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Letzte Aktualisierung: 14.01.2025

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Von Äppler bis Ahle Worscht

Amüsantes Buch über die hessischen Dialekte

von Michael Hoerskens

(20.12.2024) In Deutschland gibt es bekanntlich eine Vielfalt an Dialekten. Der Duden-Verlag hat eine umfangreiche Buch-Reihe von Regionalsprachen veröffentlicht – von Nord bis Süd. Lars Vorberger hat sich hier intensiv dem Hessischen gewidmet.

Amüsante Informationen über hessische Dialekte
Foto: Duden
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„Vom Babbeln und Schnuddeln“ lautet der Untertitel des Werkes. Der Autor nimmt den Leser mit auf eine interessante und unterhaltsame Reise durch das Bundesland in der Mitte von Deutschland. Von Kassel bis in den Süden von Frankfurt, von der Rhön bis zum Taunus. Man lernt die hessische Aussprache und besondere Wörter von dort. Dabei legt Vorberger Wert auf die Tatsache, dass die Ebene der Hessen-Dialekte in vier große Räume unterschieden werden: Nord-, Ost-, Zentral- und Südhessisch. Ebenso betont der Autor, dass das Buch sprachwissenschaftlich basiert ist.

Wir erfahren besonders, dass Frankfurt in einem Übergangsgebiet zwischen dem Zentral- und Südhessischen liegt. Die regionale Umgangssprache, so heißt es in dem Buch, nennt man laut des Buchschreibers den Rhein-Main-Regionalekt. Wobei erwähnt wird, dass der südhessiche Dialekt dem des angrenzenden pfälzischen Raums gleicht. Südhessisch, so erfahren wir, gehört also zum Rheinfränkischen. Es gibt demnach viele Gemeinsamkeiten. (Etwa heißt es bei beiden Weck, Worscht unn Woi).

Natürlich fällt beim Thema Frankfurt auch der Name des bekanntesten Sohnes der Stadt. Es wird davon ausgegangen, dass Johann Wolfgang von Goethe durchaus hessisch gesprochen hat. Und manche Reime aus „Geedes“ Werken funktionierten nur auf der typischen Frankfurter Stadtsprache – etwa im „Faust“.  Kleine Anekdote: In einem Weimarer Gasthaus wurde der Name eines Gastes als „Geede“ notiert. Über Goethes letzte Worte wird spekuliert, informiert das Buch. „Mehr Licht!“ soll der Dichterfürst am Ende seines wirkungsvollen Lebens gefordert haben. Mehrere Zeitgenossen meinen, dass er auf dem Sterbebett sagen wollte: Mer licht (Man liegt) hier so schlecht. Nicht fehlen darf auch ein anderer populärer Literat der Mainmetropole: Friedrich Stoltze. Von ihm stammt der bekannte Reim: „Es is kaa Stadt uff der weite Welt, die so merr wie mei Frankfort gefällt.“ Und die Landeshauptstadt, in Standarddeutsch Wiiieeesbaden gerufen, heißt bei den Einheimischen bescheiden und kurz Wisssbade. (Im Gegensatz zur gegenüber liegenden Stadt Meeenz).

Das regionale Nationalgetränk findet in dem Büchlein ebenfalls Erwähnung, etwa in einem weisen Ratschlag: „Willst de disch gesund erhalte, trink’n Äppelwei, n' kalde“.  Der Apfelwein heiß regional auch Äppelwoi, Äppler oder Stöffche. Getrunken wird er aus einem Bembel, für Reingeplackte: aus einem Krug für den flüssigen Genuss. Dazu speist man hierzulande gerne den Handkäs' mit Musik oder die Grie Soß mit hartgekochten Eiern oder Fleisch. Der Hefekuchen mit Streuseln heißt auf korrekten Hessisch, je nach Region, Riwwel/Ribbel/oder Riewelkuchen. Ein Bonbon wird Guutsje genannt. Meist ist es babbisch, also klebrig. Ahle Worscht, eine getrocknete Dauerwurst, verspeist man traditionell in Nordhessen. Die Hühner heißen in Hesse Hinkel, der Hahn is de Gickel oder Gockel. Unn die hessische Begrüßungsformel lautet „Ei gude, wie“. Auch im Bürrro. Was soviel bedeutet wie Guten Tag.

In Hessen wird also gebabbelt oder geschwätzt, im Nordhessischen wird eher geschnuddelt. Bedeutet: Man redet oder unterhält sich. Auch die Grammatik ist im Gegensatz zum Hochdeutschen etwas anders. Man geht nicht zur Großmutter, vielmehr teilt man mit: Ich geh bei die Oma. Beim ungeliebten Genetiv wird oft der Dativ zu Hilfe genommen: So wird aus dem Hut des Vaters ein „Dem Vater sein Hut“.

Wie bereits geschildert gibt es in Hessen vier Dialekt Räume mit teils ziemlichen sprachlichen Unterschieden. Heißen braune Kühe im Nordhessischen brünne Kiwwe, im Osthessichen bruin Köh, so nennt man die Milchproduzenten in Zentralhessen brau Keuh, in Südhessen wiederum brau Kieh. Verkaufen heiß von Nord bis Süd verkööfen, verkeif oder verkaafe.

Nicht zuletzt bietet das amüsante Büchlein einen kleinen historischen Rückblick. So erfährt man kurz Wissenswertes über das hessische Urvolk der Chatten oder die Dialekte um das Jahr 1500.

Lars Vorberger: Hessisch – Vom Babbeln und Schnuddeln; Duden, ISBN 979-3-411-75673-5, 12 Euro.