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Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

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Ein Abend der ganz großen Gefühle

Der Filmkomponist Enrico gastierte in Mannheim

von von Michael Hörakens

(20.03.2017) Am Ende gab es Standing Ovations für einen ganz Großen seiner Zunft. In der Mannheimer SAP-Arena feierten 6000 begeisterte Besucher Ennio Morricone, der mit seinen zahlreichen Filmmelodien Geschichte geschrieben hat. Auf seiner Abschiedstournee „60 Years of Music“ eroberte der inzwischen 88-jährige Komponist und Dirigent zusammen mit dem Tschechischen Nationalen Sinfonieorchester und dem Münchener Universitätschor noch einmal die Herzen des Publikums mit einem bunten Querschnitt seinen künstlerischen Schaffens. Es war ein Abend der großen Gefühle.

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Foto: Semmel Concerts
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Foto: Semmel Concerts
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Es ist der spannendste und legendärste Showdown der Westernfilme:  Im Kult-Streifen „Spiel mir das Lied vom Tod“ trifft Killer Frank am Ende auf den Rächer, der ihn schon lange verfolgt hat. Die Duell-Szene mit Henry Fonda und Charles Bronson wird untermalt mit einer  unglaublich eindrucksvollen Musik, die dem cineastischen Klassiker durch die akustische Dramaturgie den Auftakt zu einem großen Finale bietet. Die Filmmusik dieses Kinohits aus den späten 60er Jahren stand selbstverständlich auch in Mannheim auf dem Programm und bildete den Höhepunkt eines wunderbaren, emotionalen Abends.

Mit faszinierender Präzision interpretierte das Tschechische Nationale Sinfonieorchester den „Jill’s Theme“, den gefühlvollsten Song aus Sergio Leones Edel-Western. Stimmkräftig zeigte sich dabei die Sopranistin Susanna Rigacci, die auch beim flott-dramatischen Stück „The Ecstasy of Gold“ aus dem Leone-Streifen „The Good, the Bad and the Ugly“ glänzte. Neben den Western-Melodien gab es in der SAP-Arena weitere Beispiele aus der Zusammenarbeit Morricones mit dem italienischen Regisseur, etwa dem zarten „Deborah’s Theme“ aus dem Gangster-Drama „Es war einmal in Amerika“.

Überaus gefühlsintensiv kamen zwei Lieder aus dem Kinofilm „Das rote Zelt“ rüber: „Do Dreams go on“ verzauberte dabei ebenso wie das Stück „Others, wo will follow us“. Da schmiegten sich so einige Pärchen in der SAP-Arena eng aneinander. Am Ende wurde es noch sehr voluminös, als beim mächtigen Finale Ennio Morricone das tschechische Orchester und den Universitätschor mit dem Titel „On Earth as it is on Heaven“ aus dem Streifen „The Mission“ zur Höchstleitung trieb. Nach drei Zugaben durfte der Maestro dann schließlich seinen verdienten Feierabend antreten.

Morricone hat zu über 500 Filmen den Soundtrack geschrieben und dabei mit vielen Top-Regisseuren zusammengearbeitet, neben Sergio Leone auch mit Pier Paolo Pasolini, Brian De Palma, Roman Polanski, Oliver Stone und auch Margarethe von Trotta befindet sich darunter. Seine ersten konzertanten Werke schrieb er Ende der 1950er-Jahre, als Filmkomponist trat Ennio Morricone zum ersten Mal 1961 für den Film Il Federale von Luciano Salce in Erscheinung. Schon kurze Zeit später erlangte er Weltruhm mit den Western von Sergio Leone: „Für eine Handvoll Dollar“ (1964), „Für ein paar Dollar mehr“ (1965) sowie  „Zwei glorreiche Halunken“ (1966) -  allesamt mit Clint Eastwood in der Hauptrolle - oder eben Spiel mir das Lied vom Tod  (1968).

Im Laufe seiner langen Karriere hat Ennio Morricone schon zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Für den Soundtrack zu Quentin Tarantinos „The Hateful 8“ erhielt der Maestro  im Februar 2016 den Oscar in der Kategorie „Bester Soundtrack“. Neben dem Ehren-Oscar im Jahr 2007 und dem Goldenen Löwen gewann er unter anderem drei Golden Globes, einen Grammy und European Film Award. Zudem wurde er fünffach für den Oscar nominiert. Und der Soundtrack zu „Zwei glorreiche Halunken“ (The good, the bad and the ugly) wurde 2009 in die Grammy Hall of Fame aufgenommen. Quentin Tarantino griff in einigen Filmen auf Morricones Musik zurück, wie etwa in „Inglourious Basterds“ (2009) oder „Django Unchained“ (2012).

Ennio Morricone blieb auch in den letzten Jahren trotz seines hohen Alters nicht untätig, entfaltete weiterhin seine musikalische Kreativität. So komponierte er das Werk  „Voices from the Silence“, das am 6. Februar 2014 vom Chicago Symphony Orchestra unter dem Dirigenten Riccardo Muti aufgeführt wurde. Morricone hat diese Kantate im Gedenken an die Opfer des 11. September 2001 geschrieben. Und am 12. Juni 2015 dirigierte Ennio Morricone eine Messe zu Ehren von Papst Franziskus. Angefragt hatte ihn hierfür der Jesuitenorden – zum 200-jährigen Jubiläum der Wiederzulassung des Ordens in Rom. Nun ging er letztmals auf  Tournee, konzertierte nach der Premiere in Prag noch in Zürich, Wien, München und nun auch   in Mannheim. Die Besucher der SAP-Arena werden den Abend in bleibender Erinnerung behalten.

Morricones Tour „60 Years of Music“  gehört zur exklusiven „Sound of Hollywood“-Reihe des Konzertveranstalters Semmel Concerts. Diese startet im Frühjahr mit Tourneen der Filmkomponisten James Newton Howard, John Williams und Hans Zimmer.