Otto-Hahn-Preis für Prof. Herbert Waldmann

Foto: Stadt Frankfurt am Main, Foto: Holger Menzel
Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert und wird gemeinsam von der Stadt Frankfurt am Main, der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) und der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) getragen. Das Kuratorium ehrte Prof. Waldmann mit dem Preis dafür, dass er maßgeblich dazu beitrug, die Chemische Biologie als Forschungsgebiet zu etablieren, und für seine Leistungen für die weitere Entwicklung der Disziplin.
Stadtkämmerer Bergerhoff würdigte den Preisträger für seinen Beitrag zur Erforschung neuer Wirkstoffe für die Medizin: „Professor Dr. Dr. h.c. Herbert Waldmann zählt auf seinem Forschungsgebiet zweifellos zu den renommiertesten Wissenschaftlern weltweit. Seine Arbeiten haben die innovative Forschung im Bereich der medizinischen Chemie inspiriert und den Weg bereitet für neuartige therapeutische Interventionen, unter anderem in der Krebsforschung.“
Prof. Karsten Danielmeier, Präsident der GDCh, unterstrich die Bedeutung des Preises: „Von den zehn Preisträgern, die wir seit 2005 ehren durften, wurde vieren – Theodor Hänsch, Gerhard Ertl, Stefan Hell und ganz aktuell Ferenc Krausz– auch der Nobelpreis zugesprochen. Deutlicher kann man die Relevanz des Preises, den wir heute hier vergeben, kaum aufzeigen. Das schöpferische Potenzial der Chemie in Wissenschaft und Industrie wird heute mehr denn je gebraucht.“
Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig würdigte den Beitrag zum medizinischen Fortschritt: „Bereits jetzt sind in der Bekämpfung von Krebs Therapien möglich, von denen wir vor zehn oder zwanzig Jahren kaum zu träumen wagten. Professor Dr. Dr. h.c. Herbert Waldmanns Erfolge machen Mut, denn er steht mit seiner Arbeit vorbildhaft für die Erforschung und Nutzbarmachung des riesigen noch ungehobenen Potenzials der modernen Wissenschaft für uns Menschen, unsere Umwelt und unsere Gesellschaft.“
Prof. Till Opatz, Professor für Organische Chemie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, hob in seiner Laudatio hervor: „Mir ist besonders ein treffend-typisches wie sympathisches Zitat von Herbert Waldmann in Erinnerung: ‚Ich war schon immer ein präparativer organischer Chemiker, ein ‚Molekülmacher‘, und werde auch immer einer sein.‘ Professor Waldmann führte vergleichende Strukturanalysen [von Naturstoffen] durch und konnte mit Hilfe der Informatik Stammbäume von Naturstoffgerüsten erstellen, die die Frankfurter Allgemeine Zeitung einmal mit dem Periodensystem der Elemente verglichen hat.“
Der Preisträger Prof. Waldmann bedankte sich mit einem Max-Planck-Zitat: „‚Dem Anwenden muss das Erkennen vorausgehen.‘ Diese Feststellung Max Plancks hat mich zu einem neuen Prinzip für die Wirkstoffforschung geführt.“
Waldmann hat durch seine Forschung neue Quellen für Wirkstoffe erschlossen und damit gesellschaftliche Verantwortung übernommen. Er konzipierte eine neuartige Methodik, um voll funktionsfähige Proteine zu synthetisieren. Darüber hinaus entwickelte er einen konzeptionellen Rahmen für die Herstellung bioaktiver kleiner Moleküle, welche die Funktion von Proteinen modulieren. Diese Ansätze wurden erfolgreich in der biologischen Forschung angewandt und ermöglichten neue Einblicke in wichtige biologische Prozesse, insbesondere in die Signalübertragung. Mit seiner Gruppe entwickelte der Chemiker eine Synthesemethode für lipidierte Proteine, insbesondere der Ras-GTPasen. Deren Mutation tritt bei einem Fünftel aller menschlichen Krebserkrankungen, den Ras-abhängigen Tumoren, auf und wirkt beim unkontrollierten Zellwachstum mit.
Seine Forschung führte zu bedeutenden Erkenntnissen über die Rolle dieser Ras-GTPasen in der biologischen Signalübertragung, einschließlich der Entdeckung des dynamischen „Ras-Zyklus". Diese Forschungsarbeiten ermöglichen die Entwicklung niedermolekularer Hemmstoffe, die das Wachstum von Ras-abhängigen Tumoren hemmen können und eröffnen neue Möglichkeiten für neuartige therapeutische Interventionen.
Waldmann schloss 1985 sein Studium der Chemie mit der Promotion an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ab. Nach zwei Jahren an der Harvard Universität, Cambridge, USA, kehrte er nach Mainz zurück, wo er 1991 habilitiert wurde. Nach Stationen an der Universität Bonn und der Universität Karlsruhe leitet er seit 1999 die Abteilung Chemische Biologie am Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie und ist gleichzeitig Professor für Biochemie an der Technischen Universität Dortmund. Seit 2005 leitet er zusätzlich das Chemical Genomics Centre der Max-Planck-Gesellschaft. Waldmann ist Autor von über 500 wissenschaftlichen Veröffentlichungen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Im Jahr 2014 verlieh die Universität Leiden in den Niederlanden ihm die Ehrendoktorwürde. Waldmann ist seit 2004 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Darüber hinaus gehört er verschiedenen Editorial Boards wissenschaftlicher Zeitschriften sowie zahlreichen Fachbeiräten und Kuratorien an.
Der Otto-Hahn-Preis wird von der Stadt Frankfurt am Main, der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) und der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gemeinsam verliehen. Er dient der Förderung der Wissenschaft insbesondere auf den Gebieten der Chemie, Physik und der angewandten Ingenieurwissenschaften durch die Anerkennung herausragender wissenschaftlicher Leistungen. Er ist mit 50.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre mit einem Festakt in der Paulskirche verliehen. (ffm)