Das Online-Gesellschaftsmagazin aus Frankfurt am Main

Letzte Aktualisierung: 26.04.2024

Werbung
Werbung

„Chaostage in Südamerika“

Häusling: EU muss Mercosur-Verhandlungen sofort stoppen!

von Norbert Dörholt

(13.09.2018) Vor dem Hintergrund der desolaten Lage in Brasilien und Argentinien müssen die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten sofort beendet werden, verlangt der Wilesbadener EU-Abgeordnete Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Fraktion Die Grünen/EFA im Europaparlament und Mitglied des Umweltausschusses. Die politische Situation in Südamerika lasse nichts anders zu.

Der Wiesbadener EU-Abgeordnete Martin Häusling ärgert sich über die Art und Weise, wie die EU mit dem Wirtschaftsblock Mercosur verhandelt.
Foto: Pressestelle EU-Parlament
***

„Es ist unfassbar, dass in diesen Tagen in der uruguayischen Hauptstadt Montevideo die EU mit den vier Staaten des Wirtschaftsblocks Mercosur (Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay) offensichtlich abschließend über ein Freihandelsabkommen verhandelt. Wieder ohne Transparenz, wieder, ohne dass nennenswerte Details an die Öffentlichkeit dringen. Warum wird hier im Geheimen über Dinge gesprochen, die Millionen von Menschen dies- und jenseits des Atlantiks unmittelbar betreffen?“, kritisiert Häusling.

Es dränge sich der Verdacht auf, dass unter dem Druck der europäischen Automobilindustrie die teilweise völlig desolate Lage Südamerikas ausgenutzt werden solle, um rasch ein profitables Geschäft abzuschließen, wenn die Zollschranken fielen.

Häusling: „Wie kann man mit einem Land ernsthaft verhandeln, das – wie Argentinien – wirtschaftlich am Abgrund steht, das nur durch Akuthilfen des IWF überlebt, in dem eine überbordende Inflation herrscht und der Leitzins bei 60 Prozent steht? Wie kann man mit einem Land verhandeln, in dem, wie in Brasilien, mit Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva der erfolgreichste Bewerber für das Präsidentenamt unter zweifelhaften Umständen von der Justiz aus dem Verkehr gezogen wurde? Und in dem mit Jair Bolsonaro nun womöglich ein rechtsextremer Ex-Militär an die Macht kommt? Ich meine: Das geht auf gar keinen Fall!“

Das Mindeste sei, dass diese Verhandlungen sofort abgebrochen und vertagt würden. Man könne mit Ländern, in denen das politische und wirtschaftliche Chaos herrsche, nicht ernsthaft über ein Abkommen verhandeln. Ein Abkommen, bei dem nach wie vor erhebliche Differenzen bestünden – etwa bei Rindfleisch- und Zuckerimporten, die gerade für europäische Bauern von großen Nachteilen begleitet sein würden, sowie bei Autoimporten. So hätten die Mercosur-Staaten um eine 15-jährige Übergangsfrist für Importe von Autos und Fahrzeugteilen aus der EU gebeten, um die eigene Industrie noch zu schützen. Es entstehe der Verdacht, dass genau diese Fragen mitten im Chaos entschieden werden sollen, und zwar mit Staaten, die alles andere als handlungsfähig seien.