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Letzte Aktualisierung: 29.09.2023

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Was ist eigentlich Kultur und was gehört nicht dazu?

von Bernd Bauschmann

(06.09.2023) Wenn wir den Begriff Kultur verwenden, dann wird oft Kunst, Theater, Literatur und manchmal auch das Essen gemeint. Diese Verwendung des Wortes ist jedoch sehr einschränkend, denn sie schließt so einiges aus, was uns als Menschen auszeichnet. Das hat uns dazu bewegt, der Frage nachzugehen, was Kultur eigentlich ist und was definitiv nicht dazu gehört.

Foto: Pixabay / 10965598
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Die Definition von Kultur

Eine Google-Suche ergibt die folgende Definition des Wortes Kultur: „Gesamtheit der geistigen, künstlerischen, gestaltenden Leistungen einer Gemeinschaft als Ausdruck menschlicher Höherentwicklung“.

Bei Wikipedia findet man wiederum eine hilfreiche Ergänzung und zwar, dass die Kultur vom Menschen geschaffen wurde und sich somit von der Natur abgrenzt. Es kann sich hierbei auch um Wertvorstellungen sowie erlernte Verhaltensweisen handeln.

Auf den ersten Blick stimmen beide Erklärungen überein, grenzen sich aber dennoch voneinander ab. Erstere ist eine recht elitäre Definition des Begriffes, während Letztere wesentlich mehr Freiraum bietet.

Kulturen innerhalb einer Kultur

Personen, die Kultur lediglich auf die schönen Künste beschränken, gehören zumeist der Elite an oder haben zumindest einen höheren sozialen Stand. Obwohl das Schauspiel im Theater dieser Meinung nach durchaus Teil unserer Kultur ist, wird die neue Lieblingsserie, die ganz Deutschland in den Bann gerissen zu haben scheint, nicht als solche angesehen.

Liegt das daran, dass eine Theateraufführung von vielen Menschen gemeinsam genossen werden kann, während Fernsehserien nur in einem sehr kleinen Kreis oder gar allein erlebt werden? Wenn man bösen Zungen Glauben schenken mag, dann möchte die Elite die Kultur jedoch für sich pachten.

Durchaus könnten Phänomene wie Netflix als Kulturgut angesehen werden, doch dieses ist für so gut wie alle zugänglich. Das Theater oder die Kunstausstellung oder das Literaturfest bieten viele Barrieren. Statt zu sagen, das eine sei Kultur während es das andere nicht ist, sollten wir eher davon ausgehen, dass es innerhalb einer Kultur mehrere Kulturen gibt.

Manche sind für die Elite zugänglich, während andere für die Allgemeinheit oder eine weitere Untergruppe interessant sind.

Alkohol ist keine Kultur, der Biergarten aber schon

Wie widersprüchlich wir mit dem Begriff Kultur umgehen, ist bei einigen Beispielen zu erkennen. Keiner würde behaupten, dass der Alkoholkonsum zur Kultur gehört. Die Biergartenkultur ist hingegen zumindest in manchen Teilen Deutschlands fest mit der entsprechenden Kultur verankert.

Mit echtem Geld im Online Casino zocken wird von vielen verpönt. James Bond dabei zusehen, wie er beim Baccarat den Charakter des neuesten Bösewichts austestet, möchte wiederum seit Jahrzehnten kaum einer missen und kann durchaus als britische und europäische Kultur angesehen werden.

Seit mindestens genauso vielen Jahren produziert der Mensch in der westlichen Welt Müll, ohne eine Lösung für die Entsorgung gefunden zu haben. Das ist natürlich nicht Teil unserer Kultur. Die Dichter und Denker der Vergangenheit hingegen schon.

Laut der Definition von Wikipedia würden jedoch all diese Beispiele unter den Begriff Kultur fallen. Hierbei handelt es sich nämlich um erlernte Verhaltensweisen, die vom Menschen geschaffen wurden und sich somit von der Natur abgrenzen.

Was wir anhand dieser Beispiele jedoch schnell erkennen ist, dass wir mit dem, was wir als unsere Kultur ansehen, sehr selektiv umgehen. Sie ist schließlich Teil unserer kollektiven Identität, die wir so positiv wie möglich darstellen wollen.

Wie andere Kulturen andere Kulturen sehen

Genau wie bei unserer individuellen Identität, steht auch unsere Gruppenidentität anderen Gruppen gegenüber. Hierdurch verselbstständigt sich eine Dynamik, welche die verschiedenen Kulturen in eine Art Konkurrenz bringen kann. Genauso sehr, wie wir unser eigenes Selbstwertgefühl stärken möchten, haben wir auch das Verlangen, das Ansehen unserer Kultur zu erhöhen.

Das geschieht oft dadurch, die negativen Aspekte anderer Kulturen hervorzuheben. Deutsche werden auf der einen Seite als fleißig angesehen, was ein Kompliment sein kann. Auf der anderen sind sie aber auch diejenigen, die mit Handtüchern die Liegen am Pool besetzen.

Wenn zwei Kulturen aufeinandertreffen, die gleichermaßen „stark“ sind, endet dieser Vergleich zumeist in einer lustigen Unterhaltung über gegenseitige Vorurteile. Trifft wiederum eine „überlegene“ Kultur auf eine „Subkultur“, endet dies hingegen zumeist wenig positiv.

Auch marginale Personen, die zwischen zwei oder mehreren Kulturen stehen, haben es nicht leicht. Konflikte zwischen den verschiedenen Weltvorstellungen verursachen Konflikte innerhalb der eigenen Persönlichkeit.

Fazit: Kultur geht jeden etwas an

Im Alltag verwenden wir den Begriff Kultur ohne weiter darüber nachzudenken. Dabei handelt es sich hierbei um eines der komplexesten Wörter überhaupt. Was wir unter Kultur verstehen, gibt viel über unsere eigene Persönlichkeit bekannt. Die Ansichten verschiedener Personen haben das Potenzial, Konflikte auszulösen. Dabei sollte Kultur etwas sein, das uns alle gleichermaßen einschließt.