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Letzte Aktualisierung: 11.10.2024

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Mentale Stütze in der Not. Helfen lässt sich lernen

von Ilse Romahn

(01.10.2024) Laut einer Studie gibt etwa jeder dritte Deutsche an, aktuell an einer psychischen Erkrankung zu leiden. Doch wer Anzeichen seelischer Probleme bei geliebten Menschen bemerkt, sieht sich nicht selten selbst mit Ratlosigkeit konfrontiert. Fragen wie „Sollte ich denjenigen darauf ansprechen?“ oder „Was, wenn ich etwas Falsches sage?“ verdeutlichen den inneren Spagat zwischen rücksichtsvoller Zurückhaltung und großer Sorge. Auch wenn eine vertraute Person den Mut fasst, ihre inneren Kämpfe zu teilen, fühlen sich viele Angehörige überfordert.

Dr. med. Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie und ärztlicher Direktor der Klinik am schönen Moos, gibt wertvolle Tipps, um dem Gegenüber mit Fingerspitzengefühl und Empathie in einer besonders sensiblen Lebenssituation zu begegnen.

Handlungsbedarf erkennen
Verhaltensänderungen wie der Rückzug aus sozialen Aktivitäten, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit oder gestörte Schlafmuster können Hinweise auf verschiedene psychische Probleme sein. „Auffällig ist außerdem, wenn Freunde oder Familienmitglieder plötzlich das Interesse an früheren Hobbys oder Aktivitäten verlieren. In solchen Momenten ist es wichtig, nicht lange abzuwarten, sondern in einem ruhigen und privaten Moment das Gespräch zu suchen“, sagt Dr. Häfner und ergänzt: „Offene Fragen wie ‚Wie geht es dir wirklich?‘ oder ‚Ich habe bemerkt, dass du dich verändert hast, möchtest du darüber sprechen?‘ helfen das Gespräch zu eröffnen und geben dem Gegenüber Raum, um seine Emotionen auszudrücken.“ Gerade im Freundeskreis ist es zudem wichtig, einen möglichen Bystander-Effekt zu vermeiden, also darauf zu hoffen, dass schon jemand anderes die Initiative ergreift. „Stattdessen gilt es selbst aktiv zu werden und Unterstützung anzubieten“, sagt Dr. Häfner. „So signalisieren wir, dass psychische Probleme kein Tabu, sondern ernst zu nehmen sind.“

Einfühlsame Worte finden
Wenn sich ein geliebter Mensch öffnet, empfinden viele Personen das nicht nur als Erleichterung, sondern auch als Druck – häufig lenkt sich das Gespräch dadurch reflexartig auf vermeintlich schnelle Lösungen. Dr. Häfner betont: „Das Bedürfnis, sofort helfen zu wollen, ist verständlich, aber manchmal ist das einfache Zuhören die größte Unterstützung, die Angehörige geben können. Es geht nicht darum, auf jede Sorge eine Antwort und einen Ratschlag parat zu haben, sondern vielmehr darum, dem anderen das Gefühl zu vermitteln, dass er gehört und verstanden wird. Dabei kann es schon ausreichend sein, einfach nur präsent zu sein und gemeinsam die Stille auszuhalten.“ Solche Momente geben Betroffenen Raum, ihre Gedanken zu sortieren, und die Gewissheit, ohne Druck nicht sofort weiterreden zu müssen. Eine aufrichtige, nicht wertende Haltung schafft eine gute Atmosphäre und gehört dabei zum A und O. Außerdem empfiehlt Dr. Häfner: „Keine Scheu vor Rückfragen. Wer sich dazu entscheidet, sein Herz auszuschütten, freut sich zumeist über das ehrliche Interesse. Alle Informationen gilt es dabei natürlich vertraulich zu behandeln. Ohne die Einwilligung des Betroffenen über seine Probleme zu sprechen, kann das Vertrauen zerstören und zusätzlich belasten.“

Praktische Hilfe anbieten
Nicht nur aufbauende Worte, sondern auch helfende Hände wirken in der Not. „Selbst kleine Gesten, wie die Begleitung zu Arztterminen oder Hilfe bei Alltagsaufgaben, geben Betroffenen häufig das Gefühl, nicht allein zu sein, und vermitteln ein hohes Maß an Stabilität und Sicherheit“, erklärt der Facharzt und fügt an: „Angehörige sollten zudem sanft dazu ermutigen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, sei es durch einen Psychotherapeuten oder eine psychosomatische oder psychiatrische Klinik. Auch die Recherche nach Selbsthilfegruppen ist sinnvoll, da diese einen geschützten Raum für den Austausch mit anderen Betroffenen bieten und eine wertvolle Ergänzung zur Therapie darstellen.“ Wer sich gut über psychische Erkrankungen informiert, versteht die Situation von Betroffenen zudem häufig besser und leistet gezieltere Hilfe.

Expertentipp für die eigene Selbstfürsorge: „Es ist wichtig zu verstehen, dass Freunde und Angehörige nicht die Aufgabe haben, den Betroffenen zu heilen. Sie können ihn lediglich in seiner Genesung unterstützen. Es kommt durchaus vor, dass sich der emotionale Beistand mit der Zeit als belastend erweist. Deshalb ist es wichtig, auch auf die eigene psychische Gesundheit zu achten. Regelmäßige Selbstfürsorge, wie Auszeiten, persönliche Glücksmomente oder professionelle Beratung, kann helfen, die eigene Balance zu halten und eine ‚Mitgefühlsermüdung‘ zu vermeiden.“

Weitere Informationen unter www.klinik-a-s-moos.de