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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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Randbemerkung: Seilakrobaten an der A648

von Karl-Heinz Stier

(28.01.2022) Es gibt selten ein Ereignis, das einen erfahrenen Journalisten zum Nachdenken und Kopfschütteln bringt. Alles war schon einmal da, vieles wiederholt sich ohne Aufhebens. Doch gab es jetzt einen Vorfall, der mich stutzig machte. Drei „Umweltaktivisten“ seilten sich von einer Brücke über die A 648 in Frankfurt mit selbstgemalten Plakaten ab und brachten den Berufsverkehr zum Erliegen. Es entstand ein Stau von 10 Kilometern und ein Chaos in der Innenstadt.

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Natürlich ist das unter der Fahne einer „echten Verkehrswende“ und der Forderung nach  „Abkehr vom motorisierten Individualverkehr hin zum Radverkehr“, schon eine Zumutung und unfair gegenüber denjenigen, die auf das  Auto als Transportmittel angewiesen oder gar älter und gehbehindert sind.

Aber schlimm ist, dass die Abseilaktion mit Zustimmung des Verwaltungsgerichts in Frankfurt gebilligt und zuvor eine Beschwerde des Ordnungsamtes der Stadt Frankfurt gegen den Aktionismus verworfen wurde. Die Polizei musste daraufhin mehrere Hundertschaften aufbieten und sogar einen Hubschrauber einsetzen. Die wenigen jungen Leute freuten sich nach ihrer Tat über den Sieg, sangen und tanzten, derweil die Autofahrer warteten, bis sie wieder weiterfahren  konnten.

Ich frage mich im Nachhinein, was in den  Köpfen der Damen und Herren Verwaltungsrichter vorging. Warum geben sie einer Handvoll Protestierer recht  und ziehen sie Tausenden von Menschen vor? Die meisten waren schließlich auf dem Nachhauseweg zu ihren Familien. Der Kommentar der Richter laut Presse: „Die Teilnehmer können den Ort ihres Protestes selbst wählen und in diesem Fall sei eine Einschränkung der Rechte der Verkehrsteilnehmer hinzunehmen“.

Da muss ich schon mächtig schlucken. Eine Gesellschaft eint das nicht, wie es so oft von vielen Politikern betont wird. Nein, es reißt sie auseinander. Bleibt für mich noch die Frage, was die vielen eingesetzten Polizisten bei dieser egoistischen Agitation der Autobahn-Abseiler gedacht haben mögen?

Doch eines ist gewiss: die Entscheidung des Frankfurter Verwaltungs-Gerichts wird den „Umweltaktivisten“ für weitere „kühne“ Pläne Aufwind geben. Haben dies die Richter bei ihren Überlegungen außer Acht gelassen?