Das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt am Main

Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

Werbung
Werbung

Wie ein Holzmännchen vom Gerechtigkeitsbrunnens ins Historische Museum gelangte

von Ilse Romahn

(15.06.2018) Im Historischen Museum erinnert nun ein besonderes Exponat an den DFB-Pokalsieg der Frankfurter Eintracht.

Uwe Grodd mit seinen Holzfiguren
Foto: Bernd Kammerer
***

Es ist der Tag nach dem Pokalsieg der Frankfurter Eintracht: Zehntausende Fans feiern am Sonntag, 20. Mai, ihre Pokalhelden frenetisch rund um den Römerberg. Mittendrin: Ein knapp 50 Zentimeter großes Holzmännchen im Eintracht-Outfit, das wacker auf dem Podest des Gerechtigkeitsbrunnens thront, statt einer Waage zwei Blechdosen in die Höhe reckt und die die von Christoph Lenz geschaffene Justitia-Figur vertritt. Schnell mausert sich der kleine Holzknabe zum Stadtgespräch: Passanten, Journalisten und Touristen rätseln, was es mit der schon bald als Justitio bekannten Figur auf sich hat. Wer hat ihn geschaffen, wie kam er auf sein rund vier Meter hohes Podest und warum war er nach rund einer Woche plötzlich verschwunden?

Nun ist das Geheimnis gelüftet, auf jede Frage gibt es eine Antwort. Justitios plötzliches Verschwinden ist bestens dokumentiert: Denn Mitarbeiter der Stadt Frankfurt und des Historischen Museums bargen das Holzmännchen eine Woche nach dessen Auftauchen, damit es seinen gerechten Platz im Museum finden würde. Ein Video der Bergung findet sich auf dem Instagram-Kanal der Stadt im Internet. Den Hinweis auf den unbekannten Künstler schließlich lieferte ein Zeitungsartikel: Der Sachsenhäuser Künstler Uwe Grodd sei der Schöpfer, hieß es darin.

Und tatsächlich, in Grodds Wohnung stehen zahlreiche Miniaturversionen von Justitio. Anders als dieser sind seine kleinen Geschwister jedoch keine Einzelgänger: Je zu elf Spielern aufgereiht stehen Vertreter der deutschen Nationalmannschaft, der argentinischen Selection und auch ein Eintracht-Team auf eigens für sie geschaffenen Holzbrettern: „Ich habe vor rund 15 Jahren damit angefangen, meine ersten Q‘es herzustellen. Bald hat sich gezeigt, dass sich das nicht erschöpft“, sagt der 64-jährige Künstler, der an der renommierten Saint Martin's School of Art in London studierte und unter anderem im Liebieghaus arbeitet. Inzwischen habe er weit über 300 kleine Holzfiguren hergestellt. Der Name Que leitet sich vom englischen Wort queue (zu Deutsch: Schlange/Reihe) ab.

Dass sein Riesen-Q‘e nun auf den Namen Justitio hört und seit Mitte Juni als jüngstes Exponat im Historischen Museum bewundert werden kann, erfüllt Uwe Grodd mit Stolz. „Ich freue mich für ihn. Das passt natürlich zu den Ereignissen wie die Faust aufs Auge. Die Botschaft ist klar: Die Gerechtigkeit siegt“, sagt Grodd, und spielt damit auf den Pokalsieg der Eintracht sowie den Umstand an, dass sein Guerilla-Kunstwerk nach nur einer Woche im öffentlichen Raum nun im Museum an den Pokaltriumph der Frankfurter Eintracht erinnert.

Doch wie kam Grodd auf die Idee, sein Holzmännchen als Stellvertreter der derzeit zur Restaurierung im Depot weilenden Justitia auf dem Römerberg zu platzieren? „Der Gerechtigkeitsbrunnen wird seit Monaten saniert. Das ist der Nabel des touristischen Frankfurts, der von allen fotografiert wird“, sagt Grodd. Gemeinsam mit einem Freund setzte er sich zuerst dafür ein, dass der von einem Sperrholz-Mantel umkleidete Brunnensockel einen QR-Code erhält, damit Touristen zumindest die Möglichkeit haben, auf digitale Weise den Justitiabrunnen in seiner ursprünglichen Anmutung anzuschauen. Als die Eintracht schließlich ins Pokalfinale einzog, machte sich Grodd an die Arbeit und entwarf seinen Riesen-Q‘e. „Ich dachte mir, das würde gut zusammenpassen und wir können die Figur aufstellen, falls die Eintracht wirklich gewinnt“.

Tatsächlich holte die Eintracht den Pokal und so stand Grodd am Sonntag, 20. Mai, morgens um 8 Uhr mit einer großen Leiter auf dem Römerberg. Doch das Sicherheitspersonal ließ ihn zunächst nicht zum Brunnen. Erst nach Intervention eines zufällig anwesenden Aufnahmeleiters durfte er seine Statue auf das Podest des Gerechtigkeitsbrunnens stellen. „Eigentlich wollte ich ihn noch verschrauben, habe mich aber dagegen entschieden, damit er nicht kaputt geht, falls ihn jemand mitnimmt“, verrät Grodd. Dass sein Kunstwerk nun im Museum steht, sei eine gute Lösung. Denn wer weiß, wie lange Justio mit seinen Waagschalen aus Thunfischdosen ohne dauerhafte Fixierung den Elementen getrotzt hätte. Trotz der kurzen Verweildauer hatte Grodd große Freude an seinem kreativen Streich. Er habe sich mehrmals angeschaut, wie die Leute auf sein Kunstwerk reagiert hatten und war überaus zufrieden mit der Resonanz.

Wer mehr von Grodds Kunst sehen möchte, dem sei ein Besuch der AusstellungsHalle 1a, Schulstraße 1a, ans Herz gelegt. Dort werden Grodds Q‘es neben Arbeiten anderer Künstler vom 20. bis 24 Juni, von 14 bis 18 unter dem Titel „Collage und Co“ ausgestellt. Weitere Infos unter http://www.ausstellungshalle.info sowie unter http://uwegrodd.de im Internet.

Grodds Justitio kann man ab sofort im Historischen Museum, Saalhof 1, nur wenige Meter entfernt vom Gerechtigkeitsbrunnen auf dem Römerberg, bewundern. Dort steht er in Ebene 3, direkt neben dem Frankfurt-Modell.