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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Hessen gibt Hoheitsabzeichen aus dem 2. Weltkrieg an Australien zurück

von Ilse Romahn

(25.05.2015)  Hessens Kunst- und Kulturminister Boris Rhein hat dem australischen Botschafter David Ritchie ein Mützenabzeichen der Royal Australian Air Force übergeben. Rund 70 Jahre nach dem 2. Weltkrieg hatte die hessenARCHÄOLOGIE dieses Mützenabzeichen – ein sogenanntes cap badge – bei einer Grabung nach Überresten eines abgeschossenen Weltkriegsbombers in Hungen-Steinheim bei Gießen gefunden und anschließend restauriert.

Minister Boris Rhein: „Es ist mir eine große Ehre, das Mützenabzeichen eines australischen Soldaten 70 Jahre nach Kriegsende an seine Heimat zurückzugeben. Das Schicksal des Soldaten wäre vermutlich wie tausende ähnliche Kriegsschicksale in den Archiven verborgen geblieben, hätten die Wissenschaftler der hessenArchäologie nicht dieses eigentlich unscheinbare Objekt gefunden.“

Die hessenArchäologie konnte nach Recherchen das Abzeichen der Royal Australian Airforce zweifelsfrei dem australischen Bordschützen Flight Sergeant Ernest H. Birch zuordnen. Dieser kam in der Nacht vom 30. auf den 31. März 1944 beim Absturz eines britischen Halifax-Bombers ums Leben. An Bord des Flugzeuges befand sich eine siebenköpfige Besatzung aus fünf Briten, einem Kanadier und einem Australier. Nachdem die Maschine durch mehrfachen Beschuss in Brand geraten war, gab der Pilot die Anweisung, das Flugzeug zu verlassen. Es gelang jedoch nur drei Besatzungsmitgliedern, sich mit dem Fallschirm zu retten.

Kunst- und Kulturminister Boris Rhein: „Die Archäologen haben darüber hinaus auch das Grab von Flight Sergeant Birch ausfindig gemacht. Die sterblichen Überreste sind in Hannover-Linter auf einem Soldatenfriedhof der Alliierten beigesetzt. Durch die Vermittlung der australischen Botschaft konnten wir mittlerweile Kontakt zur Schwägerin des gefallenen Soldaten aufnehmen: Sie ist die einzige noch lebende nahe Verwandte und zeigte sich sehr interessiert daran, 70 Jahre nach Kriegsende Einzelheiten von dem Flug zu erfahren, bei dem ihr Schwager verunglückte.“

Die Ergebnisse der ersten Grabung an der Steinheimer Absturzstelle sind derzeit Thema zweier Bachelorarbeiten an der University of Winchester. Von diesen erhofft sich die hessenARCHÄOLOGIE weitere Erkenntnisse zur Auswertung der Flugzeugteile und dem Absturzhergang.

„Dieses Grabungs-Projekt war nur durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit während der 2. Internationalen Sommerakademie der hessenArchäologie möglich. Neben deutschen Fachleuten und angehenden Wissenschaftlern der Universitäten Gießen und Marburg waren auch junge Menschen aus Großbritannien, den Niederlanden und Finnland beteiligt. Jeder von uns weiß, dass vor allem diese Art von Begegnungen wichtige Impulse für die Völkerverständigung leisten. Es ist schön zu sehen, dass die Enkel und Urenkel aus Ländern, die einst Krieg gegeneinander führten, heute gemeinsam die noch immer vorhandenen Spuren wissenschaftlich aufarbeiten“, so Kunst- und Kulturminister Boris Rhein abschließend.