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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Gedenkveranstaltung am 9. November in Höchst

von Ilse Romahn

(31.10.2018) Vor 80 Jahren, im Oktober 1938, erfolgten erste Deportationen, als Juden polnischer Herkunft abgeschoben wurden, die seit Jahrzehnten in Deutschland gelebt und gearbeitet hatten. Davon waren auch - wie wir wissen - Höchster Familien betroffen.

Wenige Tage später brannte die Synagoge in Höchst. Die Reichspogromnacht am 9. November 1938 leitete eine neue Stufe in der Verfolgung von deutschen Juden ein. Daran erinnert die AG Geschichte und Erinnerung mit einer Gedenkveranstaltung am 9. November 2018, 18 Uhr, am Ettinghausenplatz in Frankfurt-Höchst, dem Standort der 1938 von den Nazis zerstörten Synagoge.

Es spricht Pfr. i. R. Albert Seelbach. Die Stadträtin Elke Sautner wird die Gedenktafel am Bunker enthüllen. Die Veranstaltung musikalisch umrahmen werden Schülerinnen und Schüler der Leibnizschule, die auch ihr Projekt „Nachspüren“ vorstellen, das die Geschichte von jüdischen Schülern während der Nationalsozialistischen Herrschaft erzählt.

Es ist heute weitgehend vergessen, so die Initiative zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, dass im April 1938 die Annexion Österreichs erfolgte und damit ein Zufluchtsort für Juden verloren war. Die anderen Nachbarstaaten fürchteten einen noch größeren Zustrom jüdischer Emigranten und verschärften die Einwanderungsbedingungen.

Der Nicht-Eingriffs Pakt  der Alliierten im „Münchner Abkommen“ (August) ermöglichte Hitler den Einmarsch in die Tschechoslowakei, wo bereits viele Juden lebten. Die Tschechoslowakei war aber auch Fluchtpunkt vieler deutscher und österreichischer Juden, Intellektueller und Regimegegner.  Die Konferenz in Evian (Juli), scheinbar in guter Absicht gestartet um Erleichterungen für jüdische Flüchtlinge zu schaffen, endete in einem Desaster: Die Delegierten aus 32 Ländern beschlossen, dass sie keine Einwanderungsländer seien, weil sie Angst hatten, Rassismus bzw. Antisemitismus zu importieren. 

Diese Erfahrung führte nach 1945 zur Etablierung der Menschenrechte und des im Völkerrecht verankerten Flüchtlingsschutzes. Ein zweites „Evian“ sollte für immer verhindert werden.

Ende Juni 2018 fand ein Treffen der 28  EU-Länder statt, um Migrations-  und Asylpolitik zu beraten und eine gemeinsame Strategie zur Lösung der Probleme zu verabschieden. Das Ergebnis: Ausgrenzung, Abschreckung, Schutzverweigerung, Abwehr. 80 Jahre nach Evian scheinen die Lehren der Geschichte wieder in Vergessenheit geraten zu sein: Eine erschreckende Parallele!

Mit der Veranstaltung will die AG Geschichte und Erinnerung der Zerstörung der Synagoge vor 80 Jahren gedenken und darauf hinweisen, was heute vor unseren Augen geschieht und was wir so nicht hinnehmen dürfen.

In der Woche darauf findet die Filmvorführung „Shoah“ im Filmforum Höchst statt. Die filmische Auseinandersetzung mit dem Holocaust ist immer auch eine mit der Darstellbarkeit des nicht Darstellbaren. Zu dieser Diskussion hatte Lanzmann 1985 mit „Shoah“ einen herausragenden, radikalen und formal strengen Beitrag geleistet. Er spricht mit Zeugen des Massenmordes in den Vernichtungslagern und mit Überlebenden des Warschauer Ghettos, mit Tätern, Zuschauern und jüdischen Überlebenden der Sonderkommandos.

Lanzmann fragt nicht nach dem Warum, sondern nach dem Wie.

Der Film kommt gänzlich ohne Kommentar und Archivmaterial aus und zeigt keinen einzigen Toten. Stattdessen führt er an die Orte der Vernichtung in der Gegenwart. Mit der Aufführung wollen die Veransalter auch an Claude Lanzmann selbst erinnern, der am 5. Juli 2018 in Paris verstorben ist.

Sonntag, 11.11.18, 18.30 Uhr
In Zusammenarbeit mit der AG „Geschichte und Erinnerung“
„Shoah“ Teil 1  274 Min.
Claude Lanzmann F1974-1985
Filmforum F- Höchst, Emmerich-Josef-Str.46 a

Montag, 12.11.18, 18.30 Uhr
„Shoah“ Teil 2  293 Min.
Claude Lanzmann F 1974 - 1985
Filmforum F-Höchst, Emmerich-Josef-Str. 46 a