Letzte Aktualisierung: 02.10.2024
Koalition auf der falschen Fußspur unterwegs
VCI: Lobbyregistergesetz: Reformentwurf verfehlt Ziel
von Norbert Dörholt
(20.09.2023) Vor der Anhörung im Deutschen Bundestag fordert die „Allianz für Lobbytransparenz“ wesentliche Nachbesserungen am Gesetzentwurf zur Reform des Lobbyregisters. Das Ziel, für eine größere Transparenz zu sorgen, werde klar verfehlt. Vor allem fehle eine praktikable Regelung zur Nachvollziehbarkeit politischer Entscheidungen (sogenannter "exekutiver Fußabdruck").
Zudem seien auch künftig nicht alle Interessenvertreter zur Registrierung verpflichtet. Mit Blick auf die Offenlegung von Spenden bedeute der Entwurf de facto sogar einen Rückschritt. Die Beibehaltung der Ausnahmen verschärfe unfaire Ungleichbehandlung.Dazu erklärt Michael Henning, der den in Frankfurt ansässigen Verband der Chemischen Industrie (VCI) bei der Anhörung vertritt: „Die weitreichenden pauschalen Ausnahmen für wichtige Interessengruppen wie Gewerkschaften, Kirchen oder Arbeitgeberverbände widersprechen dem Gesetzesziel. Vor allem führen sie letztlich zu einer erheblichen Ungleichbehandlung und Wettbewerbsverzerrung zu Lasten transparenter Interessenvertreter.“
Norman Loeckel, der für Transparency Deutschland als Sachverständiger an der Anhörung teilnimmt, sagt: „Die Koalition verfolgt mit ihrem Entwurf den falschen Ansatz. Politik und Verwaltung müssen in der Gesetzesbegründung dokumentierten, mit welchen Inhalten sich Interessenvertreter an der Gesetzgebung beteiligt haben. Nur sie sind in der Lage, einheitliche Standards und damit vertrauenswürdige Inhalte zu gewährleisten.“
Die geplante Form der Dokumentationspflicht von Stellungnahmen für Interessenvertreter gefährdet aus Sicht der Allianz sogar die Akzeptanz des Registers. Statt größerer Transparenz schaffe sie neue Umgehungsmöglichkeiten und erzeuge gleichzeitig unnötige Kosten. Stattdessen sollte das ebenfalls im Koalitionsvertrag vorgesehene Online-Konsultationsverfahren über eine Schnittstelle mit dem Lobbyregister verzahnt werden. Dies würde den gleichen Inhalt, weniger Bürokratie und mehr Transparenz gewährleisten, weshalb dieser Lösungsvorschlag auch von 66 weiteren Organisationen unterstützt wird. Hier ist die Koalition in der Bringschuld, nicht die Interessenvertreter.
Rückschritte bei Spendentransparenz
Ein weiterer kritischer Punkt ist die geplante Regelung bezüglich der Offenlegung von Spendern an Lobbyorganisationen. Es sei zwar ein Fortschritt, dass es keine Möglichkeit mehr gebe, Spendenangaben zu verweigern. Allerdings werde dieser durch die Erhöhung des Schwellwertes auf zehn Prozent der Spendeneinnahmen konterkariert. Nach Schätzungen könnten fast 99 Prozent der bisherigen Spendenangaben entfallen. Große Organisationen mit Großspendern wären damit von der Offenlegungspflicht ausgenommen. Die Herkunft von finanziellen Mitteln sollte aus Sicht der Allianz immer transparent sein. Ausnahmen seien in Einzelfällen für Privatpersonen denkbar. Sie sollten aber nicht für Organisationen oder Unternehmen gelten.
Über die Allianz für Lobbytransparenz
Die Partner der „Allianz für Lobbytransparenz“ setzen sich gemeinsam für Fairness, Offenheit, Transparenz und Integrität in der politischen Interessenvertretung ein. Beteiligt sind Transparency Deutschland und der Verband der Chemischen Industrie als ursprüngliche Initiatoren und Koordinatoren der Allianz, der Verbraucherzentrale Bundesverband, der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sowie Die Familienunternehmer als Mitglieder der Allianz sowie PHINEO, der Bankenverband und der Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften als Partner der Allianz. Gemeinsame Grundlage ist das 2019 veröffentlichte Eckpunktepapier. Zur Webseite der Allianz für Lobbytransparenz: https://lobbytransparenz.com/