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Letzte Aktualisierung: 14.01.2025

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Wo de Woi ins Dubbeglas laaft

Informatives Büchlein über den pfälzischen Dialekt

von Michael Hoerskens

(23.12.2024) Von Hamburg bis München, von Dresden bis Köln. In deutschen Landen wird vielerorts eine spezielle Regionalsprache gepflegt. Der Duden-Verlag hat in einer Buch-Reihe die verschiedensten Dialekte unter die Lupe genommen. Michael Landgraf hat sich mit viel Herzblut das Pfälzische ausgesucht.

Ein Dialekt mit mehreren Varianten
Foto: Duden
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„Uffbasse!“. So beginnt die Einleitung seines überaus informativen und amüsanten Werkes. Uffbasse – das ist das pfälzische Wort für Aufgepasst!, berichtet der Autor. In der Folge bekommt der Leser wichtige Fakten über die Sprachformen in dem südwestdeutschen Landstrich. Und vieles mehr.

Zunächst einmal klärt Landgraf darüber auf, dass es mehreren Varianten des pfälzischen Dialektes gibt. Als da wären: Ost- und Kurpfälzisch, Süd-, Südwest- und Nordpfälzisch sowie West- und Saarpfälzisch. Der Sprachraum reicht weit über die Grenzen der heutigen Pfalz hinaus. Als Kernland gilt die Region zwischen Rhein und dem Saarland, zwischen dem Donnersberg im Norden und dem Elsass in Süden. Doch auch die rechtsrheinische Kurpfalz, die seit 1803 Baden einverleibt wurde, gehört dazu. Dennoch spricht man in Mannheim oder Heidelberg nicht badisch, sondern immer noch aus Überzeugung (kur)pfälzisch. Hinzu kommen Gebiete in Rheinhessen und der Saarpfalz, darüber hinaus Regionen im heutigen Baden-Württemberg, Hessen und Bayern.

Nicht nur das: Auch weltweit wird noch pfälzisch gebabbelt. Beispielsweise im US-Staat Pennsylvania. Rund um die Stadt Germantown bei Philadelphia wird der Dialekt heute noch gepflegt. Das Auswandererpfälzisch wurde als Pennsilfaanisch Deitsch (im Englischen Pennsylvania Dutch) bezeichnet. Siedlungsgebiete ausgewanderter Pfälzer lagen einst in Ungarn, Rumänien und der Ukraine. So gab es bei Odessa Orte mit den Namen Speier, Landau und Kandel. Rund um die heutige ukrainische Stadt Lemberg wurde früher in über 100 Ortschaften pfälzisch gesprochen. Pfälzische Sprachinseln gab es darüber hinaus an der Wolga.

Das Pfälzische, ein rheinfränkischer Dialekt, hat vielerlei Wurzeln, wird in dem Büchlein geschildert. Es entstand aus dem Alt- und Mittelhochdeutschen, bekam Einflüsse aus dem Lateinischen und Jiddischen. So entstammt das „lamentieren“ dem lateinischen „lamentare = jammern. Man „dischbediert“ im Pfälzischen, was auf das „disputare = diskutieren“ zurückgeht. Und die Kelter im Weinbau hat man von der Römern übernommen, die den Wein in die Pfalz brachten. Caltare bedeutete treten, stampfen. Aus dem Jiddischen kommen  Worte wie Zores ( Streit, Unglück), Kaff (von kefar, das Dorf) oder Tacheles(jiddisch tachles = Zweck, Ziel)

Auch aus dem Französischen hat man Worte übernommen. Wobei die Pfälzer sich nicht gerne an die französischen Gäste erinnern. So vergisst der Autor nicht zu erwähnen, dass im pfälzischen Erbfolgekrieg der französische König Ludwig XIV. ab 1688 die Pfalz systematisch zerstören ließ und Napoleon von 1797 und 1814 die gesamte linksrheinische Pfalz dem französischen Staat eingliederte. Auch als rigorose Besatzungsmacht nach den beiden Weltkriegen haben sich unsere gallischen Nachbarn wenig Freunde in der Pfalz gemacht, die übrigens von 1816 bis 1945 zum Bayern gehörte. Geblieben sind rudimentäre Anleihen an die französische Sprache, etwa dass es „bressiert“ (von „presser“ = eilen) man ist „malaad“ (malade = krank) Oder man sitzt auf dem Schesslong (chaise longue = langer Stuhl oder Sofa).

Viele Redewendungen und Ausdrücke prägen den pfälzischen Dialekt. „Kummgefort“ heißt nicht, dann man jemanden wegschicken will, sondern bedeutet etwa „Das ist ja kaum zu glauben!“ oder „Das hört sich ja prima an“. Es kommt dabei auf den Tonfall an. Wortverschmelzungen sind auch Begriffe wie „Eibassemoluff“ (Ein pass mal auf) oder Guggemoldoo (Schau mal da). „Und „Kommerlosse“ ist ein großes Lob. Mit „Unn wie?“ meint der Pfälzer „Wie geht es Dir?“ „Alla Hopp“ bedeutet „Also gut, gehen wir mal weiter. Bis bald wieder einmal“.

Anders ist hier „annerschd“, „onnerschd“, „annerschda“ bzw. „onnerschder“. Redde, babble oder schlawwere wiederum sind Ausdrücke für die mündliche Kommunikation. Die Kirche heißt in der Pfalz Kerch oder Kärch, das Kreuz ist ein Kreiz, die Mäuse sind Mais, das Schwein wird zur Wutz oder Sau. Und der Wein wird Wai oder Wei genannt. Eine Birne ist „e Beer“, der Pfirsich wird zum Persching (und hat nichts mit Raketen zu tun).

Es gibt aber regionale Unterschiede des Dialekts, erfahren die Leser. Etwa beim häufig gebrauchten Verb „haben“. In der Ost- und Kurpfalz sowie im Südwestpfälzischen heißt es „Ich habb“, westpfälzisch „Ich hann“, nordpfälzisch „Ich hunn“ und mancherorts auch „Ich hänn“. Mit der Grammatik ist das auch so eine Sache. Personal- und Relativpronomen oder auch Präpositionen folgen im Pfälzischen etwas anderen Regeln. Ich fahre nach Kaiserslautern heißt auf Pfälzisch „Ich fahr uff Lautre. Er ist kleiner als der andere lautet hier korrekt „Der is kläner wie de annere“. Der Genitiv ist weitgehend unbekannt. Vater’s Auto ist hier „dem Vadder soi Audo“,ein Glas des besten Weines ist in der Pfalz „ä Glas vum beschde Woi“. Für besonders Durstige läuft die Schorle in das typische Halbliter-"Dubbeglas". Wobei der Autor betont, dass ein Schoppen in der Pfalz, anders als in anderen Bundesländern, 0,5 Liter Inhalt hat. Und keinesfalls weniger.

Sehr hilfreich ist im Anhang des Dialektbüchleins ein „Pfälzisches Abc“, welches als „Babbelgrundlaach“ über viel verwendete Wörter klare Auskunft gibt.

 

Michael Landgraf: Pfälzisch – Alla Hopp un Uffbasse. Duden-Verlag,ISBN 978-3-411-75687-2, 14 Euro.