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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Uneinheitliche Zollkontrollen: EU entgehen Einnahmen

von Ilse Romahn

(07.04.2021) Die EU verliert Zolleinnahmen, weil die Einfuhrkontrollen in den verschiedenen Mitgliedstaaten uneinheitlich gehandhabt werden. Dies geht aus einem Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor.

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Foto: Europäischer Rechnunghof
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Zwar seien zuletzt Schritte in die richtige Richtung unternommen worden, dennoch seien die EU-Vorschriften nicht geeignet, um ein einheitliches Vorgehen der Mitgliedstaaten bei den Zollkontrollen sicherzustellen. Tatsächlich setzten die Mitgliedstaaten die Vorschriften sehr unterschiedlich um. Dies könnten Unternehmen ausnutzen, um für die Verzollung gezielt EU-Staaten mit weniger scharfen Kontrollen auszuwählen. Die Prüfer kritisierten außerdem, dass einige Mitgliedstaaten die eigentlich vorgesehene Risikoanalyse nicht für alle Zollanmeldungen durchführten. Damit könnte eine vorrangige Kontrolle besonders risikobehafteter Einfuhren unterbleiben.

"Um zu verhindern, dass betrügerische Importeure Zölle umgehen, indem sie gezielt Eingangszollstellen mit niedrigerem Kontrollniveau nutzen, müssen die Verfahren zur Auswahl von Einfuhren für Kontrollen in der gesamten Zollunion einheitlich angewendet werden", so Jan Gregor, das für den Bericht zuständige Mitglied des Hofes. "Zurzeit sind die Zollkontrollen in der EU nicht ausreichend harmonisiert, was den finanziellen Interessen der EU schadet." "Zurzeit sind die Zollkontrollen in der EU nicht angemessen harmonisiert, was den finanziellen Interessen der EU schadet."

Die Zollunion ist wichtig für den Handel der EU, und ein erheblicher Teil der EU-Einnahmen stammt aus Einfuhrzöllen. Die Europäische Kommission ist rechtlich verpflichtet, sicherzustellen, dass die Mitgliedstaaten die Zollkontrollen auf ähnliche Weise durchführen. Um die Importkontrollen zu harmonisieren, hat die Kommission vor Kurzem eine Rahmenregelung zur Einschätzung finanzieller Risiken im Zollbereich verabschiedet, die gemeinsame Kriterien und Standards sowie Leitlinien umfasst und von den Mitgliedstaaten gebilligt wurde. Die Prüfer vermerken, dass die Umsetzung dieser Rahmenregelung einen wichtigen Schritt hin zu einheitlichen Zollkontrollen darstelle, welche entscheidend für eine wirksame Erhebung von Zöllen seien. Zugleich üben sie aber auch Kritik an den Standards; diese definierten den Risikobegriff nicht ausreichend präzise und seien zu lax, was den Mitgliedstaaten zu viel Spielraum für die Verringerung von Kontrollen lasse. Außerdem fehlten wichtige Elemente, so etwa eine die gesamte EU umfassende Analyse der Importe, leistungsfähige Techniken der Datenauswertung und Antworten auf mögliche finanzielle Risiken durch Importe im E-Commerce.

In der Praxis hätten die neuen Standards das Vorgehen der Mitgliedstaaten in Zollfragen kaum verändert. Meist seien lediglich die bereits zuvor angewandten Kriterien zur Auswahl verdächtiger Einfuhren so zugeordnet worden, dass sie zu der neuen Rahmenregelung passten. Die Prüfer stellten darüber hinaus fest, dass die Mitgliedstaaten Risikosignale in unterschiedlicher Weise interpretierten und dass sie bei der Begrenzung der Zollkontrollen auf ein zu bewältigendes Ausmaß ebenfalls unterschiedlich vorgingen. Infolgedessen variierte der Anteil der Einfuhranmeldungen, die Kontrollen unterzogen wurden, von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat ganz erheblich: von weniger als 1 % bis zu mehr als 60 %. Außerdem stellten die Prüfer fest, dass die Mitgliedstaaten nach unterschiedlichen Regeln darüber entschieden, vom Risikomanagementsystem vorgeschlagene Kontrollen nicht zu berücksichtigen. Im Ergebnis wurden zwischen 2 % und 60 % der vom System vorgeschlagenen Kontrollen nicht durchgeführt. Ferner stellten sie fest, dass zahlreiche Zollanmeldungen von der Risikoanalyse ausgenommen waren. Die EU-Mitgliedstaaten tauschten untereinander nur sehr wenige Informationen über von ihnen als risikobehaftet eingestufte Importeure aus – was es diesen ermöglichen könnte, sich Kontrollen zu entziehen, indem sie diejenigen Mitgliedstaaten anvisieren, von denen sie nicht als verdächtig eingestuft werden.

Die Prüfer empfehlen der Kommission, die einheitliche Anwendung von Zollkontrollen zu verbessern und Kapazitäten für eine umfassende Analyse und Koordinierung auf EU-Ebene zu schaffen. Sie betonen zugleich, dass Fortschritte von der Unterstützung und Zustimmung der Mitgliedstaaten abhängen.

Hintergrundinformationen: Im Zollbereich ist ausschließlich die EU für die Gesetzgebung zuständig, während die Umsetzung Aufgabe der Mitgliedstaaten ist. Im Jahr 2019 führten die Mitgliedstaaten Zölle in Höhe von 21,4 Milliarden Euro an den EU-Haushalt ab. Das entspricht 13 % der Einnahmen des EU-Haushalts insgesamt. China, die USA und Russland waren die wichtigsten Länder, die Waren in die EU ausführten. Ganz oben auf der Importliste standen Möbel, Sportgeräte, Spielzeug und Kleidung.

Der Sonderbericht Nr. 04/2021 "Zollkontrollen: Unzureichende Harmonisierung ist den finanziellen Interessen der EU abträglich" ist in 23 EU-Sprachen unter eca.europa.eu abrufbar.