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Letzte Aktualisierung: 19.04.2024

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Missverhältnis bei Fürsorgearbeit

Noch immer unsichtbar, unterbewertet und unbezahlt – noch immer Frauensache

von Ilse Romahn

(26.02.2021) Weltweit leisten Frauen und Mädchen täglich über zwölf Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit (Quelle: Oxfam Studie 2020 zur sozialen Ungleichheit). In Deutschland beträgt der Gender Care Gap rund 50 Prozent. Das heißt, Frauen leisten rund eineinhalb Stunden pro Tag mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer (Quelle: BMFSFJ, 2. Gleichstellungsbericht 2017).

Frauendezernentin Rosemarie Heilig und Frauenreferatsleiterin Gabriele Wenner fordern – zum bundesweiten „Equal Care Day“ – endlich bessere Bedingungen für eine geschlechtergerechte Verteilung und Bezahlung der Fürsorgearbeit. Ob Haushalts- und Pflegearbeiten, Kinderbetreuung oder familiäre Unterstützung: Nach wie vor übernehmen erheblich mehr Frauen als Männer diese Verantwortung.

„Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und der Blick auf den Wert sozialer Arbeit muss sich ändern“, betont Heilig. „Faire Bezahlung und mehr Anerkennung für Carearbeit sind unerlässlich. Wir müssen aber auch mit den tradierten Rollen brechen, die Frauen fast zwangsläufig alle Aufgaben der Fürsorge zuschreiben.“

In der aktuellen Pandemie hat sich die Situation noch zugespitzt, denn Schul- und Kitaschließungen oder deren stark eingeschränkter Betrieb erhöhen den zeitlichen Aufwand für Kinderbetreuung und weitere Bereiche der „Sorgearbeit“ deutlich. Die Hauptlast der Kinderbetreuung während des Lockdowns lag bei den Müttern, obwohl Väter in der Corona-Krise mehr Zeit für die Kinderbetreuung investierten als zuvor (Quelle: DIW Aktuell 51, 2020).

„Viele Frauen halten mit dieser unbezahlten Arbeit ihren Männern beruflich den Rücken frei und zahlen dafür einen hohen Preis“, sagt Wenner, „denn unbezahlte Fürsorgearbeit oder schlecht entlohnte Care-Berufe führen zu einer Lohnlücke, die Frauen lebenslang benachteiligt.“

Die Folgen sind prekäre Lebensverhältnisse, Abhängigkeiten vom erwerbstätigen Partner sowie Altersarmut. Teilzeitarbeit und die Unterbrechung der Erwerbsarbeit für unbezahlte Sorgearbeit führen dazu, dass Frauen am Ende ihres Erwerbslebens um die Hälfte weniger Geld verdienten. Das sorgt hierzulande für eine durchschnittliche Rentenlücke von ebenfalls rund 50 Prozent (Quelle: BMFSFJ, 2. Gleichstellungsbericht 2017).

Der Equal Care Day ist der Aktionstag für eine geschlechtergerechte und faire Verteilung der Fürsorgearbeit. Er wurde am 29. Februar 2016 von der „Initiative Equal Care Day“ angestoßen. Das Datum des Schaltjahres ist bewusst gewählt, es symbolisiert: Care-Arbeit ist kaum sichtbar, wird in der Gesellschaft nicht angemessen wertgeschätzt und oftmals unbezahlt zu Hause geleistet. Trotzdem finden auch in diesem Jahr in Anlehnung an den „Equal Care Day“ zum 1. März bundesweite Aktionen statt, um eine faire und bessere Verteilung der Care-Arbeit einzufordern. (ffm)