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Letzte Aktualisierung: 17.04.2024

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Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert zehn neue Projekte

Hoher Stellenwert der Kultur gerade in Zeiten der Pandemie

von Ilse Romahn

(31.05.2021) Der Kulturausschuss des Kulturfonds Frankfurt RheinMain hat die Förderung von zehn Kunst- und Kulturprojekten beschlossen. Diese werden im Rahmen der aktuellen Förderperiode mit einer Summe von rund 2,93 Millionen Euro finanziell unterstützt.

Die geförderten Konzepte bieten eine vielseitige Mischung und stehen stellvertretend für das breite künstlerische Spektrum des Rhein-Main-Gebiets. „Die Projekte sind qualitativ hochwertige Angebote, die einen wichtigen Beitrag zur kulturellen Bereicherung gerade auch während der immer noch anhaltenden Pandemie leisten und Hoffnung machen auf die Zeit danach.“ Dies zeigt sich für die Vorsitzende des Kulturausschusses Ayse Asar, Staatssekretärin im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, vor allem an der Art und Weise, wie Akteure aus den Bereichen Kunst und Kultur mit der schwierigen Lage umgegangen sind: „Diese langwierige Phase, die in dieser Form für uns alle neu war und ist, stellt gerade den gesamten Kulturbetrieb weiterhin vor große Herausforderungen. Mit zahlreichen kreativen Ideen haben es viele Veranstalter und Einrichtungen geschafft, passende und facettenreiche Lösungen zur Ausgestaltung von Festivals, Konzerten oder Ausstellungen zu kreieren.“ Der Kulturausschuss habe bei der Auswahl der Projekte ein Hauptaugenmerk auf diejenigen Angebote gelegt, die gemeinschaftlichen Zusammenhalt fördern und Menschen aus unterschiedlichen Bereichen zusammenbringen. „Wir haben in den letzten Monaten gesehen, welchen hohen Stellenwert Kultur in unserer Bevölkerung gerade in einer schwierigen Phase einnehmen kann. Das Eintreten für Werte, das Schaffen von Verbindungen zwischen verschiedenen Gruppen und das Festigen von gemeinschaftlichem Kulturdenken sind in der jetzigen Zeit und auch nach einem hoffentlich baldigen Ende der Pandemie wichtiger denn je.“

Dies bestätigt auch Karin Wolff, Geschäftsführerin des Kulturfonds Frankfurt RheinMain, mit Blick auf die Rolle des Fonds. „Wir sehen uns durch die vergangenen Monate bestätigt, dass eine aktive Unterstützung und Förderung von kulturellen Projekten und eine enge Verbindung zu Kulturschaffenden höchste Priorität haben. In einer Zeit des Abstandhaltens und somit auch der Absagen oder der Digitalisierung von Veranstaltungen und Ausstellungen war es uns ein besonderes Anliegen, nicht nur beratender, sondern auch emotionaler Partner für den gesamten Kunst- und Kulturbereich zu sein. Zu stabilisieren, aber gleichzeitig auch Hoffnung zu vermitteln, hat vielen Partnern in dieser Phase geholfen.“ Die Nachfrage nach kulturellen Angeboten und die Zahl der Kulturformate, die sich krisenbedingt angepasst hätten, seien weiterhin hoch. „Seit Beginn der Pandemie, also seit Mitte März letzten Jahres, sind bei uns 123 Anträge zur Projektförderung eingegangen. Dies zeigt, dass viele Einrichtungen und Organisationen alternative Lösungen und Konzepte gefunden haben, um der Gesellschaft ein kulturelles Angebot zu ermöglichen. Durch die Förderung von innovativen, spannenden und kreativen Projekten wollen wir diesen Prozess weiter unterstützen“, betont Wolff.

Mit der Förderung von zehn Projekten betont der Kulturfonds das erklärte Ziel, die zentrale gesellschaftliche Rolle von Kunst und Kultur in Frankfurt RheinMain auch nach über 14 Pandemiemonaten stark zu erhalten und weiterzuentwickeln. Neben den Themenschwerpunkten „Erzählung.Macht.Identität“, „Frankfurt RheinMain als Transformator der Moderne in Europa“ und „Internationalität“ werden erneut auch interdisziplinäre Projekte im Zuge der neuen Förderperiode unterstützt.

Die Projekte:
Schwerpunktthema „Erzählung.Macht.Identität“
Das Frankfurt LAB errichtet im Sommer 2021 in Kooperation mit dem Künstlerhaus Mousonturm eine temporäre Freilichtbühne im Kaiserleiviertel zwischen Frankfurt am Main und Offenbach. Nach den Plänen des Berliner Architektenkollektivs „raumlabor“ will der „Sommerbau“ mit überdachten Zweierlogen für bis zu 250 Zuschauerinnen und Zuschauer Platz und unvergessliche Kunsterlebnisse als soziale Gemeinschaftserfahrung unter Einhaltung der aktuellen Hygienemaßnahmen ermöglichen. Unter dem Titel „Große Frankfurter Dionysien 2021“ präsentieren Frankfurt LAB und der Mousonturm vom 31. Juli bis 28. September 2021 ein internationales Leuchtturmprogramm herausragender zeitgenössischer und künstlerischer Theater- und Tanzproduktionen. Teil des Programms sind Christopher Rüpings preisgekrönter zehnstündiger Antiken-Marathon „Dionysos Stadt“ mit sieben Aufführungen, vier Vorstellungen der Tanzproduktion „MAL – Embriaguez divina“ der Star-Choreografin Marlene Monteiro Freitas und die spektakuläre Konzert-Theater-Performance „Jedermann Reloaded“ des österreichischen Schauspielers Philipp Hochmair, ebenfalls mit vier Aufführungen. Die partizipative Eventreihe „Bevölkerungsversammlung“ verknüpft das Theaterprogramm und bietet Raum für die Anliegen und Fragen des Publikums.

Die Schirn Kunsthalle Frankfurt am Main zeigt in der umfangreichen Themenausstellung „Vor der Stunde Null“ das Kunstschaffen in Deutschland in der Zeit zwischen 1933 und 1945 anhand 15 ausgewählter Künstlerbiographien. Im Fokus stehen dabei explizit Künstlerinnen und Künstler, die sich abseits des nationalsozialistischen Kunstbetriebs bewegten und keine Förderung erhielten. Gerade für diese Künstlerinnen und Künstler war die Epoche geprägt von Apathie, Stillstand sowie künstlerischer und menschlicher Isolation. Anhand der individuellen Künstlerbiographien will die Ausstellung diese pauschale Aussage hinterfragen und dabei die Handlungsspielräume abseits der staatlichen Kunstförderung ausloten. Die Strategien im Umgang mit dem fehlenden Publikum, der Materialknappheit und dem Mangel an Austausch sind dabei so vielfältig wie die Kunstschaffenden selbst: Rückbezug auf das eigene Werk, gesteigerte Kreativität, Rückbesinnung auf existentielle Themen, inhaltliche Anpassung oder Radikalisierung. Darüber hinaus bildet die bis heute wenig hinterfragte Rezeptionsgeschichte der Kunst zwischen 1933 und 1945 einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung. Insbesondere die politische Interpretation vieler Werke als versteckte Kritik am nationalsozialistischen Regime lässt sich anhand der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht immer aufrechterhalten. Die Ausstellung läuft vom 11. März bis zum 12. Juni 2022.

Die Ausstellung „Mythos Handwerk“ nimmt vom 18. März bis 28. August 2022 das Handwerk als mythische Botschaft in den Blickpunkt. Neben dem eigentlichen Sinn des Wortes „Handwerk“ integriert ein Mythos eine Fülle sich verändernder und zuweilen widersprechender Emotionen und Afekte, Zuschreibungen und Wunschvorstellung. Das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main kooperiert für dieses Projekt mit dem Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, dem vorarlberg museum in Bregenz und dem Werkraum Bregenzerwald. Die Kooperationspartner vereint ihr institutionsspezifischer Charakter, bei dem handwerklich hergestellte Objekte einen fundamentalen Stellenwert einnehmen und aus dem sie sich selbst begründen, definieren und differenzieren. Die Ausstellung geht dabei auf Spurensuche, in welcher Art und Weise universelle Klischees und Werte in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft mit dem Handwerk verknüpft wurden bzw. werden und wie diese zu bewerten sind. Diese Fragen werden in einer siebenteiligen Reihe mit unterschiedlichen Schwerpunkten anhand ausgewählter Objekte aus den Sammlungen der kooperierenden Partner und vielfältigen Medien in Szene gesetzt.

Schwerpunktthema „Frankfurt RheinMain als Transformator der Moderne in Europa“
Rainer Werner Fassbinder zählt zu den bedeutendsten deutschen Nachkriegsregisseuren und war eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Mit der gesellschaftskritischen Positionierung in seinen 44 Kino- und Fernsehfilmen, die auch heute noch auf großes Interesse stoßen, hat er das nationale wie internationale Bild Deutschlands nachhaltig geprägt. Das Deutsche Filminstitut & Filmmuseum e.V. (DFF) hat im Jahr 2019 den umfangreichen Nachlass Fassbinders übernommen. Mit dem innovativen, internationalen Projekt „Encounter RWF / RWF entdecken“ möchte das DFF Zugänge zu den Werken Fassbinders legen und der Frage auf den Grund gehen, ob die Bedeutung Fassbinders festgeschrieben sei oder ob es für die Gegenwart neue Ansichten benötige. Nationale wie internationale Künstlerinnen und Künstler aus den Bereichen Film, Musik, Theater und Vermittlerpersönlichkeiten nehmen diese Frage auf und entwickeln aus einer produktiven und kritischen Auseinandersetzung eigene künstlerische Positionen. Das Projekt beginnt am 1. Dezember 2021 und findet seinen Höhepunkt im Jahr 2023 mit der Vorstellung der Projektarbeiten für ein breites Publikum in Frankfurt am Main und in Wien.

Im Rahmen des interdisziplinären Formats „Freispiel“ geht die Junge Deutsche Philharmonie e.V. alle zwei Jahre auf die Suche nach innovativen und neuen Veranstaltungsformaten. Mit einer dreiteiligen Revue rücken für das „Freispiel 2022“ gesellschaftlich relevante Themen wie Konsum, Geiz und Gier in den Mittelpunkt. Hierbei werden Werke der 1920er Jahre aus Musik, Film und Theater aufgegriffen. Der erste Teil der Revue behandelt vertonte Texte von Berthold Brecht, die von Leonhard Kuhn speziell für das Freispiel 2022 neu inszeniert und von der Sängerin LARY neu interpretiert werden. Im zweiten und zentralen Teil des Programms wird der Stummfilm „Der Schatz“ von G.W. Pabst gezeigt. Unterstützt wird dies durch Filmmusik von Max Deutsch, die live vom Orchester der Jungen Deutschen Philharmonie in Kooperation mit der Europäischen FilmPhilharmonie aufgeführt wird. Für den dritten Teil erarbeiten die Orchestermitglieder gemeinsam mit der Physical Acting-Künstlerin Lucy Flournoy ein Körpertheater zu heiter-ironischen Werken. Vom 29. August bis 5. September 2022 sind fünf Aufführungen im Rhein-Main-Gebiet und in ganz Deutschland geplant – in unserer Region in Darmstadt, Frankfurt am Main, Hanau und im Rheingau.

Schwerpunktthema „Internationalität“
Die Relevanz aktueller Musik und ihre Verbindung mit gesellschaftspolitischen Diskursen und Fragestellungen steht im Zentrum des Festivals „cresc… 2022: ME WE“, dass von der Deutschen Ensemble Akademie e.V. an zwei Wochenenden im Februar und März 2022 ausgerichtet wird. In stark polarisierten westlichen Gesellschaften, in denen die Vielfältigkeit der Individuen (ME) von zahlreichen Menschen zunehmend als bedrohlich wahrgenommen werden und sich immer mehr in kleine „bubbles“ zurückziehen, gewinnen Begegnungen an Bedeutung, die aus dem individuellen Einzelnen eine Gemeinschaft bilden (WE). Das Festival legt den thematischen Fokus symbolisch auf zwei gegensätzliche geografische Orte: Island und Westafrika. Mit den länderbezogenen musikalischen Klängen und Traditionen erwartet das Publikum ein abwechslungsreiches Programm.

Die Ausstellung „Wasser im Jugendstil – Zwischen Heilerwartung und Zerstörung“ ist der Beitrag des Museums Wiesbaden für das kommenden „Jahr des Wassers“ und läuft vom 13. Mai bis 30. Oktober 2022. Die Kunstwerke der Ausstellung sollen zeigen, welchen Stellenwert das Element Wasser in der hessischen Kurstadt einnimmt und wie Wasser als Ausdrucks- und Lebensform eine künstlerische Umsetzung erfuhr. Im Jugendstil spielte das Element auf jeder Ebene eine zentrale Rolle und wurde zu einem komplexen und faszinierenden Motiv, das sich aus völlig unterschiedlichen Facetten zusammensetzte und diese schließlich symbiotisch miteinander verknüpfte. Die Ausstellung beleuchtet das Element von zwei Seiten – einerseits von ihrer heilenden Kraft innerhalb der Lebensreform, die vollständig vom Jugendstil durchdrungen war, andererseits von ihrer gefährlichen und geheimnisvollen Seite unter dem Wasser mit ihren Bewohnern. Diese zweigleisige Ausrichtung ermöglicht es, Wasser als Imaginationsraum anhand ausgewählter Objekte von Jugendstil und Art Nouveau als auch die Umsetzung innerhalb der Lebensreform mit all ihren ideologischen Nachwirkungen zu thematisieren.

Die „Tanzplattform Rhein-Main“ ist ein deutschlandweit einmaliges Modellprojekt, das die Kunstform Tanz auf vielseitigen Ebenen fördert und für ein breites Publikum im Rhein-Main-Gebiet zugänglich macht. Aufbauend auf Aktivitäten der letzten sechs Jahre initiiert das Künstlerhaus Mousonturm Frankfurt am Main neue Produktions-, Präsentations- und Rezeptionsformate für künstlerische Entwicklung, Vermittlung und Partizipation. Der Körper und seine unterschiedlichen Artikulationsformen rücken dabei ins Zentrum. Unter dem Motto „Regionale Stärkung – Diversifizierung – Inklusion“ erweitert die Tanzplattform ihr regionales Engagement und legt dabei einen verstärkten Fokus auf die Schaffung eines barrierefreien Tanzortes für Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Mit diesem Denkansatz will das Projekt in den kommenden Jahren die Förderung neuer künstlerischer Entwicklungen und die Auflösung von gruppenspezifischem Denken im Rhein-Main-Gebiet weiter vorantreiben, das vor allem durch seine vielfältige Einwohnerschaft charakterisiert ist.

Mit der Aufführung des „War Requiem op. 66“ von Benjamin Britten wird an das Kriegsende vor 75 Jahren und an die zahlreichen Opfer gedacht. Unter der Leitung des Dirigenten Wolfgang Seeliger spielen der Konzertchor Darmstadt, die Limburger Domsingknaben und ein Projektchor als regionales Ensemble sowie das Beethoven Akademie Orchester Krakau zusammen. Begleitet werden sie durch den englischen Tenor Ian Bostridge, den deutschen Bariton Johannes Martin und die russische Sopranistin Natalia Oleshkova. Diese Besetzung orientiert sich an Brittens Uraufführung 1962, in der er bewusst Solisten aus den kriegführenden Nationen einsetzte. Die Aufführungen werden von musikwissenschaftlich fundierten Einführungsvorträgen und Programmheften sowie auf den Aufführungsort abgestimmten Bildprojektionen aus dem Zweiten Weltkrieg begleitet. Zusätzlich wird die vorhandene Struktur vorsichtig geöffnet und deutsche Texte gegen den Krieg aus vier Jahrhunderten eingebaut. Die Aufführungen finden vom 1. bis 3. Oktober 2021 statt.

Das Städel Museum Frankfurt am Main initiiert in Kooperation mit dem Museo Nacional del Prado Madrid eine Ausstellung von Werken des italienischen Malers Guido Reni, der trotz seines immensen Einflusses auf die europäische Kunstgeschichte in jüngster Vergangenheit wenig Aufmerksamkeit erhalten hat. Diese erste große Schau in Deutschland seit 30 Jahren stellt Renis herausragende und erfolgreiche Position in der europäischen Barockmalerei heraus und eröffnet neue Perspektiven auf den Maler. Im Zentrum der Ausstellung „Guido Reni. Die Schönheit des Göttlichen“ steht eine umfassende Auswahl von eigenhändigen Gemälden, Zeichnungen und Radierungen des italienischen Künstlers des 17. Jahrhunderts, die seine künstlerische Positionierung und die Vielfalt seiner Bildthemen verdeutlichen soll. Durch die Zusammenarbeit mit dem Museo del Prado zeichnet sich die Ausstellung durch eine hohe Qualität der Objekte und eine tiefgreifende wissenschaftliche Expertise aus. Die Sammlung ist vom 23. November 2022 bis zum 5. März 2023 im Städel Museum Frankfurt am Main zu sehen.

Darüber hinaus unterstützt der Kulturfonds eine Bewerbung von Frankfurt RheinMain als „World Design Capital 2026“ und fördert entsprechende Aktivitäten. Der Auftrag der Projektleitung für die Koordinierung der Bewerbung ist erfolgreich vergeben worden.

Mehr über die Arbeit des Kulturfonds erfahren Sie unter www.kulturfonds-frm.de.