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Letzte Aktualisierung: 25.04.2024

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Post-Azubi ist IHK-Jahrgangsbester

Gelungene Integration: Flucht vor dem Krieg in Syrien

von Ilse Romahn

(13.01.2021) Er hat es geschafft und ist in seiner neuen Heimat angekommen. Bilal Sawas Zein (26), geflüchtet aus Syrien nach Deutschland, hat bei der Deutschen Post in Erbach eine Ausbildung absolviert, die er als Jahrgangsbester vor der IHK Darmstadt abgeschlossen hat.

Auch Dankbarkeit geht durch den Magen: So kann ein gelungener Start in den Arbeitstag auch mal aussehen: Bilal Sawas Zein hat seine Ausbildung mit Bestnoten bestanden und für seine Kolleginnen und Kollegen des Zustellstützpunkts Oberzent eigens eine Dankeschön-Torte gebacken.
Foto: Deutsche Post DHL Group
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Vom Fliehen und vom Ankommen
Angefangen hat alles 2011. Mit einer Flucht über acht Länder von Syrien nach Deutschland. „Wir sind vor dem Krieg in Syrien geflohen. Zunächst nach Libanon, weil dort Teile meiner Familie wohnen. Danach ging es über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Bosnien, Slowenien, Kroatien und die Schweiz weiter bis nach Deutschland“, blickt Bilal Sawas Zein zurück. Dabei hatte sich der in Aleppo geborene und in Damaskus aufgewachsene junge Mann bereits in seiner Heimat etwas aufgebaut: Erst Abitur, danach drei Semester BWL-Studium in Beirut. Der Krieg und die Zustände in Syrien haben die Situation aber einschneidend verändert und die Flucht unumgänglich gemacht. Auch in seiner neuen Heimat arbeitet Sawas Zein, der mit Frau und Tochter in Erbach lebt, an seiner beruflichen Zukunft: „Ich will mir hier etwas aufbauen. Das war von Anfang an mein Ziel“. Deshalb hat er sich sofort nach seiner Ankunft im Odenwald um Arbeit bemüht und auf Schrottplätzen und in Schnellrestaurants gearbeitet. „Um die Zeit bis zu meiner Aufenthaltserlaubnis möglichst sinnvoll zu überbrücken, habe ich versucht die deutsche Sprache zu erlernen. Denn die Sprache ist der Schlüssel für den Zugang zu einer Gesellschaft. Unter anderem habe ich über soziale Medien deutsch gelernt“, erzählt Bilal Sawas Zein, der neben deutsch seine arabische Muttersprache sowie englisch spricht und außerdem noch über französische Sprachkenntnisse verfügt.

Posthandwerk von der Pike auf erlernt
„Eine wichtige Etappe war für mich die erfolgreiche Bewerbung um eine Ausbildungsstelle bei der Deutschen Post“, sagt Sawas Zein. „Von dieser Möglichkeit habe ich im Internet erfahren, mich beworben und meine Chance genutzt!“ Seine zweijährige Ausbildung zur Fachkraft für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen (FKEP) hat er von 2018 bis 2020 im Post-Zustellstützpunkt Oberzent in Beerfelden absolviert: „Dort habe ich in einem tollen Team das Posthandwerk von der Pike auf erlernen dürfen“, schwärmt er von seiner Ausbildungszeit in der Oberzent, wo er unter anderem als Verbundzusteller mit seinem gelben Posttransporter in Hetzbach, Falken-Gesäß, Rothenberg und im „Tal der Liebe“ (Sensbachtal) unterwegs auf Zustelltour war. Dass die Zeit in der Oberzent eine erfolgreiche Zeit war, hat Bilal Sawas Zein mit seiner Abschlussprüfung vor der IHK-Darmstadt bestätigt. Denn im Juli 2020 konnte er mit Spitzennoten und als Jahrgangsbester seine Ausbildung abschließen.

Seit August 2020 in der Aufbau-Ausbildung
Sein Arbeitgeber hat das Potential des jungen Mannes erkannt und ihm nach der überaus erfolgreichen Abschlussprüfung einen nächsten Karriereschritt ermöglicht. Seit August 2020 absolviert er im Zustellstützpunkt an der Michelstädter Straße eine aufbauende Ausbildung zum Kaufmann für Kurier-, Express- und Postdienstleistungen (KKEP). „Das ist eine besondere Auszeichnung, denn dieses Angebot können wir in unserer Niederlassung nicht vielen unserer Auszubildenden machen. Gerade vor dem Hintergrund seiner persönlichen Lebensgeschichte sind wir sehr stolz darauf, dass Bilal das geschafft hat“, freut sich Jörg Schneider, der den Erbacher Zustellstützpunkt leitet. Statt Zustellung von Briefen und Paketen stehen für Sawas Zein nun Themen wie „Personalplanung“, „Qualitätskennzahlen“, „Dienstplangestaltung“, „Betriebsmittelsteuerung“ und „Zeiterfassung“ auf dem Stundenplan. Die berufsbegleitende theoretische Ausbildung findet an der Julius-Leber-Berufsschule in Frankfurt statt. „Mir gefällt dieses duale Ausbildungssystem sehr, weil es mir sowohl eine fundierte praktische Ausbildung im Postbetrieb vor Ort in Erbach als auch eine theoretische Grundlage bietet. Das kenne ich aus Syrien so nicht“, erzählt Bilal Sawas Zein. Die zusätzliche KKEP-Ausbildung dauert zwei Jahre und endet 2022. Und was dann? „Das weiß ich jetzt noch nicht genau. Erst einmal ein Schritt nach dem anderen. Ich gebe mein Bestes und freue mich wirklich jeden Tag auf die Arbeit. Von Anfang an wollte ich hier in Deutschland mein Leben und das meiner Familie verbessern. Das war mein Ziel und die Deutsche Post ermöglicht mir, dieses Ziel zu erreichen. Dafür bin ich sehr dankbar“, zieht Bilal Sawas Zein ein Zwischenfazit.    

Der Zustellstützpunkt mit Leitungsfunktion (ZSPL) der Deutschen Post in Erbach beschäftigt 355 Mitarbeiter und bildet momentan 15 junge Menschen aus. Jeden Tag werden im Bereich des ZSPL Erbach rund 500.000 Brief- und mehr etwa 65.000 Paketsendungen bearbeitet. Die Region, die von Erbach aus gesteuert wird, reicht von Babenhausen im Norden bis Oberzent im Süden und von Groß-Bieberau im Westen bis Höchst im Osten.

Die Deutsche Post DHL Group hat bereits im Herbst 2015 eine Flüchtlingsinitiative ins Leben gerufen. Sie dient als erster Schritt zu beruflicher und gesellschaftlicher Integration, indem sie die Möglichkeit bietet, erste Arbeitserfahrungen zu sammeln, gleichzeitig Sprachkurse zu absolvieren oder Bewerbungstrainings wahrzunehmen. Rund 12.500 Menschen aus Krisenregionen wie Syrien oder Eritrea haben inzwischen teilgenommen. Viele haben auf diese Weise einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz finden können.