Romantisch oder ungewisse Zukunft?
Ein Zwischenruf zum „Wanderer über dem Nebelmeer“
In jener Zeit verschwindet genau der Wald, den Dichter und Maler gerade zu romantisieren begannen. Der Wald wird umgebaut, wird zum Holzacker. Holz wird gebraucht. Friedrich wird daher für Bode, der nicht nur Autor, sondern zuallererst Forstwissenschaftler ist, ein bildnerischer Zeitzeuge extremer Landschaftsveränderungen. Bode sucht in Malerei und Dichtung aus über 300 Jahren nach weiteren Spuren unseres Bildes vom Wald – die den Essay Waldendzeit illustrieren.
Der Blick des Forstmanns ist entlarvend, so zeichnete Friedrich hauptsächlich Fichten, wo man kunstgeschichtlich noch Tannen zu sehen glaubte. Bode fragt: Zeigt sich bereits im „Wanderer“ ein kritischer Blick auf eine Forstwirtschaft, die uns aktuell in große Probleme führt? In Zeiten des Klimawandels wird der Erfolg der Nutzholzversorgung durch Holzacker zur waldökologischen Erblast. Doch gebraucht wird Holz mehr denn je.„Caspar David Friedrich war der bildnerische Zeuge einer extremen Landschaftsveränderung an der Schwelle zur Waldbauzeit – die unseren heutigen Handlungsraum begrenzt, aber auch Chancen enthält“, sagt Wilhelm Bode.
Dass dem Essay ein Vorwort des Klimaforschers Hans Joachim Schellnhuber vorangestellt ist, der mit seinem „Bauhaus der Erde“ auf Holz im Hausbau setzt, eröffnet daher ein ganz besonderes Spannungsfeld. Implizit räumt Bode mit neoromantischen Vorstellungen von Waldbaden und Baumgeheimnissen auf. Stattdessen bringt er konstruktiv das Konzept des Dauerwalds ins Spiel, der Nachhaltigkeit und Nutzen des Waldes zusammenbringt. Bodes Frage: Waldendzeit oder Waldzukunft – wir haben uns zu entscheiden.
Der Jurist und Forstakademiker Wilhelm Bode leitete zunächst die Landesforstverwaltung und später die oberste Naturschutzbehörde des Saarlandes. Zudem war er Vorsitzender des Ökologischen Jagdverbandes Saarland, NABU-Waldsprecher und er initiierte den deutschen Beitrag zum UNESCO-Weltnaturerbe Europäische Buchenwälder. Im Jahr 1987 führte er erstmals in einem Bundesland die kahlschlagfreie Dauerwaldwirtschaft flächendeckend ein. Bode verfasste zahlreiche Bücher und Beiträge zur Zukunft des Waldes und der Waldwende und anderen Themen. In Waldendzeit verbindet er Kunst und Wissenschaft und wagt einen einzigartigen Blick auf die Geschichte des Waldes. Mit Bildern von C. D. Friedrich, Ludwig Richter, Max Ernst, Paul Klee, René Magritte, Gustav Klimt u. a.
(„Waldendzeit“ von Wilhelm Bode, KJM Buchverlag,Hardcover mit Fotografien und Karten und Gemälden von Phillipp Veit bis René Magritte, 14,3 x 21cm, 160 Seiten, 24 € (D), ISBN 978-3-96194-247-3, mit Texten von Ludwig Tieck, Adalbert Stifter, Franz Alfred Muth, Ferdinand Avenarius, Alfred Bieler, Christian Morgenstern, Günter Eich und Jürgen Wagner)