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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Wirtschaftsverbände: Bannwaldverschärfung macht Bauen teurer

Zehntausende unnötige Lkw-Fahrten für Sand und Kies aus Südhessen

von Karl-Heinz Stier

(23.11.2021) Die hessische Wirtschaft bedauert die von CDU und Grünen angestoßene Änderung des hessischen Waldgesetzes, die am Mittwoch, 24.11.2021, zur Abstimmung im Umweltausschuss des Hessischen Landtags steht.

                                                                                                                                                                               
Die geplante Verschärfung des Bannwaldschutzes würde für das Rhein-Main-Gebiet bedeuten, dass zukünftig die Versorgung mit Sand und Kies nicht mehr regional sichergestellt werden kann, weil vorhandene Lagerstätten in Bannwäldern nicht mehr abgebaut werden dürften. Im Jahr 2016 wurden in ganz Hessen ca. 7,3 Mio. Tonnen Sand und Kies gefördert. Die direkt vom Bannwald betroffenen Betriebe produzierten ca. 1 Mio. Tonnen Sand und Kies. Rund 110 Hektar Abbaufläche würde durch die Gesetzesverschärfung nun nicht mehr für die Rohstoffgewinnung zur Verfügung stehen. Das sind gerade einmal 0,58 Prozent des gesamten Bannwaldes von 19.000 Hektar in Hessen.Die Wirtschaftsverbände fordern den Verzicht auf die Bannwaldverschärfung. Denn die Bannwaldfläche, um die es im Gesetz geht, hätte einen nur minimalen Anteil am gesamten Bannwald, aber eine extrem hohe Bedeutung für die regionale Rohstoffversorgung, insbesondere im Rhein-Main-Gebiet.

Hier die Stellungnahme einiger Verbände
Thomas Reimann, Vizepräsident der hessischen Unternehmerverbände und Vorsitzender des VhU-Bau- und Immobilienausschusses: „Die Regierungsfraktionen sollten sich genau überlegen, ob sie die Sand- und Kiesförderung im Ballungsraum Frankfurt künftig wirklich ausschließen wollen, denn darauf läuft die Verschärfung des Bannwaldschutzes hinaus. Ohne Rohstoffe geht es nun mal nicht: Statistisch gesehen, verbraucht jeder Bürger 1 Kilogramm Steine pro Stunde. Das ergibt gut 9 Tonnen Splitt, Sand, Kies und Granit pro Kopf und Jahr.“

Philipp Rosenberg, Geschäftsführer des Industrieverbandes Steine Erden: „Wovor wollen wir die betroffenen 0,58 % unseres Bannwaldes eigentlich schützen? Vor einer Rohstoffgewinnung, die zeitlich begrenzt unter höchsten Standards und im Einklang mit der Natur Rohstoffe dort gewinnt, wo wir sie benötigen? Der Bannwald wird durch die zeitlich begrenzte Rohstoffgewinnung nicht bedroht. Wenn wir die Rohstoffgewinnung im Bannwald ausschließen, wo derzeit auf sehr kleinem Raum ein Großteil unseres Bedarfs an Sand und Kies in Südhessen gedeckt wird, werden wir Sand und Kies künftig über weite Strecken transportieren müssen. Verbote auszusprechen, ohne Lösungen aufzuzeigen, bringen uns hier nicht weiter. Dies stünde in direktem Widerspruch zu unseren Klimaschutzzielen, nimmt unsere Infrastruktur unnötig in Anspruch und wird zu steigenden Kosten am Bau führen. Diese Folgen des Gesetzes können doch nicht ernsthaft gewünscht sein. Es darf uns in Hessen nicht egal sein, woher wir unsere Rohstoffe beziehen. Es muss gemeinsam eine Akzeptanz geschaffen und anerkannt werden, dass wir unsere Rohstoffe schon jetzt verantwortungsvoll gewinnen und dass wir dies auch künftig verbrauchsnah tun müssen.

Dorothea Kaleschke-Weingarten, Geschäftsführerin Rohstoffe und Umwelt beim Verband der Bau- und Rohstoffindustrie: „Hessen ist ein rohstoffreiches Land, allerdings können diese Rohstoffe schon jetzt nur an wenigen Stellen gewonnen werden. Das geänderte Bannwaldgesetz zielt darauf ab, die Rohstoffgewinnung weiter auszuschließen – unter dem Aspekt des Waldschutzes. Dabei tragen die Gewinnungsbetriebe schon heute zu Nachhaltigkeit bei. Denn die Flächen werden nur vorübergehend in Anspruch genommen und werden nach Beendigung des Abbaus rekultiviert. Zwischenzeitlich wird bedrohten Tier- und Pflanzenarten ein dynamischer Lebensraum geboten, der so in der Natur nicht zu finden ist. Zudem wird nach dem Eingriff der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt, in vielen Fällen sogar verbessert. Außerdem bietet sich die Chance, den Wald angepasst an den Klimawandel aufzuforsten. Rohstoffgewinnung und Naturschutz passen prima zusammen.“

Dr. Burkhard Siebert, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen: „Die marode Salzbachtalbrücke hat deutlich vor Augen geführt, welchen großen Investitionsbedarf unsere Infrastruktur vor sich herschiebt. Die alte Brücke bestand aus 15.000 t Stahl und Beton und auch für den Neubau werden tausende Tonnen an Material benötigt. Gerade im hochverdichten Ballungsraum mit all seiner Infrastruktur werden wir auch zukünftig große Mengen an Sand und Kies benötigen, um Infrastruktur zu erhalten und auszubauen. In Frankfurt soll ein 10 km langer Fernbahntunnel entstehen, den auch die Naturschutzverbände begrüßen. Dafür brauchen wir auch Sand und Kies und andere Natursteine von vor Ort.“

Rainer von Borstel, Hauptgeschäftsführer des Verbands baugewerblicher Unternehmer Hessen: „Der Wohnungsbau wird immer teurer. Zuletzt haben Materialengpässe und Lieferkettenstörungen zu steigenden Preisen und Verzögerungen beim Wohnungsbau geführt. Bis 2040 werden rund 300.000 neue Wohnungen im Ballungsraum benötigt, gleichzeitig soll die Region aus der Gewinnung der Grundbaustoffe Sand und Kies aussteigen, das passt nicht zusammen. Wer bezahlbaren Wohnraum will, darf die Baukosten nicht weiter antreiben.“