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Letzte Aktualisierung: 09.12.2024

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Kritik an Krankenhausreform

DDG: Die Diabetiker dürfen nicht unter die Räder kommen!

von Norbert Dörholt

(29.11.2024) Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) hat auf einer Pressekonferenz anlässlich der 18. Diabetes Herbsttagung die aktuelle Entwicklung der Krankenhausreform scharf kritisiert. Trotz ihres grundsätzlichen Nutzens geht die Reform nach Ansicht der Diabetologen an den Bedürfnissen der rund neun Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland vorbei. „Die Krankenhausreform ist sinnvoll, aber in ihrer jetzigen Form wird sie keinem der betroffenen Patienten wirklich helfen“, sagte Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Präsident der DDG, bei der Pressekonferenz.

Jährlich benötigen knapp drei Millionen stationär behandelte Menschen mit Diabetes eine fachgerechte diabetologische Versorgung, um Komplikationen oder Notfälle zu vermeiden. „Eine präzise und rechtzeitige Diagnose von Diabetes mellitus und die Berücksichtigung des korrekten Diabetes-Typs sind entscheidend für den Therapieerfolg. Beispielhaft führen Verwechslungen von Typ-1- und Typ-2-Diabetes zu fehlerhaften Medikationen, erheblichen Komplikationen und massivem Leid für die Betroffenen“, so Fritsche.

Ferner braucht etwa eine chirurgische Abteilung, die operative Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse durchführt, eine enge Zusammenarbeit mit der Diabetologie, da nach solchen Eingriffen häufig ein Diabetes mit Insulinmangel auftritt. Auch in der Akutversorgung von Herzinfarkten und Schlaganfällen ist Diabetes in mehr als 30 Prozent der Fälle eine zu Grunde liegende Begleiterkrankung, die in der Behandlung mitberücksichtigt werden muss, um Komplikationen zu vermeiden.

Die Krankenhausreform greift mit der Einführung von Vorhaltepauschalen und der Neustrukturierung der Finanzierung zentrale Themen der aktuellen Krankenhausstruktur auf. Für die Diabetologie stellen diese jedoch noch keine ausreichende Lösung dar. „Die geplante Aufteilung zwischen Fall- und Vorhaltepauschalen berücksichtigt nicht die speziellen Anforderungen der Diabetologie als Fach der Sprechenden Medizin“, erläuterte Fritsche. Er betonte, dass insbesondere Beratungsberufe und ärztliche Qualifikation in der Diabetologie systematisch unterfinanziert sind.

„Die Vorhaltepauschalen müssen die tatsächlichen Kosten für eine leitliniengerechte Diabetesversorgung abbilden – nur so können wir eine flächendeckende Versorgung sicherstellen“, forderte er. In den Leistungsgruppen „Komplexe Diabetologie/Endokrinologe“, welche in größeren Krankenhäusern angesiedelt sein werden, sollten mindestens drei Diabetologen und zwei Diabetesberater verfügbar sein. In kleineren Häusern sollte in der Leistungsgruppe „Allgemeine Innere Medizin“ ein Diabetologe sowie ein Diabetesberater verfügbar sein.

Derzeit setzt das KHVVG in den Leistungsgruppen ausschließlich auf Ärzte mit Facharztweiterbildung „Endokrinologie/Diabetologie“, von denen bundesweit aktuell jedoch nur gut 150 in der stationären Patientenversorgung tätig sind – ein gravierendes Ungleichgewicht, um die rund neun Millionen Betroffenen in Deutschland angemessen zu versorgen. Die stationäre diabetologische Versorgung ist nur flächendeckend und hochwertig zu gewährleisten, wenn die über 4.200 Diabetologen mit der Zusatzweiterbildung „Diabetologe DDG“ oder der Zusatzweiterbildung „Diabetologe Landesärztekammer“ berücksichtigt werden.

Vernetzte Qualitätssicherung durch Diabetes-Units

Ein zentraler Lösungsansatz der DDG ist die Einrichtung von zertifizierten, sektorenübergreifenden Diabetesabteilungen (Diabetes Units) als Bestandteil der Leistungsgruppen, die eine bessere Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung ermöglichen. „Diabetes-Units retten Leben. Sie bestehen aus Teams aus dem ärztlichen und nichtärztlichen Bereich, insbesondere auch Diabetesberatern, die abteilungsübergreifend eingesetzt werden und durch ihre Spezialisierung Komplikationen verhindern und die Behandlungsergebnisse verbessern können“, erklärte Dr. med. Dorothea Reichert, Tagungspräsidentin der Herbsttagung. „Es wäre außerdem ein tragfähiger Ansatz, um den perspektivischen Fachkräftemangel zu begegnen. Wir müssen jedoch eine Finanzierung solcher Kooperationen sicherstellen.“

Zertifizierung als Maßstab für Qualität

Die DDG fordert außerdem, dass bestehende Zertifikate in den sogenannten Klinikatlas integriert werden. „Der Klinikatlas muss transparenter werden und sich an klar definierten Qualitätskriterien orientieren. Dazu gehören DDG-Zertifikate für Kliniken, die eine hochwertige Diabetesversorgung sicherstellen“, so Fritsche. Dies wäre ein entscheidender Schritt, um den Patienten eine verlässliche Orientierung zu bieten, wo sie gute Versorgung erwarten können.

Hintergrundinformationen

Politische Forderungen der DDG: https://www.ddg.info/politik/veroeffentlichungen/gesundheitspolitische-veroeffentlichungen

DDG-Zertifikate: https://www.ddg.info/behandlung-leitlinien/zertifizierung

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) ist mit mehr als 9300 Mitgliedern eine der großen medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland. Sie unterstützt Wissenschaft und Forschung, engagiert sich seit 1964 in Fort- und Weiterbildung, zertifiziert Behandlungseinrichtungen und entwickelt Leitlinien. Ziel ist eine wirksamere Prävention und Behandlung der Volkskrankheit Diabetes, von der mehr als acht Millionen Menschen in Deutschland betroffen sind. Zu diesem Zweck unternimmt sie auch umfangreiche gesundheitspolitische Aktivitäten.

Im Jubiläumsjahr 2024 begeht sie ihren 60. Geburtstag und macht in zahlreichen Aktionen auf die Herausforderungen rund um den Diabetes mellitus und den steigenden Bedarf an Prävention, Forschung sowie modernen Therapien aufmerksam – und setzt sich für das Fach sowie für Menschen mit Diabetes ein.