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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Rumänischer Staatspräsident Klaus Iohannis mit Franz-Werfel-Menschenrechtspreis 2023 ausgezeichnet

Jean-Claude Juncker: „Minderheitenrechte sind Menschenrechte“

von Ilse Romahn

(05.06.2023) Die Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN hat den rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis mit dem Franz-Werfel-Menschenrechtspreis ausgezeichnet. Bei dem feierlichen Festakt in der Paulskirche Frankfurt am Main wurde er für seinen unermüdlichen Einsatz für Menschen- und Minderheitenrechte in Rumänien und Europa vor rund 500 Gästen geehrt.

Dr. Bernd Heidenreich, Dr. Christean Wagner, Staatspräsident und Preisträge Klaus Johannis, Jan-Claude Juncker und Dr. Bernd Fabritius
Foto: DAK
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Dr. Christean Wagner, Staatsminister a.D. und Vorsitzender der Stiftung, dankte Iohannis für „seinen Mut, seine Klugheit und seine Konsequenz“, mit der er seit über acht Jahren das Amt des Präsidenten Rumäniens bekleide und verwies auf sein hohes Ansehen und Vertrauen, was er in seiner Heimat aber auch im europäischen Ausland genieße.

Das unterstrich auch Jean-Claude Juncker, ehemaliger Präsident der Europäischen Kommission, in seiner Laudatio auf den Preisträger: „Als Staatspräsident Rumäniens und früherer Bürgermeister von Hermannstadt spielt Klaus Iohannis in Europa eine führende Rolle, wenn es um essenzielle demokratische Anliegen geht – dazu gehören auch Schutzrechte für Minderheiten. Iohannis gehört für mich zu jenen aus Mitteleuropa kommenden Staatsmännern, die über ihre Zeit hinaus wirken werden, weil er sich gerade für die Rechte von Minderheiten immer wieder prominent stark macht. Er ist ein würdiger Preisträger“. In seiner Rede verwies Juncker ebenfalls darauf, wie wichtig der Schutz von Minderheiten und die Wahrung nationaler Identitäten als zentrale Bestandteile der europäischen Werte und der Demokratien sind: „Wir in Europa müssen gemeinsam dafür sorgen, dass die Vertriebenenproblematik nicht als ein natürliches Phänomen empfunden wird, sondern als eine Ungerechtigkeit, die viele Menschen betrifft. Dafür müssen wir uns einsetzen und unserer Stimme noch mehr Volumen verleihen. Denn Minderheitenrechte sind Menschenrechte – und ihr Schutz ein substanzieller Bestandteil der Demokratie.“

Für den in Hermannstadt (Sibiu) geborenen Iohannis, der selbst der deutschen Minderheit der Siebenbürger Sachsen in Rumänien angehört, hat der Preis einen hohen Stellenwert, wie er in seiner Dankesrede betonte: „Der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis ist eine große Ehre und eine Auszeichnung von besonderer Bedeutung – sowohl für mich, als auch für die Bürgerinnen und Bürger Rumäniens, die im Laufe der Zeit, im Geiste der europäischen demokratischen Werte, ein echtes Modell des Zusammenlebens zwischen der Mehrheit und den Minderheiten in unserem Land aufgebaut haben.“ In diesem Zusammenhang erinnerte Iohannis daran, wie hoch das Verständnis für die besondere Situation von Minderheitengruppen in Rumänien sei. Das zeige sich allein schon daran, dass diese Gruppen alle im Parlament vertreten seien und sich wechselseitig für die Bedürfnisse der Angehörigen der Minderheitengruppen einsetzten würden.

Wie wichtig das Wirken von Menschen wie Klaus Iohannis und die Arbeit von Institutionen wie der Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN ist, zeigt sich anhand der aktuellen, herausfordernden Situation in Europa und vielen anderen Teilen der Welt. „Flucht und Vertreibung sind ein weltweites Problem mit leider hoher Aktualität. Menschen werden gezwungen, Hab und Gut zurückzulassen, ihre Verbindungen zu ihren Verwandten und Nachbarn, zu ihrer Arbeitsstelle, zu ihren Vereinen, und zu den Gräben ihrer Angehörigen aufzugeben, um das nackte Leben zu retten. Dieses Schicksal müssen wir, die wir in geordneten und gesicherten Verhältnissen leben, uns immer wieder ins Bewusstsein rufen,“ appellierte Dr. Christean Wagner und ergänzt: „Wir müssen daraus Motivation und Kraft schaffen, um wenigstens unseren kleinen Beitrag zu leisten für eine weltweite Ächtung von Terror und Krieg“.

Dies stellte auch Prof. Dr. Roman Poseck, Hessischer Minister der Justiz, in seinem Grußwort heraus: „Menschenrechte sind die Luft zum Atmen in unserer Welt. Sie werden aktuell an vielen Stellen regelrecht mit Füßen getreten. Die Welt wird leider an vielen Stellen nicht besser, sondern schlechter. Wir müssen gemeinsam alles dafür tun, dass Menschenrechte mit Leben gefüllt werden. Sie dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern müssen vor allem im Alltag umgesetzt werden. Dazu zählen Toleranz, respektvoller Umgang und das Anerkennen von Vielfalt“. Auch der Frankfurter Stadtrat Dr. Bernd Heidenreich, der die Preisverleihung feierlich eröffnete, zeigte auf, welch‘ hohen Stellenwert der Einsatz für demokratische Werte, Frieden und Freiheit in unserer heutigen Zeit habe. „Freiheit kann und wird niemals selbstverständlich sein. Wir müssen uns Freiheit immer wieder neu verdienen, denn sie gibt es nicht zum Nulltarif. Wir müssen uns bewusst machen, das Frieden und Freiheit nur dort gedeihen kann, wo wir kontinuierlich daran arbeiten und gemeinsam Hand in Hand zusammenhalten“.

Wenige Tage nach dem 175. Jahrestag des Zusammentretens der Nationalversammlung bot die Paulskirche im Herzen Frankfurts mit ihrer Geschichte und ihrem Ambienten den passenden Rahmen für die Verleihung des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises. Unter den Festgästen waren neben dem Präsidenten des Bundes der Vertriebenen und früheren Beauftragten der Bundesregierung, Dr. Bernd Fabritius, auch Mitglieder der diesjährigen Jury des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises wie der ehem. Europaabgeordnete Milan Horáček (Bündnis 90/Die Grünen), die Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Ziele des Bundes der Vertriebenen, Gudrun Osterburg, und der Ehrenvorsitzender der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Reinfried Vogler. Ebenfalls nahmen u.a. Landtagsabgeordnete von CDU und SPD, der Europaabgeordnete Michael Gahler (CDU) sowie die Bundestagsabgeordneten Christoph de Vries (CDU), Klaus-Peter Willsch (CDU) und Dr. Michael Meister (CDU an der Veranstaltung teil.

Klaus Iohannis ist der elfte Preisträger des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises. Zu den Preisträgern zählten bislang u.a. Bundespräsident a.D., Dr. Joachim Gauck, die Bürgerrechtlerin, Schriftstellerin und Dokumentarfilmerin Freya Klier, die Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und der Bischof der Diözese Banja Luka, Bischof Dr. Franjo Komarica.

Die Jury des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises bilden Personen aus Wissenschaft, Forschung, Medien und dem politischen Leben. Der diesjährigen Jury gehörten neben dem Vorsitzenden der Stiftung, Dr. Christean Wagner, u.a. der Hessische Minister des Innern und für Sport, Peter Beuth (CDU), der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, Prof. Dr. Klaus Hänsch (SPD), und der ehemalige Europaabgeordnete Milan Horáček (Bündnis 90/Die Grünen) an.

Zum Franz-Werfel-Menschenrechtspreis und Franz Werfel, Namensgeber des Preises
Der Preis ist nach dem österreichisch-jüdischen Schriftsteller, Dichter und Dramatiker Franz Werfel (1890 - 1945) benannt. In seinen Werken befasste er sich intensiv mit dem aufkommenden Antisemitismus im Europa der 1920er und 1930er Jahre und dem Thema soziale Gerechtigkeit. Sein bekanntestes Werk ist der Roman "Die 40 Tage des Musa Dagh", der die Geschichte der Vertreibungen der Armenier aus der Türkei und des Völkermords an den Armeniern erzählt. Werfel ist auch in seinem persönlichen Leben ein sprechendes Beispiel für das Schicksal der Vertreibung. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten aus der Preußische Akademie der Künste ausgeschlossen. 1938 musste er nach Frankreich flüchten, wo er nur knapp den vordringenden deutschen Truppen entkam. 1940 ging er von Portugal in die USA, wo er bis zu seinem Tod 1945 in Beverley Hills lebte.

Der Franz-Werfel-Menschenrechtspreis wird von der Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN an Einzelpersonen, Initiativen oder Gruppen verliehen, die durch ihr Handeln das Verantwortungsbewusstsein gegenüber Menschenrechtsverletzungen durch Völkermord, Vertreibung oder die bewusste Zerstörung nationaler, ethnischer oder religiöser Gruppen schärfen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Erstmals wurde er am 29.6.2003 vergeben.

Mehr über den Franz-Werfel-Menschenrechtspreis erfahren Sie unter www.franz-werfel-menschenrechtspreis.de.

Auf der Webseite der Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN finden Sie darüber hinaus spannende Interviews mit Klaus Iohannis, Jean-Claude Juncker und Dr. Christean Wagner zur heutigen Veranstaltung: www.z-g-v.de.

Die Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN wurde am 6. September 2000 vom Bund der Vertriebenen (BdV) gegründet. Ziel der Stiftung ist es, Völkervertreibungen und Genozid weltweit entgegenzuwirken, sie zu verhindern und dadurch der Völkerverständigung, der Versöhnung und der friedlichen Nachbarschaft der Völker zu dienen das Bewusstsein für diese historischen Ereignisse zu schärfen. Die Stiftung bietet Ausstellungen, Veranstaltungen und Zeitzeugendokumentationen für Bildung und Informationen an, um die Geschichte und das Leid der Vertriebenen zu vermitteln und die Bedeutung von Toleranz, Versöhnung und dem Schutz von Minderheiten zu betonen.
Mehr über die Arbeit der Stiftung ZENTRUM GEGEN VERTREIBUNGEN erfahren Sie unter www.z-g-v.de.

Zu Klaus Iohannis, Staatspräsident von Rumänien – Preisträger des Franz-Werfel-Menschenrechtspreises 2023
Klaus Werner Iohannis wurde am 13. Juni 1959 in Hermannstadt (Sibiu, Rumänien) geboren und gehört der deutschen Minderheit der Siebenbürger Sachsen in Rumänien an. Nach seinem Physikstudium war er Lehrer und Schulrat am traditionsreichen Brukenthal-Gymnasium in seiner Heimatstadt. Politisch engagierte er sich beim Aufbau des Demokratischen Forums der Deutschen in Rumänien (DFDR), das sich um die Belange der deutschen Minderheit in Rumänien kümmert. Das DFDR stellte Iohannis als Kandidaten für das Bürgermeisteramt in Hermannstadt auf. Als Stadtoberhaupt war er von 2000 bis 2014 aktiv und wirkte parteiübergreifend für alle Bürger der Stadt. Während seiner Amtszeit erreichte er u.a., dass Hermannstadt 2007 zur Kulturhauptstadt Europas erklärt wurde. Zwei Mal wurde er mit über 80 % der Stimmen als Bürgermeister wiedergewählt. Seit 2014 ist Iohannis Staatspräsident von Rumänien und genießt das Vertrauen der rumänischen Bevölkerungsmehrheit genauso wie das der anderen Minderheiten im Land. Für seinen Einsatz für ein Zusammenarbeiten aller Staaten und Völker in einem vereinten Europa und sein großes Engagement für demokratische Werte wird er auch im Ausland sehr geschätzt. Darüber hinaus hat er sich für die Stärkung der Beziehungen Rumäniens zur Europäischen Union und zur NATO eingesetzt und den Kampf gegen Korruption und politische Einflussnahme auf die Justiz zu seinen Themen gemacht. Klaus Iohannis wurde mit mehreren internationalen Auszeichnungen geehrt, darunter das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland und der Internationale Karlspreis zu Aachen. In diesem Jahr erhält er den Franz-Werfel-Menschenrechtspreis.