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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Soja und Eukalyptus statt Artenvielfalt

EU-Abgeordneter Häusling: Brasilien opfert seine Savannen

von Norbert Dörholt

(24.11.2017) Von der Welt weitgehend unbemerkt wird in Brasilien derzeit einer der größten CO2-Speicher zerstört. Es ist der Cerrado, die brasilianische Savanne. Das riesige Gebiet gilt als eines der artenreichsten Ökosysteme der Welt – und wird vernichtet. Von einer seiner 12-tägigen Reise in den Cerrado Brasiliens zurückgekehrt, ist Martin Häusling, EU-Abgeordneter aus Wiesbaden und agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europäischen Parlament, alarmiert.

Zeigte sich nach seiner Rückkehr aus Brasilien entsetzt: der Wiesbadener Europaparlamentarier Martin Häusling.
Foto: Pressebüro
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„Während hier in Deutschland der Klimagipfel COP in Bonn tagt, werden in Brasilien Millionen Hektar Trockenwald und Savanne vernichtet“, berichtete er. „Die Agroindustrie hat sich in Brasilien in den letzten Jahren extrem ausgedehnt. Der Cerrado bildete bisher eine letzte Front der massiven Turbo-Agrarentwicklung Südamerikas. Damit ist es jetzt vorbei, denn die brasilianische Regierung hat den Cerrado für die agroindustrielle Nutzung auserkoren. Das darf nicht ohne Folgen für die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen Mercosur bleiben.“

Zwar möge Brasilien einiges für die Rettung der Regenwälder des Amazonas getan haben. Doch nun hole sie aus zum Schlag gegen all jene natürlichen, bisher weitgehend extensiv genutzten Gebiete, die rundherum liegen. Der Cerrado, ein Gebiet, das zweimal so ist wie die Bundesrepublik Deutschland, werde gerodet.

Häusling: „Eintönige Soja-, Mais- sowie Eukalyptus- und Zuckerrohrplantagen werden angepflanzt, die artenreiche Savanne beseitigt. Damit wird der Trockenwald im Norden Brasiliens rigoros den Exportinteressen geopfert. Diese einmalige Landschaft muss herhalten, um Tierfutter für Europas Schweine oder Sprit un‘zu liefern.“

Dabei würden Menschenrechte mit Füssen getreten. Die Art und Weise, wie Brasiliens Regierung agiert, führe de facto zu einer Agraroligarchie der Großgrundbesitzer und Großinvestoren.  Diese „rücksichtlose Politik“ müsse in die Schranken gewiesen werden und Konsequenzen für die Haltung Europas haben. Mit Regierungen, die eine Politik gegen Kleinbauern und gegen die Artenvielfalt forcierten, dürften wir kein Mercosur-Freihandelsabkommen abschließen. Es würden Menschenrechte grob verletzt. Das dürfe Europa nicht dulden oder sogar noch unterstützen.

Zum Hintergrund:  Der Cerrado wird auch als „auf dem Kopf stehender Wald“ bezeichnet, denn der Großteil der Pflanzenmasse steckt als Wurzelmasse im Boden. Er ist damit ein unserem Grünland vergleichbarer CO2-Speicher und genauso klimarelevant. Bis 2022 plant hier der brasilianische Staat, 70 Millionen Hektar Land für den Ackerbau umzuwandeln. Das entspricht etwa zweimal der Gesamtfläche Deutschlands.

Die Umwandlung in Ackerland bewirkt nicht nur eine katastrophale Freisetzung von Kohlendioxid, sondern auch die Entwurzelung und Vertreibung der Menschen, die im Cerrado leben. Außerdem bewirkt die Umwandlung in eine Agrarwüste eine ernste Bedrohung für die Wasserversorgung und das Klima ganz Brasiliens.