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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Großes Kino an den Ufern des Rhein

Festival des deutschen Films in Ludwigshafen

von Michael Hörskens

(08.09.2017) Auf der Ludwigshafener Parkinsel läuft das 13. Festival des deutschen Films. Noch bis zum 17. September werden in zwei Zelt-Kinos mit jeweils 1200 Plätzen über 60 Filme gezeigt. In diesem Jahr gibt es unter dem Motto „Kino unterm Sternenhimmel“ sogar Open Air-Veranstaltungen mit neun Filmen sowie die Reihe „Spätschicht“ mit Vorführungen um 22.30 Uhr.

Bildergalerie
Preisverleihung beim Festival des deutschen Films (v.l.) : Programmdirektorin Daniela Kötz, Martina Gedeck, Festivaldirektor Dr. Michael Kötz, Oberbürgermeisterin Dr. Eva Lohse.
Foto: Hörskens
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Martina Gedeck wurde in Ludwigshafen gebührend gefeiert
Foto: Hörskens
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Auch für das jüngere Publikum ist mit sechs Kinderfilmen gesorgt. Nicht zuletzt werden auf dem Ludwigshafener Festival  diverse Preise vergeben, etwa für Schauspielkunst, das beste Drehbuch oder der Medienkulturpreis.center>

Das Festival des deutschen Films ist als „kleine Schwester“ des Internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg entstanden. Es hat sich seit seiner Gründung 2005 auf die Förderung qualitativ wertvoller neuer deutscher Filme spezialisiert, wie Dr. Michael Kötz, der Direktor beider Projekte, betont. Nachdem in früheren Jahren das Event auf der Ludwigshafener Parkinsel direkt am Rhein im Juni über die Bühne ging, war es einige Male vom Hochwasser des Flusses betroffen. 2017 nun haben die Verantwortlichen aus diesem Grund es in den September verlegt. Heuer eröffnete es bei strahlendem Sonnenschein und niedrigem Rheinpegel und mit der Weltpremiere von Alexandra Sells Debütfilm „Die Anfängerin“. Festivaldirektor Dr. Michael Kötz und Programmdirektorin Daniela Kötz begrüßten bei der Eröffnungsveranstaltung Gäste aus Kultur, Wirtschaft und Politik. Darunter die Ministerpräsidentin des Landes Rheinland-Pfalz Malu Dreyer, die Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen Dr. Eva Lohse, die Landes- und Fraktionsvorsitzende der CDU im rheinland-pfälzischen Landtag Julia Klöckner oder Staatsministerin Dr. Maria Böhmer.

Gleich zu Beginn erlebte das  Festival schon einen besonderen Höhepunkt: die Verleihung des Preises für Schauspielkunst an Martina Gedeck. Seit ihrer ersten Filmrolle hat sich die sympathische Schauspielerin in mehr als 80 Filmen in die Herzen des Publikums gespielt.  Martina Gedeck sei eine Ausnahmeerscheinung, eine grandiose Schauspielerin mit Herz und Verstand, hieß es in der Begründung für die Auszeichnung. In seiner Laudatio bei der Preisverleihung betonte Festivaldirektor Michael Kötz, wie facettenreich  die Präsenz der Preisträgerin auf der Leinwand ist. Er erwähnte ihre glanzvolle Rolle als Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig in dem Film „Das Ende der Geduld“, der 2014 auf dem Festival in Ludwigshafen zu sehen war.

 Überzeugend und mitreißend spielte Martina Gedeck in dem mit einem Oscar ausgezeichneten Melodram „Das Leben der Anderen“, in welchem die Dissidentenkreise in der DDR und die Unterwanderung durch die Stasi beleuchtet wird. Sie verkörperte eine Theaterschauspielerin, deren Leben unter dem Druck dieser Lebensumstände zerbricht. Doch sie kann auch lustig. Bester Beweis dafür ist die „Kati“ in Xaver Schwarzenbergers herrlicher Weihnachtskomödie „Single Bells“ von 1998. Michael Kötz listete weitere großartige Rollen der Schauspielerin auf, etwa in Helmut Dietls makaberer Satire „Rossini“, wofür es den Deutschen Filmpreis gab.

Kötz erwähnte eine ganze Reihe von Auszeichnungen, die Martina Gedeck  im Verlauf ihrer Karriere bereits erhalten hat. Darunter der Grimme-Preis, die Goldene Kamera und auch der Bayrischen Filmpreis. Dazu gab es noch den bayrischen Verdienstorden. Anerkennend äußerte sich der Festivaldirektor auch über die Tatsache, dass  die bescheiden wirkende Schauspielerin wenig Privates in die Öffentlichkeit trägt. Immerhin wisse man, dass sie mit dem bekannten Schweizer Regisseur Markus Imboden liiert sei.

Schon als Martina Gedeck bei der Preisverleihung auf der Ludwigshafener Parkinsel vor dem Roten Teppich aus dem Auto stieg, hatte sie mit ihrer Aura, ihrem Charme und ihrem Charisma das Publikum verzaubert. Frenetischer Jubel, langer Applaus. Über 2400 Festivalgäste bereiteten der Preisträgerin für Schauspielkunst einen lautstarken und herzlichen Empfang. Sie nimmt sich Zeit und beantwortet geduldig die Fragen der Journalisten, schreibt lächelnd Autogramme und hat auch einige Worte für ihre Anhängerschar übrig.

„Es ist eine große Ehre für mich, hier auf diesem Festival zu sein und diesem Preis entgegennehmen zu dürfen“, betonte Martina Gedeck bei der Entgegennahme der Auszeichnung. Und hielt dann eine überaus beeindruckende und bewegende Dankesrede, die noch lange in den Annalen des Ludwigshafener Festivals in Erinnerung bleiben wird. „An einem Tag wie heute wird mir wieder sehr klar, was meine Verantwortung ist – den Menschen zu zeigen in all seiner Vielfalt. Zu zeigen, was das ist, Mensch zu sein“, erklärte die 56-Jährige. „Die Entstehung eines Films ist mit einer Gemeinschaft verbunden, in der man zusammenarbeitet. Mit all den Verschiedenheiten aller Beteiligten“, sagte sie. Man erlebe die Anderen und deren Anderssein. Wie auch bei der Entstehung eines Festivals bedürfe es auch im Film der unterschiedlichen Menschen, um etwas auf die Beine zu stellen. „Jeder Mensch ist anders und einzigartig“, unterstrich Martina Gedeck. In ihren Rollen könne sie den Mensch in all seiner Vielfalt darstellen. „Ich kann zeigen, wie schwierig das Menschsein ist - und wie schön“, teilte die Schauspielerin mit.

Schließlich kam sie noch auf den Film zu sprechen, der an diesem Abend bei der Preisverleihung gezeigt wurde: „Gleißendes Glück“. In dem Streifen verkörpert sie eine verzweifelte Frau, die ein tristes Eheleben führt und eines Tages das Buch eines Kybernetik-Philosophen (Ulrich Tukur) liest, diesen trifft und sich auf merkwürdige Art zu ihm hingezogen fühlt. „Sie hat das Gefühl, sie sei nichts wert und werde nicht wahrgenommen“, erläutert Gedeck diese Rolle. Der Film zeige, wie es ist, wenn man sich entfremdet und dann doch wieder zurück ins Leben findet. „Hier liegt meine Aufgabe - zu zeigen, dass es um uns geht. Es gilt, das menschliche Dasein zu begleiten“, sagte die Schauspielerin zu ihrer Rolle. Kann man diese vielen Rollen spielen, ohne sich selbst darin zu verlieren? „Ich glaube an eine gewisse Distanz“, sagt Gedeck. „Aus der Distanz bei der Arbeit entsteht viel Kreativität. Die Räume, aus denen ich schöpfe, sollen nicht jedem bekannt sein. Wenn ich spiele, ist es oft so, dass Sachen plötzlich von selber kommen. Ich sage mir dann, das fühlt sich jetzt richtig an, das mache ich jetzt.“

Beim Festival des deutschen Films werden 2017 auch wieder weitere Preise vergeben: Matthias Brandt erhält ebenfalls den Preis für Schauspielkunst, es gibt den Filmkunstpreis für dem besten Streifen des Wettbewerbs, den Medienkulturpreis oder den Ludwigshafener Drehbuchpreis. Daneben stehen Sonderveranstaltungen wie „Sinn und Sinnlichkeit - Menü mit Film“ oder „film & wein“ - eine Weinprobe mit Film. Satire, Krimi oder Doku - von allem wird etwas geboten.

Info: www fflu.de, Online-Tickets: http://tickets.fflu.de, Tel. (0621)95304401