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Letzte Aktualisierung: 21.03.2025

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Mikro- und Nanoplastik im Gehirn

Besteht ein Zusammenhang mit Demenz?

von Dr. Andreas Mehdorn

(10.03.2025) Mikroskopisch kleine und kleinste Plastikteilchen finden sich fast überall in der Umwelt wie auch im menschlichen Körper. Eine aktuelle Untersuchung, die insgesamt 52 verstorbene Personen in den Jahren 2016 und 2024 untersuchte, kam nun zu dem Ergebnis: Die Kontamination des menschlichen Körpers hat in dieser Zeit deutlich zugenommen. Besonders im vorderen Teil des Gehirns ließen sich viele Plastikteilchen nachweisen.

Im Blog der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie e. V. DGE wurde in letzter Zeit mehrfach über Mikro- und Nanoplastik referiert. Am 3. Februar 2025 kann man jetzt online in Nature Medicine einen Artikel lesen: „Bioaccumulation of microplastics in descendent human brain“. Postmortal wurden Leber, Nieren und Gehirn von in den Jahren 2016 und 2024 verstorbenen Menschen auf Mikro- und Nanoplastik (MNP) mit der Pyrolyse-Gas Chromatographie-Massenspektrophotometrie untersucht.

Dazu schreibt Prof. Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz, Bochum, im Medizinischen Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie: „Während in Leber und Niere im Jahre 2024 etwa gleiche Konzentrationen an MNP gefunden wurden (433 und 404 µg/g), waren die Konzentrationen im frontalen Cortex des Gehirns 2024 um ein Vielfaches höher (4917 µg/g, p<0.0001).  Die Autoren hatten 28 Gehirnproben von 2016 und 24 von 2024 untersuchen können. Die Proben stammten von   demographisch vergleichbaren Personen.

Es wird diskutiert, dass Leber und Nieren als Ausscheidungsorgane des Körpers möglicherweise den Organismus von MNP klären können, was beim Gehirn jedoch nicht der Fall ist.  Es werden auch Überlegungen angestellt, wie MNP-Teilchen ins Gehirn gelangen können und ob es möglich/wahrscheinlich ist, dass sie nicht nur von der Nahrung über den Darmtrakt ins Körperinnere transportiert werden. In einem Kommentar dazu diskutiert Oliver Stones von der RMIT Universität Melbourne (im Zusammenhang mit einer möglichen Assoziation von MNP zur Demenz), dass ja auch andere kleine Partikel aus der Umwelt ins Gehirn gelangen könnten, was nicht untersucht wurde.

Die Autoren fanden nämlich in einer Kohorte von zwölf Personen mit dokumentierter Demenz-Diagnose im Vergleich zu nicht-dementen Personen drei- bis fünffach höhere MNP-Konzentrationen. Es wird aber eindrücklich davor gewarnt, MNP als kausal für eine Demenz-Entstehung anzusehen.

P.S. In der „Welt am Sonntag“ erschien  15. Februar 2025  auf der Titelseite ein großes Bild eines menschlichen Kopfes, voll bespickt mit bunten kleinen Kügelchen und Teilchen mit dem Kommentar: „Unser Gehirn ist voll von Mikro- und Nanoplastik“. Im Blattinneren fand sich darüber ein ganzseitiger Artikel.“