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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Schriftstellerin Charlotte Link: „Das Fernsehen sollte mutiger sein.“

von Ilse Romahn

(04.01.2021) Schriftstellerin Charlotte Link (57), die zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen gehört, freut sich, dass viele Leser ihr neues Buch „Ohne Schuld“ so spannend finden.

„Ein Buch darf auf keinen Fall langweilen. Es freut mich zu hören, dass viele, nachdem sie anfingen zu lesen, es nicht mehr aus der Hand legen konnten.“ Verbrechen in ihren Romanen sind für sie allerdings nur ein Mittel, „die Menschen wie durch ein Vergrößerungsglas zu zeigen. Ein Verbrechen verändert für immer alles. Es brechen Fassaden ein, die Menschen werden nackt. Das eigentlich Interessante beim Schreiben sind für mich immer die Menschen."

Die Schriftstellerin, die sich auch viel mit der Psychologie von Tätern befasst hat, glaubt, dass wir das Böse erkennen können. „Gerade Psychopaten haben gelernt, sich so zu verhalten, als ob sie ganz normal wären, als ob sie Empathie hätten. Eine innere Stimme sagt uns aber, das ist nicht echt.“

Für ihre Romane, die oft in England spielen, braucht sie Eindrücke vor Ort. „Ich muss die Meeresluft riechen, die Landschaft sehen. Es geht nicht per Google-Earth vom Schreibtisch aus.“ Mit der erfolgreichen Verfilmung ihrer Bücher ist sie nicht immer glücklich. „Ich kämpfe um jede Szene. Die Fernsehsender sind immer ein bisschen ängstlich, man will bekannte Schauspieler. Aber auch wenn sie gut sind, passen sie nicht immer in die Umgebung. Mir begegnet so viel Ängstlichkeit. Wir sollten im Fernsehen mutiger sein."

Auf die Frage, ob sie der Streamingdienst „Netflix“ schon angesprochen habe, sagt sie: „Ja, es gab ein Gespräch, aber sie suchen im Moment „Nicht-Krimi-Stoffe“. Hätte ich ihnen etwas Anderes anbieten können, wären wir ins Geschäft gekommen." Sie glaubt, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen sich verändern muss. „Viele junge Menschen, wie auch meine Tochter, schauen überhaupt kein "normales" Fernsehen mehr."

Charlotte Link, die seit ihrem achten Lebensjahr Vegetarierin ist, engagiert sich intensiv für den Tierschutz. Sie hat regelmäßig Hunde aus Tierheimen bei sich zu Hause in Wiesbaden. „Ich nehme gezielt die schweren Fälle. Hunde, die sonst keine Chance haben, dass jemand sie adoptiert. Kranke, alte oder schwer traumatisierte Hunde. Das Gefühl, ihnen auf den letzten Metern noch mal Liebe und Geborgenheit zu geben, ist so beglückend. Es ist unglaublich, dieses Vertrauen und diese Bereitschaft zum Neuanfang bei Tieren zu spüren." Sie ist sich sicher, dass viele Probleme unserer heutigen Zeit, wie auch die Pandemien, mit der Art und Weise, wie wir Tiere behandeln, zusammenhängen. „Massentierhaltung, Schlachten im Akkord, Pelztierfarmen – wie wir die Tiere behandeln, ist wie die Schöpfung mit Füßen zu treten. Es sind hochentwickelte Lebewesen, denen wir das antun. Da kann nichts Gutes dabei herauskommen.“

„Silvia am Sonntag – der Talk“, bei dem  Charlotte Link zu Gast war, läuft sonntags zwischen 9 und 12 Uhr mit Moderatorin Silvia Stenger. Das komplette Gespräch mit Charlotte Link sowie alle anderen Interviews können in voller Länge bei FFH in Web und App und überall dort, wo es Podcasts gibt, gehört werden.