Kleines Kino – große, weite Welt
Das Filmforum Höchst macht ausgezeichnete Arbeit und ist bekannt für seine internationalen Festivals

Foto: Stadt Frankfurt / Rainer Rüffer
Im Stadtteil Höchst jedoch gab es eine Gruppe leidenschaftlicher Cineasten, die diesem Trend ein ausgewähltes Programm entgegensetzten. „Wir trafen uns regelmäßig im Höchster Volksbildungsheim und zeigten Filme aller Genres, oft auch in thematisch zusammenhängenden Filmreihen“, erinnert sich Klaus-Peter Roth. Diese Treffen waren die Keimzelle des kommunalen Stadtteilkinos im Frankfurter Westen – und schließlich der Vorläufer des heutigen Filmforum Höchst, das vor wenigen Wochen für seine hervorragende Arbeit mit dem Hauptpreis des Hessischen Kinokulturpreises ausgezeichnet wurde.
1976 wurde die VHS Höchst kommunalisiert und dem Frankfurter Amt für Volksbildung zugeordnet. Die Filmfreunde weiteten ihr Programm aus – aus zwei Filmtagen in der Woche wurden vier. Klaus-Peter Roth kümmerte sich bald hauptamtlich ums Programm des Filmforum Höchst und tut es noch. Seit 1987 hat es im Gebäude des Neuen Theater Höchst in der Emmerich-Josef-Straße seinen eigenen Kinosaal – 113 Sitzplätze und dahinter einen Vorführraum, in der sowohl eine digitale Projektionsanlage als auch ein analoger 35- und 16-Millimeter-Projektor stehen. Eine ziemlich seltene Kombination, die das Team nutzt, um seine breitgefächerte Filmauswahl zu zeigen – inzwischen übrigens täglich. Aber nie länger als eine Woche, sonst käme womöglich die Abwechslung zu kurz. In inzwischen mehr als 40 Jahren hat sich das Filmforum Höchst somit zu einer überregional anerkannten Institution der Filmkultur entwickelt und viele wichtige Partnerschaften im In- und Ausland geknüpft.
Seit 2016 arbeitet Ulrike Stiefelmayer an Roths Seite, zuvor war sie 13 Jahre lang Leiterin der Kinoabteilung im Deutschen Filmmuseum. Zu den zwei Hauptamtlichen gesellen sich neun Honorarkräfte. Alle machen alles, vom Kartenverkauf über Filmgespräche bis zur Filmvorführung. Und alle haben ein Wörtchen bei der Programmgestaltung mitzureden. „Wichtig ist dabei immer, dass die Filme, die wir innerhalb einer Woche zeigen, eine Beziehung zueinander haben“, sagt Roth.
Das sorgfältig kuratierte Programm mit über 700 Vorführungen im Jahr stellt aktuelles europäisches Arthousekino vor, das teils mit einem weiteren passenden neuen Arthousefilm verbunden, teils mit Klassikern in Beziehung gesetzt wird. Themen- und Länderreihen sowie Regisseurporträts ergänzen das Spektrum. Der Dokumentarfilm findet seinen Platz, wie auch ein wöchentlich wechselnder Kurzfilm vor dem Hauptprogramm – ein Format, dem sich nur noch wenige Kinos widmen. Immer freitags und sonntags steht ein ausgesuchter Kinderfilm auf dem Programm. Zu den Vorführungen gehört zudem oft ein anschließendes Publikumsgespräch mit den Filmemachern oder Experten, an dem sich auch das Publikum beteiligen kann.
Besonderen Wert legt das Team des Filmforums auf verträgliche Eintrittspreise, gemäß Hilmar Hoffmanns Credo „Kultur für alle“. Der Eintrittspreis liegt bei 7 Euro, Frankfurt-Pass Inhaber sind mit 3,50 Euro dabei, Kinder und Erwachsene zahlen beim Besuch des Kinderfilms 3 Euro.
Besonders bekannt ist das Filmforum für seine Festivals: Africa Alive, Kurdische Filmtage, Cine Brasil, speziell für Schüler die Hessischen Schulkinowochen, die französische Cinéfête und das englischsprachige Britfilmfestival – im Filmforum kann man sich die ganze Welt ansehen. Und natürlich werden alle Filme, auch außerhalb der Festivals, im Original mit Untertitel gezeigt. Nur die Kinderfilme laufen als synchronisierte Fassung.
Mit rund 1000 Besuchern ist Cuba im Film – das einzige rein kubanische Filmfestival in Europa – der Publikumsliebling. „Wir organisieren das Festival seit über 20 Jahren gemeinsam mit dem Verein Dritte Welt Haus“, sagt Roth, „es war von Anfang an ein großer Erfolg.“ Der kubanische Film gilt unter Cineasten als herausragend, jedes Jahr reisen einige Mitglieder der Festivalgruppe auf eigene Kosten nach Kuba, um die besten Filme ausfindig zu machen und nach Frankfurt zu holen. Und dann auf Deutschlandtournee zu schicken: „Das Festival tourt nach seinem Auftakt in Höchst nach Weiterstadt, Saarbrücken, Hamburg und Berlin“, sagt Roth.
Die nächste Reise führt die Gäste des Filmforums aber erstmal nach Venezuela: Ab 15. November widmet sich „Venezuela im Film“ dem Schaffen von Diego Risquez. Risquez gilt als der bedeutendste venezolanische Regisseur, es ist seine erste Retrospektive in Deutschland. Im Dezember folgt mit Verso Sud/Cinema Italia ein Filmfestival mit neuen Produktionen aus Italien. „Dieses Jahr freue ich mich besonders auf den Abend mit Nino Pezzella, einem Frankfurter Künstler und Filmemacher, der seinen vielfach ausgezeichneten Film ‚Femminielli‘ über die Drag Queens von Neapel persönlich vorstellen wird“, sagt Ulrike Stiefelmayer.
Das Filmforum liegt nur wenige Minuten vom Bahnhof Höchst entfernt, ein kostenloser Parkplatz befindet sich direkt um die Ecke.
Alle Informationen zum Filmforum gibt es auf http://www.filmforum-höchst.com/ . (ffm)