterdrückt. Ein Experiment, bei dem neben der Erprobung neuer technischer und theatraler Möglichkeiten auch die gute alte Schauspielkunst nicht zu kurz kommt. Die Schauspieler wechseln in dieser Performance die Ebenen von Shakespeare- und Gegenwartstext, sowie die Geschlechtsrollen und suggerieren den nicht vorhandenen Raum.
 
Poeten des Alltags
Die Azubis verstehen sich als Poeten des Alltags und das Leben als ständigen und nicht enden wollenden Lern– und Entwicklungsprozess. Der Einsatz ihrer künstlerischen Formen und die Wahl des Aufführungsortes orientieren sich am jeweiligen Inhalt des Projektes. Sie führen im klassischen Bühnenraum, wie auch im Schrebergarten, in der Privatwohnung oder am Flughafen auf. Dabei nutzen sie das ganze Spektrum theatraler Kunst: Schauspiel, Gesang, Videoeinspieler, klassische Texte, skurrile Kostüme, Installationen und in diesem Fall eben den digitalen Raum. In gleichberechtigter Arbeit beleuchten sie Aspekte, die sie betreffen und interessieren, beziehen Stellung und thematisieren persönliche Meinungsverschiedenheiten und Konflikte mit künstlerischen Mitteln. Dabei wollen sie die Phantasie der Zuschauenden anstoßen, so dass diese das Bühnengeschehen vervollständigen und sich ihr eigenes Urteil bilden können.

www.kultur123ruesselsheim.de