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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Osterfest in Lorca

von Gesine Unverzagt

(16.03.2017) „Nur dass ihr es wisst, ich bin ein Mitglied der Blauen Bruderschaft“, so stellt sich Diana Murcia Guilabert, unser Guide, lachend vor. In der spanischen Stadt Lorca in der Region Murcia herrscht Ausnahmezustand, denn es ist Karwoche und die Einwohner bereiten sich auf die große Karfreitagprozession vor.

Bildergalerie
Es bedarf zahlreiche Träger, um die Heiligenfiguren zu tragen
Foto: Gesine Unverzagt
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Während der gesamten „Semana Santa“ finden Prozessionen statt, wobei der Karfreitag der Höhepunkt ist. Dabei werden schwere „Pasos“ d.h. riesige Heiligenbilder im Wiegeschritt durch die Straßen getragen begleitet von schwermütiger Trauermusik. Organisiert werden sie von den unterschiedlichen Bruderschaften. In Lorca gibt es sechs davon, die größten sind die Blauen und Weißen, die in ewiger Konkurrenz zu einander stehen.

"Diese biblischen und leidenschaftlichen Umzüge in Lorca wurden ausgezeichnet als eine der wichtigsten Attraktionen Spaniens. Ihr werdet Quadrigen, Reiter, Pferde und prächtig geschmückte Wagen erleben. Besonders berühmt sind die kostbaren Stickereien der Umhänge der rivalisierenden Paso Azul und Paso Blanco, der Blauen und Weißen Bruderschaft.“

Wir bummeln durch den Ort, besuchen mehrere Kirchen, wo die Prozessionsvorbereitungen in vollem Gang sind.  Diana führt uns zur Kirche San Francisco, zum Gotteshaus der Blauen, um aus nächster Nähe die Stickereien, die religiösen Figuren und die Blumengestecke zu bewundern. Wir sind sehr beeindruckt von den kostbaren Gewändern.  Das ganze Jahr über sticken die Frauen des Ortes an diesen  Umhängen, die Jesus Leidensweg darstellen. Manche dieser Kunstwerke sind über 100 Jahre alt.
Bei der weißen Bruderschaft sieht es noch opulenter aus, denn es ist die Bruderschaft der Wohlhabenden des Ortes. In 52500 Stunden wurde an besonders prachtvollen Stücken gearbeitet, weiß der Präsident der Weißen, Lazaro Soto zu berichten,  im richtigen Leben Beerdigungsunternehmer.
Am Karfreitagabend  geht es los. 300 Pferde wurden gestriegelt und geschmückt, 300 Mitwirkende geschminkt und kostümiert, riesige Tribünen säumen die Straße. Auf der einen Seite sitzen die Blauen, gegenüber die Weißen, die kleineren Bruderschaften unauffällig dazwischen. 1500 Zuschauer auf den Tribünen jubeln ihren „Pasos“ zu.

„Viva el paso azul“, brüllt Diana gemeinsam mit hunderten ihrer Mitstreiter. „Viva el paso blanco“ kommt es prompt von gegenüber. Blaue und weiße Tücher werden geschwenkt. Musikgruppen begleiten mit  Trauermusik die zahlreichen Heiligenbilder, die z.T. 2000 kg schwer sind und von dicht aneinandergereihten bis zu 90 Trägern wankend transportiert werden. Dazwischen die Büßer in langen Kutten, häufig barfuß, mit  Spitzhauben maskiert, die ihre  Anonymität sichern soll. Die ganze Szenerie ist gespenstig, denn die Büßer erinnern mit ihren Spitzkaputzen und dem Kreuz an Klu-Klux-Klan.

Es folgen Reiter, die vor dem Publikum ihre Reitkunst demonstrieren und frenetisch beklatscht werden. Höhepunkt des Spektakels und  angefeuert von einer brüllenden, fahnenschwenkenden Menge, sind die Quadrigen. Im Höllentempo donnern die  Pferdewagen am Publikum vorbei, um abrupt in den Stand zu kommen. Die Zuschauer sind begeistert, immer wieder brüllen sie: „Es lebe die Jungfrau! Viva la Virgen de los Dolores, Viva la Dolorosa! Viva, viva, viva!“ Darauf die Antwort von gegenüber „Viva la Virgen Guapa, viva la Reina del Cielo.“

Dann ist alles vorüber und die Menschen heiser. Man küsst sich zum Abschied auf die Wangen und freut sich auf das nächste Jahr.

Info über das spanische  Fremdenverkehrsamt: www.spain.info/de