Letzte Aktualisierung: 04.10.2024
Wundversorgung bei kleinen Alltagsverletzungen
von Ilse Romahn
(23.09.2024) Wenn Kinder draußen spielen oder einen Ausflug machen, kann es schnell zu oberflächlichen Schürf- oder Schnittwunden kommen. Für eine rasche Heilung reicht es im Regelfall aus, wenn Eltern die Wunde reinigen und mit einer geeigneten Wundauflage abdecken. Schürfwunden sollten nach der Reinigung zusätzlich desinfiziert werden. Das Vorurteil, dass Wunden trocken verheilen sollten, gilt als widerlegt, weshalb es heutzutage eine Vielzahl an Materialien zur feuchten Wundbehandlung gibt.
Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen, erklärt: „Oberstes Ziel bei der Versorgung akuter Verletzungen ist, Infektionen zu vermeiden und für eine optimale Wundheilung zu sorgen.“ In der Apotheke vor Ort erhält man wertvolle Tipps rund um die Wundbehandlung und zur Auswahl geeigneter Materialien für die Haus- oder Reiseapotheke.
Reinigen und Fremdkörper entfernen
Was genau bei der Erstversorgung zu tun ist, hängt von der Art der Wunde ab. Saubere, glatte Schnittwunden bluten oft stark und reinigen sich damit selbst von Keimen. Schürfwunden hingegen sind zwar meistens größer, bluten aber nur schwach, sodass die Gefahr einer Infektion höher ist. Als erstes sollte sich die behandelnde Person gründlich die Hände waschen und im Idealfall Einmalhandschuhe anziehen. Anschließend kann die Wunde mit einer Wundspüllösung oder Wundreinigungsspray ausgespült werden. Dann sollten Fremdkörper wie Steinchen oder Glassplitter mit einer Pinzette entfernt werden. Wichtig ist, die Wunde nicht anzufassen, um keine Keime oder weiteren Fremdkörper einzutragen.
Schürfwunden desinfizieren
Handelt es sich um eine Schürfwunde, sollte diese desinfiziert werden. Am besten geeignet sind Antiseptika mit den farblosen Wirkstoffen Octenidin und Polihexanid. Eltern sollten die Wunde vollständig benetzen und auf eine ausreichende Einwirkzeit achten. Gute Desinfektionsmittel besitzen ein breites Wirkspektrum, werden nicht durch Blut oder Eiweiß inaktiviert, hemmen nicht die Heilung, ermöglichen eine schmerzlose Anwendung, haben ein geringes Allergierisiko und schädigen nicht das Gewebe. Tiefe und große Wunden sollten am besten fachmännisch versorgt werden.
Wunden heilen am besten „feucht“
Noch immer ist die Meinung weit verbreitet, dass man Wunden am besten an der frischen Luft trocknen und heilen lassen sollte. Das ist mittlerweile überholt! Stattdessen geht man davon aus, dass offene Verletzungen optimal in einem feuchten Wundklima verheilen. Die Apotheke vor Ort bietet Eltern eine breite Auswahl an sogenannten hydroaktiven Wundauflagen, die Hydrokolloide, Hydrogele, Alginate oder Polyurethangel enthalten. Die Pflaster und Gele schützen die Wunde nach außen vor Erregern und halten sie feucht. So herrschen ideale Bedingungen für einen schnellen Wundverschluss ohne Komplikationen. Es entsteht kein Schorf, der jucken, die Bewegungsfreiheit einschränken und durch Verkleben für schmerzhafte Pflasterwechsel sorgen könnte. Ein weiterer Vorteil ist das geringere Risiko von Narben. Feuchte Wundauflagen dürfen nicht auf infizierten Wunden angewendet werden. Infizierte Wunden sollten immer dem Haus- beziehungsweise Kinderarzt gezeigt werden.
Trockene Wundversorgung für Alltagsverletzungen
Auch die trockene Wundbehandlung hat ihre Berechtigung, wenn es um die Erstversorgung kleiner Alltagsverletzungen geht. Pflaster und Kompressen decken die Wunde ab, schützen vor Keimen und versehentlicher Berührung und saugen Blut sowie Wundsekret auf. Durch die Trocknung entsteht allerdings Wundschorf, der die Heilung hemmt und mit der Wundauflage verkleben kann. Gerade bei Kindern ist der Wechsel oft mit Schmerzen verbunden. Pflaster sind sowohl als unsterile Meterware zum Abschneiden als auch einzeln verpackt und steril erhältlich. Beide Varianten gibt es in zahlreichen Spezialformaten, je nach Bedarf zum Beispiel für Fingerkuppen und -gelenke, wasserfest oder mit kindgerechten Motiven. Kompressen für die Wundversorgung sollten steril sein und bestehen im Regelfall aus Verbandmull oder Vlies mit Zellstoffkern. Nach dem Aufbringen werden sie mit einer Mullbinde fixiert.
Niemals Fettcreme auf frische Wunden
Eine weitere Alternative zur Behandlung von oberflächlichen Schürf- und Schnittwunden sind Sprühpflaster. Diese bilden einen flexiblen, durchsichtigen, wasserfesten und atmungsaktiven Film über der Wunde, der sich nach einigen Tagen auflöst. Sprühpflaster eignen sich vor allem für schwer erreichbare oder häufig bewegte Stellen, haben aber nicht die polsternde Wirkung einer Wundauflage. Die Sprays sollten nicht im Gesicht und keinesfalls in der Nähe von Augen und anderen Schleimhäuten verwendet werden sowie bei Wunden, die noch bluten, nässen oder infiziert sind. Fettreiche Salben sind für frische, akute Wunden ungeeignet. Unter der Salbe könnten sich feuchte Kammern bilden und eine Infektion fördern.
Impfstatus prüfen und bei Infektion zum Arzt gehen
Auch in Hinblick auf kleine Alltagsverletzungen sollten Eltern regelmäßig den Impfstatus ihrer Kinder prüfen. Eine bakterielle Infektion mit Tetanus ist bereits über kleinste Wunden möglich und führt zu starken Muskelkrämpfen. Die Tetanusimpfung sollte alle zehn Jahre aufgefrischt werden. Darüber hinaus sollten Eltern nur eine sterile Kompresse auflegen und mit dem Kind zum Arzt gehen, wenn die Wunde stark blutet, eine Schnittwunde tief oder mehr als einen Zentimeter groß ist, Fremdkörper fest in der Wunde stecken und falls es zu Bewegungs- oder Empfindungsstörungen kommt. Dies gilt auch im Falle einer Infektion. Typische Anzeichen sind eine Schwellung, Rötung, Überwärmung, Wundschmerz sowie Fieber. Schürfwunden in der Nähe der Augen sollten ebenfalls von einem Arzt behandelt werden. Leidet das Kind an Diabetes, ist der Gang zum Arzt bei einer Verletzung in jedem Fall notwendig.