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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Trotz Corona-Notlage auf das Herz hören

Deutsche Herzstiftung: Niemals zögern, den Notarzt anzurufen

von Michael Wichert

(29.11.2021) Die Deutsche Herzstiftung e.V./Deutsche Stiftung für Herzforschung warnt angesichts hoher Covid-19-Inzidenzen und Auslastung von Intensivstationen: Bei Herzinfarkt, Schlaganfall und anderen notfallartigen Beschwerden niemals zögern, den Notarzt (112) zu rufen. Die Warnsignale des Herzens dürften nicht ignoriert werden.

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"Ein krankes Herz kann niemals warten" ist der Titel der Aufklärungskampagne der Deutschen Herzstiftung, der Deutschen (DGK) und Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) sowie des Bündnisses der Europäischen Herzstiftungen (EHN).
Foto: Adobe Stock / VanHope
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Prof. Dr. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt am Main
Foto: DHS
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Mit den derzeit dramatisch steigenden SARS-CoV-2-Infektionen und der damit verbundenen Notlage in Krankenhäusern und Intensivstationen in Deutschland befürchten Herzspezialisten, dass Herzkranke mit akuten Herzbeschwerden erneut Kliniken und Praxen meiden könnten. Besonders fatal zeigte sich das bereits in vergangenen Pandemiewellen: Menschen scheuten vor allem im Lockdown bei Verdacht auf Herzinfarkt und anderen notfallartigen Herzbeschwerden den lebensrettenden Notruf 112 oder den Weg in die Notfallambulanz – aus Angst vor Ansteckung mit SARS-CoV-2 oder wegen befürchteter pandemiebedingter Kapazitätsengpässe für nicht Corona-bedingte Fälle in den Kliniken.

„Die sehr hohen Inzidenzen für Covid-19- und Hospitalisierungsfälle, die regional stark schwanken können, dürften bei vielen Menschen zur Schlussfolgerung führen, dass eine Notfallversorgung für Nicht-Covid-19-Erkrankte wie Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall oder anderen notfallfallartigen Komplikationen nicht mehr gewährleistet sei. Auch die Furcht vor einer SARS-CoV-2-Infektion kann für chronisch Kranke trotz Impfung weiterhin ein Thema sein. All dies darf nicht erneut zu fatalem Verzögerungsverhalten bei Notfallpatienten führen“, warnt der Kardiologe und Intensivmediziner Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.

Eine Notfallversorgung sei grundsätzlich (noch) gewährleistet, auch wenn es aufgrund hoher Hospitalisierungsinzidenzen von über 18 Hospitalisierungen pro 100.000 Einwohnern regional jetzt schon zu einer dramatischen Verdichtung für die Notfallversorgung komme, so der Ärztliche Direktor des Agaplesion-Krankenhauses Frankfurt am Main. „Dies kann sich mancherorts angesichts der aktuellen Notlage jedoch schnell ändern. Umso wichtiger ist jetzt, dass jeder Einzelne mit der Covid-19-Erstimpfung und einer Auffrischung des Impfschutzes sowie durch strikte Einhaltung der Hygiene-Regeln AHA+A+L seinen Teil dazu beiträgt, das Infektionsgeschehen zurückzudrängen.“ Aktuelle Informationen der Herzstiftung zur Corona-Impfung unter https://www.herzstiftung.de/corona-impfung

Bei Herzinfarkt und anderen lebensbedrohlichen Komplikationen Notarzt (112) rufen
Mit jeder Minute, die man mit Symptomen eines Herzinfarkts abwartet, ohne den Notarzt unter der 112 zu alarmieren und den Herzinfarkt sofort medizinisch versorgen zu lassen, verlässt man das optimale Zeitfenster für eine Behandlung des Herzinfarkts in der Klinik. „Dadurch steigt das Risiko eines plötzlichen Herztodes und irreparable Schäden am Herzen bei dauerhaften Leistungseinbußen werden wahrscheinlicher“, so Voigtländer.

Aber nicht nur der akute Herzinfarkt, auch andere lebensbedrohliche Komplikationen wie bösartige Herzrhythmusstörungen oder Schlaganfall sind keine aufschiebbaren Krankheitsfälle, sondern erfordern eine notfallmedizinische Versorgung durch den Notarzt und die Klinik. Dies gilt auch für Durchblutungsstörungen des Herzens (Ischämien) höherer Dringlichkeit wie Hauptstammstenosen und die instabile Angina pectoris als Vorstufen des Herzinfarkts sowie für die entgleiste (dekompensierte) Herzschwäche, die hochgradige Aortenklappenstenose und den Bluthochdrucknotfall. Sie unterliegen auch in der Pandemie weiterhin selbstverständlich der Notfallversorgung. Über die Symptome eines Herzinfarkts, Schlaganfalls und anderer Herz-Kreislauf-Beschwerden informiert die Seite https://www.herzstiftung.de/krankesherzwartetnie

Herzerkrankungen und ihre häufigsten Warnzeichen kennen
Jeder und besonders Risikogruppen wie Herz-Kreislauf-Patienten sollten die wichtigsten Symptome von Herzinfarkt und anderen Herz-Kreislauf-Erkrankungen kennen, die sich zum Teil mit Symptomen von Covid-19 (Luftnot, Brustschmerzen) überschneiden können. Um die Bevölkerung erneut dafür zu sensibilisieren, trotz Corona-Notlage bei Herzinfarkt-Verdacht wie auch bei Herzbeschwerden generell medizinische Versorgung in den Kliniken und Praxen in Anspruch zu nehmen, haben die Deutsche Herzstiftung und die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK) gemeinsam mit der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (European Society of Cardiology, ESC) und dem Bündnis der Europäischen Herzstiftungen (European Heart Network, EHN) bereits im März 2021 die Aufklärungskampagne „Ein krankes Herz kann niemals warten – Trotz Corona: Warnsignale des Herzens nicht ignorieren“ gestartet. Unter www.herzstiftung.de/krankesherzwartetnie sind Informationsangebote rund um das Thema Herzinfarkt (Ursachen, Symptome, Therapie) und richtiges Verhalten im Herznotfall sowie zu Herzerkrankungen allgemein abrufbar.

Unser Herz sollte immer höchste Priorität genießen – auch in diesen schwierigen Zeiten. Deshalb der gemeinsame Appell von Herzstiftung, ESC, DGK und EHN an chronisch Herzkranke und Personen mit erstmaligen Herzbeschwerden: Hören Sie auf Ihr Herz, nehmen Sie medizinische Hilfe in der Klinik oder Praxis in Anspruch. Nehmen Sie weiterhin Ihre Medikamente und halten Sie Ihre Kontrolltermine ein.

Links zum Thema Herznotfall in Pandemiezeiten:
Website: https://www.herzstiftung.de/ein-krankes-herz-kann-niemals-warten
Shortlink: https://www.herzstiftung.de/krankesherzwartetnie
Link zur Corona-Impfung: https://www.herzstiftung.de/corona-impfung

Bei diesen Anzeichen eines Herzinfarkts sofort den Rettungsdienst (112) rufen:
- Starke Schmerzen und Druckgefühl im Brustkorb: Anzeichen für einen Herzinfarkt können Schmerzen sein, die überwiegend im Brustkorb oder häufig auch ausschließlich hinter dem Brustbein auftreten. Sie können in andere Körperteile wie Arme, Oberbauch, Rücken, Hals, Kiefer oder Schulterblätter ausstrahlen. Brustschmerzen oder Atemnot bei kleinsten Belastungen oder in Ruhe sind besonders alarmierend. Dahinter könnte die sogenannte instabile Angina pectoris (Brustenge) stecken, aus der sich jederzeit ein Herzinfarkt entwickeln kann. Generell gilt: Halten die Schmerzen länger als fünf Minuten an, sollten Sie sofort handeln.
- Massives Engegefühl: Viele Menschen spüren als Anzeichen für einen Herzinfarkt einen heftigen Druck oder ein sehr starkes Einschnürungsgefühl im Brustkorb – so, als würde ihnen „ein Elefant auf der Brust stehen“.
- Heftiges Brennen: Im Brustkorb kann ein starkes Brennen auftreten.
- Angstschweiß mit kalter, fahler Haut: Menschen, die einen Herzinfarkt erleiden, spüren häufig starke Angst, die durch blasse Gesichtshaut und kalten Schweiß auch sichtbar wird.
- Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, Schmerzen im Oberbauch: Die Anzeichen für einen Herzinfarkt können zudem recht unspezifisch sein – vor allem bei Frauen. Um auf Nummer sicher zu gehen und auch diese Symptome nicht zu übersehen, gilt die Empfehlung, immer dann einen Rettungswagen mit Notarzt (112) zu rufen, wenn die Beschwerden in einem noch nie zuvor erlebten Ausmaß auftreten.

Achtung: Auch wenn bei vielen Patienten der Herzinfarkt plötzlich und ohne Vorboten kommt, so treten nach neueren Daten bei ca. 50 Prozent der Herzinfarktpatienten Symptome auch 24-48 Stunden vor dem eigentlichen Herzinfarkt auf. Die Betroffenen berichten über kurze Phasen von Brustkorbenge oder Brennen hinter dem Brustbein. Dies kann in Ruhe oder bei leichter Belastung auftreten, gelegentlich tritt auch nächtliches Erwachen mit diesen Beschwerden auf.

Bei diesen Warnzeichen für Herzerkrankungen sofort zum Arzt:
Generell sollten Betroffene bei den folgenden Warnzeichen umgehend zum Internisten oder Kardiologen. Sie können untersuchen, ob z. B. eine Herzrhythmusstörung als Folge einer koronaren Herzkrankheit (Grunderkrankung des Herzinfarkts), oder anderer Herzerkrankungen wie Herzklappenerkrankungen oder eine Herzschwäche vorliegt. Unbehandelt können diese Erkrankungen zu schwerwiegenden, auch notfallmäßigen, Komplikationen führen:

- Schmerzen oder ein unangenehmes Engegefühl im Brustkorb (Angina pectoris) und/oder Luftnot
- Nächtliches Erwachen mit Druck im Brustkorb
- Herzrasen mit Einschränkung der Belastbarkeit
- Hartnäckiges Herzstolpern
- Kurze Bewusstlosigkeiten (Synkopen)
- Schwindelanfälle, drohende Bewusstlosigkeiten

Diese Beschwerden können Warnzeichen auch für mehrere Herzerkrankungen zugleich sein. Angina pectoris-Beschwerden können Vorboten für eine fortgeschrittene Herzkranzgefäßverengung bis hin zum Herzinfarkt sein, aber auch Anzeichen eines operationsbedürftigen Herzklappenfehlers. Atemnot und Leistungsschwäche sind typische Symptome für eine Herzschwäche oder eine Herzproblematik wie Herzklappenerkrankung oder Vorhofflimmern. Kurze Synkopen können ein harmloses neurologisches Problem, aber auch Vorboten einer bösartigen Herzrhythmusstörung (Kammerflimmern) sein. (idw)