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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Feuersturm in Frankfurt - Samstag, 18. März 1944

von Helmut Poppe

(19.03.2024) In der Nacht vom 18. auf den 19. März 1944 flogen 846 britische Bomber – 620 Lancaster, 209 Halifax, 17 Mosquito – einen Großangriff auf Frankfurt. Der Verband kam von der Kanalküste und nahm die Route via Lüttich-Trier in Richtung Rhein-Main-Gebiet.

Luftbild der Altstadt vor der Zerstörung, ca. 1942
Foto: Wikimedia - Autor/-in unbekannt
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Wegen einer parallel laufenden Minenlegeoperation der Royal Air Force in der Nordsee nördlich von Helgoland hatte die deutsche Luftverteidigung ihre Jagdeinheiten geteilt. Erst kurz vor dem Ziel konnten die deutschen Nachtjäger den Bomberstrom attackieren. Die schlechten Sichtverhältnisse erschwerten den Jagdflugzeugen die Suche. Nur 22 Bomber wurden diesmal abgeschossen.

Den britischen Pfadfindern gelang es diesmal, ihr Zielgebiet in der Innenstadt von Frankfurt präzise zu markieren. Um 21:13 Uhr heulten die Sirenen in der Stadt, und um kurz nach 21:30 Uhr fielen die ersten Bomben. Der Angriff dauerte etwa eine Stunde und traf in mehreren Wellen besonders die östliche Altstadt. Von der Alten Brücke bis zur Konstablerwache zog sich eine breite Schneise der Verwüstung. In der Fahrgasse und am Garküchenplatz wurden alle Häuser zerstört, unter anderem das Haus Fürsteneck und die Mehlwaage. Das Fischerfeldviertel und das Hospital zum Heiligen Geist waren schwer getroffen. Auch Karmeliterkloster und Paulskirche wurden von mehreren Bomben getroffen und brannten völlig aus. In der Paulskirche hatte sich zu Beginn des Angriffes ein Luftschutztrupp von etwa 30 Personen versammelt. Gegen Ende des Luftangriffes durchschlugen einige Brandbomben das Schieferdach und setzten das Gebälk des Dachfirstes in Brand. Die vier Hydranten um die Kirche gaben wegen des Druckabfalls in den Wasserleitungen kein Wasser ab. Die vorhandenen Schläuche reichten nicht aus, um Wasser von den Löschwasserteichen am Römerberg herbeizuführen, zudem fehlte es an Pumpen. Die Berufsfeuerwehr hatte Befehl, die vorhandene Ausrüstung vornehmlich zum Schutz von Industrieanlagen einzusetzen. So fraß sich der Brand durch das Gebälk. Erst nach mehr als einer Stunde gelang es, eine kleine transportable Feuerspritze in Stellung zu bringen, doch reichte die geringe Wassermenge nicht, den Brand unter Kontrolle zu bringen.

„Und dann plötzlich ein dumpfer, nie gehörter, jedes andere Geräusch verschlingender Schlag. Es ist, als ob die Erde birst. Die noch brennenden Teile des Daches stürzen, wie oben abgesprengt, in die Kirche hinein, schlagen die auf Säulen ruhende Empore mit ihren 1200 Sitzplätzen herunter, die brodelnde, glühende Masse begräbt das Kirchenschiff unter sich, drückt die Asbestwände zum Turm wie Pappdeckel ein, und setzt nun auch das Innere des Turmes in Flammen. Wie in einem ungeheuren Kessel kracht und platzt und kreischt es in den Ohren der vor Entsetzen stummen Mannschaft der Schutztrupps, der sich draußen in Ecken und Winkeln der Rathausmauern zusammendrückt. Wie eine Riesenfackel steht die Feuerlohe über der Stadt und greift in den blutroten Himmel hinauf.“
Gegen Ende des Angriffes verstreute sich der Bomberstrom. Ein Teil der Bomben fiel auch in westlichen Stadtvierteln, so beispielsweise auf Rödelheim, Niederrad, das Gutleutviertel und die Farbwerke Hoechst. Nach dem Kriegstagebuch der Royal Air Force fiel es den hinteren Wellen in großen Verbänden meist schwerer, die Formation zu halten, zumal unerfahrene Besatzungen üblicherweise der letzten Angriffswelle zugeordnet wurden.

In dieser Nacht starben in der Stadt 421 Menschen, 55.000 wurden obdachlos. 7000 Wohngebäude waren zerstört. Obwohl die Feuerwehren und weitere freiwillige Helfer aus Darmstadt, Wetzlar, Hofheim, Großauheim und anderen Orten des Rhein-Main-Gebietes zur Hilfe eilten, konnten sie gegen die Großbrände nichts ausrichten. (Text wiki)