Letzte Aktualisierung: 06.09.2024
Randbemerkung: Heile, heile Gänsje …
von Ingeborg Fischer
(17.11.2023) Nix is mit heile, heile Gänsje unn nix werd widder gut. Der Martinstag ist vorüber und viel Gänse sind geschlachtet und aufgefuttert worden. Denn traditionell gibt es am Martinstag nicht nur einen Laternenumzug, sondern auch Gänsebraten.
Der heilige St.Martin, der seinen Mantel mit einem Bettler geteilt haben soll, wurde von schnatternden Gänsen verraten, als er sich in ihrem Stall versteckt hat. Er wollte nicht Bischof werden, doch er wurde durch den Lärm der Gänse entdeckt und dann zum Bischof geweiht. Seitdem gedenkt man der Gänse, indem man sie aufisst!!
Eine Gans kann bis zu 20 Jahre alt werden, ja kann … Aber unsere Mastgänse leben nur 4-6 Monate, dann sind sie schlachtreif, um eine Martinsgans oder einen Monat später eine knusprige Weihnachtsgans zu werden. Ja, ja, wer den 11. November überlebt hat ist dann am 24. oder 25. Dezember dran. Die meisten Gänse kommen für uns aus Osteuropa, wo sie unter schlechten Bedingungen gehalten und gemästet werden. In Deutschland geht es ihnen in ihrem kurzen Leben besser. Sie sind aber auch erheblich teurer als die polnischen Mastgänse. Ganz schlimm und verboten ist bei uns das Stopfen der Gänse, um Gänsestopfleber –Foie gras- zu bekommen, aber in Osteuropa erlaubt und bei den Franzosen als Delikatesse sehr beliebt. Hierzulande verzichten Restaurants zunehmend darauf, „Foie gras“ auf die Speisekarte zu nehmen. Und das ist gut so! Ein solches Qualprodukt muss nicht sein!
Ich gebe zu: Ich mag Gänsebraten! Aber ich mag auch das „Heile, heile Gänsje“ vom Ernst Neger und vor allen Dingen „Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgerson mit den Wildgänsen“, der auf der Graugans Martin über Schweden fliegt und sein Land kennenlernt. Die Geschichte von Selma Lagerlöf hat mich schon als Kind fasziniert. Märchen der Brüder Grimm wie „Die goldene Gans“, „Die Gänsemagd“, „Gänseliesel“ oder „Der Fuchs und die Gänse“ sind uns ja gut bekannt. Und dass der Fuchs die Gans gestohlen hat, wissen wir aus dem Kinderlied.
Ich habe zudem gelernt, dass Gänse kluge und auch treue Tiere sind, die ihrem Partner meist ein Leben lang verbunden bleiben. Sie können sehr zahm werden und sind sogar wachsamer als Hunde. Aber man weiß auch, wie aggressiv eine Gans gegen über Menschen werden kann.
Also, mit leicht schlechtem Gewissen werden ich mich am ersten Weihnachtstag der kulinarischen Köstlichkeit „knusprige gefüllte Gans mit Klößen und Rotkraut“ hingeben und mit einem Glas Rotwein auf Nils Holgerson und seine Graugans Martin anstoßen!