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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Virologe Streeck sieht Schulöffnungen entspannt

von Helmut Poppe

(09.06.2020) "Kein höheres Risiko für Lehrer" - Verweis auf positive Erfahrungen im Ausland.

Angesichts der vorzeitigen kompletten Öffnung der Grundschulen in Nordrhein-Westfalen und allgemeiner Überlegungen in anderen Bundesländern, Unterricht und Kita-Betreuung früher und vollständig wieder aufzunehmen, sieht der Mediziner Hendrik Streeck keine besonderen Gefahren für Lehrer.

In einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte der Direktor des Instituts für Virologie der Universität Bonn: "Aus virologischer Sicht ist alles gesagt. Die bisherige Datenlage zu Schulen, Kitas und Kindern ist unklar, und daher muss die Politik mit diesem unsicheren Wissen Entscheidungen treffen."

Ein besonderes Covid-19-Infektionsrisiko für Lehrer sei nicht anzunehmen. "Wir wissen nicht genau, ob Kinder so ansteckend sind wie Erwachsene oder weniger", erklärte der Professor. Eindeutiger sei aber inzwischen, dass es keine Hinweise gebe, dass sie ansteckender seien als diese. Die ursprüngliche Annahme einer besonderen Beteiligung von Kindern an der Verbreitung des Virus sei nicht haltbar. "Von daher sind Lehrer keinem höheren Risiko ausgesetzt als jede andere Berufsgruppe, die bei ihrer Arbeit in vergleichbarer Weise wie zum Beispiel Krankenschwestern oder Verkäufer mit vielen Menschen in Kontakt kommt", sagte Streeck.

In diesen Sektoren sei auch keine systematische Befreiung aufgrund von Alter oder Vorerkrankung vorgesehen. Es spreche auch nichts gegen eine Plexiglas-Abschirmung des Lehrertisches, wie es an anderen Arbeitsorten mit Publikumsverkehr ebenfalls üblich sei, falls man sich davon einen zusätzlichen Schutz verspreche.

Auch insgesamt sei keine erneute Verschärfung der Pandemie durch die Öffnung von Schulen zu erwarten, sagte Streeck. "Der pragmatische Blick ins Ausland zeigt, dass auch in Ländern, wo die Schulen nie geschlossen waren oder bereits vor vielen Wochen wieder geöffnet wurden, sich dort daraus keine problematische Entwicklung ergeben hat", erklärte der Corona-Forscher. Komme es im Jahresverlauf an deutschen Schulen zu Ausbrüchen, sei die betroffene Einrichtung zu schließen - keineswegs aber alle, solange das gesamtgesellschaftliche Infektionsgeschehen unproblematisch sei.

(ots/Neue Osnabrücker Zeitung)