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Letzte Aktualisierung: 23.04.2024

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Randbemerkung: „Uns Uwe“

von Ingeborg Fischer

(05.08.2022) Ein Foto ging um die Welt und wurde zum Sportfoto des Jahrhunderts. Uwe Seeler verlässt 1966 geknickt, erschöpft, mit hängenden Schultern und gesenktem Kopf, begleitet von Sicherheitsleuten, das Wembley-Stadion. Deutschland unterlag England im Endspiel um die Weltmeisterschaft. Bis heute ist umstritten, ob das „Wembley-Tor“ wirklich eines war und der Ball h i n t e r der Torlinie aufschlug.

Foto:
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Aber der Kapitän der deutschen Mannschaft, Uwe Seeler, trug es mit Fassung, Anstand und Würde. Das war „uns Uwe“, was seine Persönlichkeit ausmachte – leidenschaftlich auf dem Platz, anständig auch in der Niederlage, ohne Dünkel trotz Weltruhm.

Nun ist er mit 86 Jahren gestorben. Alle Nachrufe sagen eines aus: So einen wird es nicht mehr geben! „Uns Uwe“ haben die Hamburger ihn genannt, und ganz Deutschland tat es ihnen nach. Ja, er war „uns Uwe“. Er kam aus einfachen Verhältnissen, sein Vater war Hafenarbeiter. „Meine Geschwister und ich sind zu absoluter Korrektheit und Ehrlichkeit erzogen worden“, so Uwe Seeler in einem Interview. Er war ein ruhiger, kameradschaftlicher und offener Junge, der ein blendendes Zeugnis zu seinem Volksschulabschluss erhielt und dann eine Lehre als Speditionskaufmann machte. Und er „kickte“ schon als kleiner Steppke beim Hamburger Sportverein.

1954 berief ihn Sepp Herberger in die Nationalmannschaft, und bei der WM 1958 in Schweden gelang ihm der Durchbruch. Seeler galt als einer der besten Mittelstürmer der Welt. Inter Mailand versuchte ihn schon 1961 mit der damals astronomischen Summe von einer Million Mark nach Italien zu locken. Er lehnte ab, blieb seinem Verein treu und wurde in Hamburg „unsterblich“. Nach eigener Aussage hat er seine Entscheidung  niemals bereut. „Im Rückblick muss ich sagen, sie war goldrichtig!“ Bescheiden lebte er in seinem Haus am Rande von Hamburg mit seiner Frau Ilka und den Kindern. Affären gab es bei ihm nicht.

Die Zeiten haben sich geändert. Fußball ist heute ein Millionengeschäft. Für 17– 18-jährige Talente werden zum Teil so horrende Summen gezahlt, dass einem schwindlig werden kann. Treue zu einem Verein, der sie gefördert und groß gemacht hat. Pfff … die gibt es nicht. Heute für rot-weiß, morgen für grün-weiß oder weiß–blau mit Raute. Die Trikots werden mit einem Schulterzucken gewechselt, das ist heutzutage normal. Die Hauptsache ist, dass die Kasse stimmt. Keiner regt sich mehr wirklich darüber auf. Wie hat Uwe Seeler aber einmal gesagt: „Mehr als ein Steak kann man doch nicht essen??!!“ Es würde mich interessieren, was er gedacht hat, als durch die Medien ging, dass  sich Franck Ribery, damals Bayern-München-Star, in Dubai ein Gold-Steak für 1.200 € hat servieren lassen.

Bei uns hier will ich aber auch an Charly Körbel oder Jürgen Grabowsky erinnern, die  ihrer Eintracht treu geblieben sind, und an Hermann Nuber, der nur für seine Offenbacher Kickers mit Leidenschaft gekickt hat. Sie haben den  Verein nie gewechselt. Und es gab für Charly, Jürgen und Hermann durchaus Verlockungen.

Wohin das „Fußballgeschäft“ noch führen wird? Ist es richtig, dass halbe Kinder Millionen einsacken, nur weil sie gut kicken können?

Nun, wie  hat der legendäre Frankfurter Trainer Stephanovic einst augenzwinkernd gemeint? „Lebbe geht weider“! Mal sehen, was noch kommt!

Und dem Uwe ruf ich zu: Moin Moin, Tschüss, machs gut! So ein „Echter“ wie Dich gibt es nicht wieder! Ich wünsche Dir von Herzen, dass Dein HSV endlich  in die Bundesliga aufsteigt! Vielleicht klappt es, wenn das Volksparkstadion in  „UWE-SEELER-STADION“ umgetauft worden ist.