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Letzte Aktualisierung: 02.10.2024

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Wissenstransfer in Coronazeiten essenziell

1000 Teilnehmer bei Tagung der NeuroIntensivmediziner

von Kerstin Aldenhoff

(17.03.2021) Die ANIM 2021, die Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin, hat sich in den letzten Jahren als eine der bedeutendsten neurologisch-neurochirurgischen Tagungen im deutschsprachigen Raum etabliert. Auch die diesjährige Tagung vom 21. bis 23. Januar ging mit knapp 1.000 Teilnehmern wie Ärzten, Wissenschaftlenr, Pflegekräften und Therapeuten mit neuen und vertiefenden Erkenntnissen erfolgreich über den Bildschirm.

Bildergalerie
Über den Unterschied von Leitlinie und Standard sprach Prof. Dr. Georg Gahn
Foto: Conventus/K.Aldenhoff
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Prof. Dr. Oliver Sakowitz lädt zur ANIM 2022 nach Ludwigsburg
Foto: Conventus/K.Aldenhoff
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Sie nutzten das vielfältige Kongressprogramm für ein weitreichendes, diesmal digitales Update der NeuroIntensivmedizin, Neurologie und Neurochirurgie. Kongresspräsident Prof. Dr. med. Eberhard Uhl, Gießen, zeigte sich zufrieden mit der 38. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für NeuroIntensiv- und Notfallmedizin (DGNI) und der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) mit 55 Sitzungen, 196 wissenschaftlichen Vorträgen, 21 Vorträgen der Pflegesitzungen und 48 Postern.

Die ANIM, die es in sich hat, bot den Teilnehmern nun auch digital eine Plattform, auf der die neuesten wissenschaftlichen Fragestellungen und Ergebnisse präsentiert, kontrovers diskutiert und interdisziplinär erarbeitet wurden. Das Interesse an den breit gefächerten Tagungsthemen war groß, die wissenschaftlichen Sitzungen gut besucht – vom „Akutmanagement von Anfällen in Rettungsstelle und Intensivmedizin” über „Alternative Prophylaxe und Therapie von Vasospasmen bei der Subarachnoidalblutung“ bis hin zur hochaktuellen Session „COVID-19: Neurologische Intensiv- und Notfallmedizin“ mit den Vorträgen „Neuro-COVID akut: Pathophysiologie, infektiologische und inflammatorische Manifestationen“ von Prof. Dr. med. Julian Bösel, Kassel, „Neuro-COVID akut: Zerebrovaskuläre Manifestationen und Schlaganfallversorgung“ von Prof. Dr. med. Götz Thomalla, Hamburg, und „Neuro-COVID chronisch: Langzeitfolgen für die Neurologische (Früh)Rehabilitation“ von Prof. Dr. med. Andreas Bender, Burgau.

Neben den aktuellen Herausforderungen der Corona-Pandemie ging es um ein breites Spektrum an Themen aus dem neurointensivmedizinischen Bereich der wichtigsten Krankheitsbilder, von der präklinischen Notfallversorgung bis hin zu den ersten Rehabilitationsmaßnahmen. Wichtige Tagungsschwerpunkte waren unter anderem das interdisziplinäre Management des zerebellären Notfalls, die minimalinvasive Therapie intrazerebraler Blutungen sowie die Primärversorgung des Schädel-Hirn-Traumas – Themen, die auch aufgrund der demographischen Entwicklung in Deutschland in den nächsten Jahren von zunehmender Bedeutung sein werden. Außerdem wurde eine Verbesserung der Strukturen in der NeuroIntensiv- und Notfallmedizin und die Neuro-Notfallmedizin in der Zentralen Notaufnahme zur Diskussion gestellt.

Neue Erkenntnisse gab es zum Beispiel in Sitzungen zum zerebellären Notfall unter Leitung von Prof. Dr. Julian Bösel, Kassel, und Prof. Dr. Hagen Huttner, Erlangen, sowie zum Schädel-Hirn-Trauma im demographischen Wandel. Inwiefern das SHT von der Ausnahme zum Regelfall wird, beschrieb Dr. med. Alexander Younsi, Heidelberg, angesichts des seit Jahren steigenden Anteils von Älteren in der Bevölkerung.

Bei den über 65-Jährigen SHT-Patienten ist eine deutliche Zunahme zu verzeichnen. Auch die Ursachen haben sich gewandelt. Stellte noch vor 30 Jahren der Verkehrsunfall die häufigste Ursache für ein Schädel-Hirn-Trauma mit tödlichen Folgen dar, sind es heute überwiegend häusliche Stürze, die zu Verletzungen führen. Zugleich bringe die Behandlung beim älteren oder gebrechlichen, häufig vorerkrankten Patienten neue Herausforderungen mit sich. Die Einnahme von Blutverdünnern erhöhe die Inzidenz für Blutungen und so auch bei leichten SHT das Risiko, zu versterben. Vorerkrankungen verschlechtern das Behandlungsergebnis und machten häufiger erneute Eingriffe binnen 30 Tagen notwendig. Fazit: Beim älteren Patienten müsse die Behandlung angepasst werden.

Dr. med. Nicole Terpolilli, München, ging in ihrem Beitrag auf die eingeschränkte Aussagekraft von Prognosescores und auf pathophysiologische Faktoren ein, die die Wirksamkeit etablierter Behandlungsstrategien vermindern. Generell hätten ältere Patienten ein schlechteres Outcome auch bei „leichtem“ SHT, müssten länger im Krankenhaus behandelt werden, verkrafteten aggressive wie invasive Therapien schlechter als junge und erhielten seltener eine Neurorehabilitation. Dass Studien Patienten älter als 60 oder 65 Jahre nicht mehr einschließen, verstärke die Herausforderung der Behandlungsstrategie: Es fehle an Daten, auf die man sich stützen könnte. Damit das schlechte Outcome nicht zur selbsterfüllenden Prophezeiung wird, bedürfe es unter anderem einer individualisierten Prognose-Einschätzung, einer zügigen Diagnostik, aber auch einer besseren Berücksichtigung älterer Patienten in künftigen Studien.

Wenn Ärzte Fehler machen – Fehlerkultur

Ein weiteres Kongress-Highlight war das wissenschaftliche Symposium „Fehlerkultur“ unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Georg Gahn, Karlsruhe, und Prof. Dr. Wolfgang Müllges, Würzburg.

Wer etwas über den bedeutungsvollen Unterschied von Leitlinie und Standard erfahren wollte, wurde in Prof. Gahns Vortrag „Über das Unselige der S1-Leitlinien“ rundum informiert. Stellten Leitlinien eine fachliche Hilfestellung für Ärzte ohne Rechtsverbindlichkeit dar, so repräsentiere der Standard den jeweiligen Erkenntnisstand und den Stand der ärztlichen Erfahrung, um das Behandlungsziel zu erreichen. Komme es jedoch zu einem Arzthaftungsprozess, so erfordere die Feststellung des medizinischen Standards mehr als den einfachen Vergleich einer Behandlung mit den Vorgaben der Leitlinie.

Eindrucksvoll war das Fallbeispiel eines Patienten, der nach Leitlinie als Schlaganfallpatient eingeschätzt und auf einer Stroke Unit hätte überwacht werden müssen, aufgrund fehlender Kapazitäten aber nicht aufgenommen wurde und so ein schwerer Schlaganfall auf einer neurologischen Normalstation einen schicksalhaften Verlauf nahm.

Schon der Titel von Prof. Müllges Präsentation „Wie kann man das Unterlassen einer Reanimation begründen?“ zeigte die Tragweite von Lebensentscheidungen, die dem jeweiligen Patienten angepasst und in großer ärztlicher Verantwortung zu fällen sind. Mit der demographischen Entwicklung stiegen auch die Fälle, bei denen sich Reanimationen an der ethischen Grenze auseinandersetzen müsse. Welche Fallstricke rund um die Reanimation lauern, weshalb auch der Patientenwille ärztliche Entscheidungen nicht in allen Fällen erleichtert und wie ungenau die Kriterien für den Bereich einer Do-not-resuscitate (DNR)-Anordnung, einer sogenannten DNR-Order sind, verdeutlichte der eindrucksvolle Vortrag. Dass bei Schwerstkranken nicht alle technischen Möglichkeiten angewendet werden müssen, ist das Plädoyer von erfahrenen NeuroIntensivmedizinern.

Das Interesse an den Ausführungen von Dr. Christiane Simmler, Vorsitzende Richterin am Kammergericht Berlin, war groß. Ihr Vortrag „Was kann eine Beweislastumkehr bewirken, und wann haftet ein Krankenhausarzt persönlich?“ zeigte die Brisanz des Themas und auch den schmalen Grat, auf dem sich Mediziner im Allgemeinen und NeuroIntensivärzte im Besonderen oft bewegen.

Wenn ein Patient wegen eines möglichen Behandlungsfehlers klagt, muss er beweisen, dass die falsche Diagnose oder Therapie die Ursache für seinen eingetretenen Gesundheitsschaden ist und damit das Verschulden des Arztes. Bei fehlenden Dokumentationen wird es schwierig, bei einem nachgewiesenen „groben Behandlungsfehler“ kann es zu einer Beweislastumkehr kommen. Das bedeutet im Arzthaftungsrecht, dass nicht mehr der klagende Patient den ursächlichen Zusammenhang zwischen Behandlungsfehler und Gesundheitsschädigung beweisen muss, sondern umgekehrt der beklagte Arzt den Gegenbeweis zu erbringen hat, dass auch eine richtige Behandlung den Schaden nicht hätte abwenden können.

In der Sitzung „Begutachterszenarien in der NeuroIntensivmedizin“ wurden von Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Andreas Ferbert, Kassel, häufige Haftpflichtfragen beim Schlaganfall zu Differentialdiagnose und -therapie vorgestellt. Zahlreiche, vor Gericht verhandelte Behandlungsfehler waren zum Beispiel: spontane SAB wird übersehen, in der Prähospitalphase wird ASS appliziert, es wird keine Lyse durchgeführt, die Lyse wird zu spät durchgeführt, der Patient kam zu spät für eine Thrombektomie ins Zentrum, Sturz aus dem Bett nach Schlaganfall, Rezidivschlaganfall nach Lyse.

Eine Gutachter-Bewertung gestaltet sich schwierig, wenn zum Beispiel eine Lyse nicht durchgeführt wird, weil in der ZNA aufgrund von Fehlinterpretation von Symptomen keine Schlaganfall-Diagnose gestellt wurde. Wenn der aufnehmende Internist keinen Neurologen hinzuzieht, kann das als fehlerhaft gewertet werden. Fazit: Neurologen sollten häufiger in der Notaufnahme hinzugezogen werden.

Prof. Dr. med. Matthias Zumkeller, Hannover, berichtete über „Neurochirurgische Haftpflichtfragen zur Versorgung des SHT“ und Prof. Dr. med. Hans-Christian Hansen, Hannover, stellte Gutachterfragen nach hypoxischer Hirnschädigung vor.

Der „Teledoktor“ – Präklinische Versorgung von Patienten mit SHT und Polytrauma

Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. med. Oliver W. Sakowitz, Ludwigsburg, und Prof. Dr. med. Andreas Unterberg, Heidelberg, wurde ein eigenes Symposium zum Einsatz eines sogenannten „Teledoktors“ durchgeführt. Der Beitrag von Dr. med. Jan Purrucker, Heidelberg, über die fernmedizinische Einbindung von Rettungsmitteln in der akutmedizinischen Versorgung bot einen spannenden Blick in eine vielleicht nicht allzu ferne Zukunft. Der Einsatz eines Telenotarztes (TNA), eventuell auch die präklinische Einbindung eines Telefacharztes könne und solle den Notarzt nicht ersetzen, sondern sinnvoll ergänzen. Vor dem Hintergrund der drastisch gestiegenen Zahl von Notfallereignissen in den vergangenen zehn Jahren und zugleich einem Rückgang des Anteils der arztbesetzten Rettungseinsätze wurde ein Telenotarztkonzept entwickelt, welches derzeit schon in einigen Modellregionen in Bayern, in der Region Aachen oder in Mecklenburg-Vorpommern getestet wird.

Vorteile des Konzepts sind die hohe Verfügbarkeit von Fachärzten auch parallel, dezentral und überregional. Inwiefern der Arzt am fernen Bildschirm auch für SHT und Polytrauma eingesetzt werden kann, bleibt die Frage, wenn Manpower, diagnostische Skills und Notfalltechniken am Einsatzort dadurch fehlen, dass der Notarzt nicht mit vor Ort ist. Andererseits könne der Telenotarzt Zeit überbrücken, wenn der Notarzt nicht zeitgleich mit dem RTW eintreffe. Auch konsiliarisch könne der TNA den Kollegen vor Ort unterstützen und die Verfügbarkeit der „Ressource Notarzt“ erhöht werden – bei jenen Einsätzen, bei denen er auch wirklich gebraucht wird.

„Hot Topics“ und Austausch mit verwandten Fachgesellschaften

Zu den „Hot Topics“ im Pflegeprogramm gehörte zum Beispiel die Frage, was die Umsetzung der Pflegepersonaluntergrenzen ein Jahr nach Einführung bisher gebracht hat, die in der Präsentation von Lothar Ullrich, Münster, zur Diskussion gestellt wurde. Ein anderes „heißes Eisen“ wurde von Arnold Kaltwasser, Reutlingen, aufgegriffen: „Corona – Personalbelastung und Lessons learned“.

Auch der bewährte Austausch mit verwandten Fachgesellschaften und Projekten in Kooperation mit der ANIM fand wieder statt. In einem eigenen Symposium der IGNITE, in dem die bereits veröffentlichten, aktuell laufenden und vorbereiteten Studien der Initiative of German Neurointensive Trial Engagement vorgestellt wurden, verdeutlichte diese offene Gruppe von klinisch und wissenschaftlich aktiven Neurologen und Neurochirurgen innerhalb der DGNI das hohe Niveau der Forschung in der NeuroIntensivmedizin mit breit gefächerten Interessen.

 Aus der aufschlussreichen Analyse des aktuellen Managements des Status epilepticus in deutschen Kliniken, welche Dr. med. Christina M. Kowoll, Köln, im Rahmen der Freien Vorträge präsentierte, ließe sich der Schluss ziehen, wir brauchen mehr Standardisierung der Prozesse. Die Auswertung einer Online-Umfragestudie der IGNITE unter 232 Kliniken zeigte unter anderem, dass ein kontinuierliches Intensiv-EEG-Monitoring beim Status epilepticus zwar weit verbreitet, in der Umsetzung aber sehr unterschiedlich gehandhabt und beispielsweise in rund der Hälfte der Krankenhäuser nicht systematisch ausgewertet würde. Pharmakotherapien entsprächen insgesamt den Leitlinien.

Klare Verlegungsstrukturen seien weitgehend nicht vorhanden, lediglich einmal wurden festgelegte Zuweisungsabsprachen bestätigt, über 70 Prozent der Häuser verlegen nicht. Dass es an Standardisierung fehle, so Christina M. Kowoll, heiße für die Versorgung der Patienten aber „anscheinend nichts Schlechtes“. Am eruierten Ist-Zustand anzusetzen indes, wäre wünschenswert.

Auch die Symposien der Deutschen Schlaganfallgesellschaft (DSG) unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Armin Grau, Ludwigshafen am Rhein, und Prof. Dr. Martin Dichgans, München, waren gut besucht. Im Symposium der ADNANI, der Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Neuroanästhesisten und NeuroIntensivmediziner, präsentierte Dr. med. Gabriele Wöbker, Wuppertal, in ihrem Vortrag „Delir und Farbe – besteht da ein Zusammenhang?“ höchst interessante Einflüsse von Farben im Lebensraum, die sich für die Gestaltung von Klinikräumen nutzen lassen. Aktuelle Untersuchungen eines optisch ansprechenden Farbgebungskonzepts im Krankenhaus zeigten signifikante Auswirkungen auf alle Beteiligten sowie einen Rückgang des Medikamentenverbrauchs auf der Intensivstation im Schnitt um 25 % bei den Neuroleptika.

Präsidentensymposium zur COVID-Pandemie

Hochaktuell war das hochkarätig besetzte Präsidentensymposium zur COVID-Pandemie in medizinischer und politischer Sicht. Aufgrund der Aktualität und der eingreifenden Maßnahmen, die nicht nur den medizinischen Bereich, sondern das gesamte öffentliche Leben in Deutschland betreffen, stellte Kongresspräsident Prof. Dr. Eberhard Uhl die Corona-Pandemie in den Mittelpunkt.

 Prof. Dr. Christian Karagiannidis, Köln, berichtete eindrucksvoll unter dem Thema „Intensivmedizin in der COVID-Pandemie“, welche immense Herausforderung eine bundesweite Registrierung von tagesaktuell freien Intensivbetten während einer sich entwickelnden Pandemie bedeutet und unter welchen Anstrengungen er das DIVI-Intensivbettenregister mit aufgebaut habe. Das weltweit einmalige „Register von Kliniken für Kliniken“ entstand aus eigener Kraft, aus den Fachgesellschaften heraus, mit großem persönlichem Engagement und aus ehrenamtlicher Tätigkeit. In enger Zusammenarbeit mit dem RKI wurde es aus einem Register aus Zeiten von H1N1 entwickelt, so dass nun erstmalig eine vollständige Abbildung von Intensivstationen in Deutschland vorliegt – transparent, für alle einsehbar, unabhängig von kommerziellen Interessen.

Wo gibt es Intensivbetten? Wie sind sie belegt? Und wie hoch ist die Notfallreserve? Das sind entscheidende Informationen, damit keine Versorgungsengpässe auftreten. Das Monitoring sei inzwischen exzellent, freie Bettplätze auf der Intensivstation mit Technik und Personal zum Zeitpunkt der Meldung jederzeit abrufbar. Als nächster Schritt könnten in Zusammenarbeit mit den Fachgesellschaften bundesweit Weaning- und Neurorehabetten ausgewiesen werden.

Der zweite renommierte Referent, der Chef des Bundeskanzleramtes Prof. Dr. Helge Braun, Berlin, gab unter dem Titel „Politische Entscheidungen in der Corona-Krise“ Einblicke in aktuelle Diskussionen und Perspektiven. Mit dem Rekurs auf die erste COVID-19 Welle, den von der Bevölkerung unterstützten Lockdown und die daraufhin monatelangen niedrigen Infektionszahlen hob er die große Bedeutung von Ärzteschaft und Pflegepersonal hervor. Entscheidend sei auch die Unterstützung der Fachgesellschaften, indem die Probleme in den Kliniken öffentlich gemacht würden.

Die Intention des Kongresspräsidenten war es jedoch, dass neben den politischen Entscheidungen zur Pandemiebewältigung auch die Problematik der Ressourcenzuteilung in der Intensivmedizin in dieser Krise beleuchtet werden sollte. Von Prof. Dr. Uhl auf die mehrfach angesprochene enorme körperliche und psychische Belastung des Klinikpersonals angesprochen sowie mit der Vorstellung konfrontiert, dass Berufe im Krankenhaus Lebensarbeitsplätze sein sollten und jahrzehntelange Schichtdienste kaum mit der Forderung junger Menschen nach Work-Life-Balance zu vereinbaren seien, verwies Helge Braun auf die Besprechung der Wissenschaftsministerkonferenz zur Finanzierung der Pflege: Das Problem sei erkannt, es werde unter Hochdruck daran gearbeitet, Ostern werde man mehr wissen. Der von Prof. Dr. Karagiannidis angesprochene „runde Tisch“ zur Diskussion der drängenden Probleme könne zustande kommen, sobald die Krise überwunden sei.

Fort- und Weiterbildungsangebote gut besucht

Neben den wissenschaftlichen Symposien gab es wieder ein reiches Angebot für Fort- und Weiterbildung für Pflegekräfte und für junge Mediziner. Die Resonanz beim zweitägigen „NeuroIntensivmedzin Kompakt“- Kurs zur theoretischen Unterstützung der praktischen Klinik-Ausbildung und auch beim inzwischen schon etablierten Emergency Neurologic Life Support (ENLS) war wieder groß. Der von NeuroIntensiv-Medizinern und Notärzten entwickelte und von zertifizierten ENLS-Trainerin durchgeführte Reanimationskurs für alle Neuro-Notfälle von Hirnblutung, Neurotrauma bis zur myasthenen Krise, vermittelte Disziplinen übergreifend Algorithmen, Protokolle und Checklisten für das Notfallmanagement in den ersten Stunden nach Eintreffen des Patienten mit 14 verschiedenen Krankheitsbildern. Wie ENLS-Kursdirektorin Dr. med. Katja Wartenberg, Leipzig, betonte, ist diese Fortbildung eine gute Unterstützung für junge Ärzte, die neurologische Notfälle während der kritischen ersten Stunden auf der Intensivstation und in der Rettungsstelle behandeln, um ihre Handlungskompetenz zu stärken.

Feierliche Preisverleihungen der DGNI

Bei Sitzungen mit freien Vorträgen und E-Postern nutzten zahlreiche Nachwuchswissenschaftler die Möglichkeit, ihre Forschungsergebnisse zu präsentieren und zu diskutieren. Ein Kongress-Highlight war die feierliche Übergabe der Forschungsförderungspreise an junge Ärzte und Wissenschaftler für herausragende Arbeiten in der Intensiv- und Notfallmedizin. Prof. Dr. med. Oliver Sakowitz, Ludwigsburg, verlieh als noch amtierender DGNI-Präsident den Nachwuchsförderpreis 2021 für innovative Forschungsprojekte in der NeuroIntensivmedizin an Dr. med. Johann Otto Pelz, Leipzig.

Mit dem Pflege- und Therapiepreis 2021 für Pflegekräfte, die mit professionellem Wissen und Handeln zur Verbesserung der intensivmedizinischen Versorgung kritisch kranker Patienten der Neurologie oder Neurochirurgie beitragen, wurde Lars Krüger, Bochum, gewürdigt.

Die sechs Posterpreise für herausragende Präsentationen verlieh Tagungspräsident Prof. Dr. med. Eberhard Uhl, Gießen, mit dem Wunsch, dass die Preisträger „mit großem Forschungseifer weitermachen”. Der 1. Posterpreis, der mit der Teilnahme an der DIVI 2021 verbunden ist, ging an Josefine Endler, Rostock. Die weiteren fünf Posterpreisträger gewannen eine kostenfreie Mitgliedschaft in der DIVI für ein Jahr: Greta Noblejas Sanchez, Lübeck, Monika Lindner, Rostock, Anne Mrochen, Erlangen, Ilko Maier, Göttingen, und Michael Veldemann, Aachen.

 Bei der Präsidiumswahl der DGNI, die im Rahmen der ANIM 2021 durchgeführt wurde, wurde Prof. Dr. med. Julian Bösel, Kassel, zum neuen Präsidenten der Fachgesellschaft.

Ausblick: ANIM 2022 in Ludwigsburg

Die nächste Arbeitstagung NeuroIntensivmedizin, zu dem Prof. Dr. Oliver Sakowitz schon jetzt herzlich einlädt, findet vom 20.-22. Januar 2022 im Forum Ludwigsburg statt. Als 39. Jahrestagung der DGNI und der DSG bietet die ANIM 2022 wieder die Möglichkeit zu aktuellem Erfahrungsaustausch und weiteren Diskussionen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse. Weitere Informationen gibt es auf der Kongress-Homepage www.anim.de.