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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Wann ist Kiffen legal?

von Bernd Bauschmann

(17.06.2022) Im letzten Bundestagswahlkampf war die Legalisierung von Cannabis eines der großen Themen. Alle drei Ampelparteien stehen dem Projekt positiv gegenüber. Die Aktualität in Form der andauernden Pandemie und dem unsäglichen Krieg in der Ukraine hat die Dringlichkeit des Vorhabens nach hinten verschoben.

Foto: Pexels / Kampus Production
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Doch Ende Mai vermeldete Gesundheitsminister Lauterbach, dass die Regierung das Projekt nun vorantreiben will und bis Ende des Jahres erste Ergebnisse zu verzeichnen sein werden.

Gründe für die Legalisierung von Cannabis
Die Aussage im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP ist eindeutig. Noch in dieser Legislaturperiode soll „eine kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften“ eingeführt werden. Das Versprechen verfolgt eine Reihe von Zielen:

Bei einer überwachten Abgabe von geprüftem Gras nur an Bürger über 18 Jahre soll die Gesundheit der Verbraucher geschützt und der Jugendschutz gestärkt werden. Eine weitere Absicht ist es, den Schwarzmarkt einzudämmen. Zudem sollen die Konsumenten entkriminalisiert und der Polizeiapparat entlastet werden.

Derzeit besagt die Regelung, dass der Konsum zwar erlaubt ist. Auch sind in spezialisierten Shops wie Zamnesia Verdampfer, Grinder, Blättchen für Joints und viele weitere Utensilien für Konsumenten legal erhältlich. Anbau, Besitz und Handel bleiben jedoch strikt verboten. Das führt dazu, dass Konsumenten, die im Besitz von kleinen Mengen sind, strafrechtlich verfolgt werden müssen und in der Justiz viele Kräfte binden.

Letztlich versprechen sich die Regierenden, mit einer Legalisierung über Steuereinnahmen und der Schaffung von Arbeitsplätzen die staatlichen Einnahmen zu erhöhen. Wirtschaftsexperten sprechen dabei von einem Potenzial von bis zu 4,7 Milliarden Euro jährlich.

Zeitplan der Legalisierung
Die Legalisierung von Cannabis unterliegt einem komplexen Ablauf. Wenn der Fokus jetzt darauf gerichtet wird, ist davon auszugehen, dass die Umsetzung ein bis zwei Jahre dauern könnte.

Gesetzesentwurf bis Ende 2022
Nach langjährigen Diskussionen laufen die Vorbereitungen für einen Kurswechsel in der Cannabispolitik nun an. Der neue Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) stellt sich darauf ein, dass für eine Umsetzung des Koalitionsvertrages umfassende fachliche Vorbereitungen anstehen. Er möchte zeitnah zusammen mit dem Gesundheitsministerium einen umfassenden informativen Beratungsprozess anschieben.

Dabei sollen Experten aus den Bereichen Anbau, Lieferketten und Gesundheitsschutz ebenso Gehör finden wie diverse Steuerfachleute. Gesundheitsminister Lauterbach hat den Start der Gespräche für die Sommerpause des Parlaments ins Auge gefasst. In der zweiten Jahreshälfte soll dann ein erster Gesetzesentwurf folgen. Dabei soll das kanadische Modell bevorzugt werden. Die Nordamerikaner hatten 2018 den Anbau, die Weiterverarbeitung sowie den Handel gleichzeitig legalisiert.

Was wird 2023?
Wie es dann im nächsten Jahr weitergehen soll, daran scheiden sich bislang innerhalb der Koalition die Geister. So spricht Christine Aschenberg-Dugnus, die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, zwar von einem Berg an Aufgaben, der zu bewältigen sei. Sie sieht das größte Problem in der Bürokratie, welches aber in kurzer Zeit ausgeräumt werden könne. Daher geht sie davon aus, dass schon im nächsten Frühjahr die ersten Joints legal verkauft werden.

Dagegen geht Dirk Heidenblut, Gesundheitspolitiker mit sozialdemokratischem Parteibuch, eher davon aus, dass eine Legalisierung nicht vor 2024 vollzogen werden kann. So brauche es mehrere Monate, bis ein Entwurf in ein Gesetz gegossen ist. Erst dann könnte mit dem Aufbau der notwendigen Infrastruktur begonnen werden. Das größte Problem sieht er in den Lieferketten. Es sei bisher unklar, woher die Mengen an geprüftem und legalem Cannabis herkommen sollen.

Hürden des internationalen Rechts
Juristen sehen die größte Gefahr einer legalen Abgabe darin, dass das Vorhaben gegen das Völkerrecht verstoße und verschiedene Vereinbarungen der EU (Europäische Union) missachte. In der Staatengemeinschaft ist der Konsum von Marihuana zwar nicht verboten. Man zweifelt aber an, ob sich eine Liberalisierung des Handels in großem Stile damit decken ließe. Es wird die Gefahr gesehen, dass ein Vertragsverletzungsverfahren beim Europäischen Gerichtshof eingeleitet wird. Dessen Ausgang sei aus heutiger Sicht nicht abzuschätzen.

Eine weitere rechtliche Hürde arbeitet Robin Hofmann heraus, Professor für Strafrecht und Kriminologie der Universität Maastricht. Dabei geht es um das Abkommen über Betäubungsmittel der Vereinten Nationen von 1961. Um keinen Vertragsbruch zu begehen, müsste Deutschland aus dem Abkommen austreten, womit ein langwieriger Prozess verbunden ist. Alles in allem scheint es also so zu sein, dass sich die Verbraucher hierzulande noch etwas in Geduld üben müssen.