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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Keinesfalls ein „Taugenichts“

Walter Renneisen im Fritz-Rémond-Theater am Zoo

von Ingeborg Fischer und Karl-Heinz Stier

(21.11.2017) „Aus dem Leben eines Taugenichts“ heißt das neueste Programm von Walter Renneisen. Und mit dem Titel straft er sich selbst Lügen. Denn er ist alles andere als ein Taugenichts. Renneisen ist ein Ausnahmekünstler und in ganz Deutschland erfolgreich und beliebt. Er hat Theaterwissenschaften, Germanistik und Philosophie studiert und ist hoch geehrt mit dem Adolf-Grimme-Preis, dem Hessischen Verdienstorden, dem Rheingau-Musik-Preis und dem Bundesverdienstkreuz am Bande.

Walter Renneisen - ein Tausendsassa auf der Bühne
Foto: Rémond-Theater-Archiv
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Am Sonntag stand er im Fritz-Rémond-Theater mit einer Matinée-Vorstellung vor seinem Publikum. Das Haus war ausverkauft. Am Abend zuvor war er in Rodgau-Dudenhofen von der Bühne gestürzt und hatte sich an Arm und Hüfte verletzt. Dazu plagte ihn noch ein Schnupfen. Aber Renneisen lieferte sein 2-stündiges Programm mit viel Disziplin und erstaunlicher Energie ab. Witzig und  nachdenklich schlug er zunächst den Bogen von Grimmelshausens Simplicissimus über Heinrich Heines „Weltlauf“ bis zu Kästners erschütternder „Ballade vom Nachahmungstrieb“. Im Rückblick eines 1940 geborenen Kindes auf die letzten Kriegstage und die Nachkriegszeit, die wilden Fünfziger mit Rock´n Roll und Jazz und das nicht immer leichte Leben eines Schauspielers, gab Walter Renneisen viel von sich preis. Er erzählte vom elterlichen Bauernhof in der Nähe von Mainz, von Lederhosen mit Hosenträger, Leib- und Seelhosen und angeknöpften Strumpfbändern. Auch von der Demütigung und den Schlägen durch Lehrer in der Schulzeit. Er musste im Gymnasium eine Klasse wiederholen und wurde vom Pädagogen angeherrscht: “Hockebleiwer uffstehn“!

Die Begeisterung für Benny-Goodman, Glenn Miller, Satchmo Lous Armstrong und Bill Haley ist ihm immer noch geblieben. Als junger Mann spielte er in einer Band in Wiesbaden für die „Amis“. Am Sonntag zeigte Renneisen, dass er immer noch Trompete blasen, Schlagzeug und Klavier spielen kann. „What e wonderful world!“ - Die Zuhörer waren begeistert.

Mit Anekdoten aus seinem Schauspielerleben an Theatern, beim Film und Fernsehen entlarvte er die Welt des Showbusiness als gar nicht so glitzernd, sondern als teilweise rücksichtslos, hart und auch von Neid beherrscht. Aber auch lustige Geschichten auf und hinter der Bühne von Souffleusen und Versprechern, Requisiten, die versagten und Feuilleton-Kritiken, die verletzten, waren in seinem Repertoire. Und öffnete damit sein Herz für sein Publikum.  Kleine lustige Begebenheiten kamen ebenfalls zur Sprache, ohne an diesem Volkstrauertag peinlich oder unpassend zu sein.

Es war eine beeindruckende Leistung und ein außerordentlich lohnender Vormittag mit dem sehr besonderen Künstler, Literaten, Philosophen, Plauderer, Musiker und Schauspieler Walter Renneisen im Fritz-Rémond-Theater.