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Letzte Aktualisierung: 28.03.2024

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Johannes Heisig – Herbstfeuer, Vernissage und Ausstellung im Westend

von Helmut Poppe

(15.11.2019) Gleich zwei große Ausstellungen beschäftigen sich in diesem Herbst, 30 Jahre nach dem Mauerfall, mit der Kunst in der DDR und entfachen damit eine Diskussion um eine längst überfällige Neubewertung. Es ist äußerst erfreulich, dass der deutsch-deutsche Bilderstreit beigelegt scheint, sich die in den Museumshäusern in Leipzig und Düsseldorf gezeigten Maler von dem Vorurteil, Hofmaler der DDR gewesen zu sein, zunehmend freimachen können.

Bildergalerie
Galerist Peter Hemfert mit Johannes Heisig
Foto: frankfurtlive
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Prof. Dr. Cornelia Freitag-Schubert, Hochschule Rheon-Main mit Schülerin Evelin Poppe, galerie.20
Foto: frankfurtlive
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Johannes Heisig mit Evelin Poppe
Foto: frankfurtlive
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Denn obwohl die eine oder andere Künstlerbiographie kritische Fragen aufwirft, so scheint man endlich verstanden zu haben, die Kunst gesondert und unabhängig davon zu betrachten. Auch Johannes Heisig hat sich dieser abwertenden Betrachtung seiner Kunst lange Zeit aussetzen müssen. Nach vielen Jahren der persönlichen Aufarbeitung der Beziehung zu seinem Vater Bernhard Heisig hat er diese diese hinter sich gelassen. Auch scheint seine allenfalls als kritisch-loyal zu bezeichnende Haltung zum System bei der Bewertung seiner Kunst in den Hintergrund getreten zu sein. Zu Recht, denn Johannes Heisig ist ein in seiner Generation herausragender aber durchaus noch nicht genügend hoch geschätzter Künstler mit einer unglaublichen Bandbreite an Themen und Genre. Nicht nur ist er ein genialer Porträtist mit der Fähigkeit, sensibel innere Gemütszustände auf die Leinwand zu transportieren, er ist auch insgesamt ein hervorragender Beobachter, seien es politische Entwicklungen, heimische Landschaften oder Stillleben mit existenziellem Inhalt.

Es ist selbstverständlich, dass er im Leipziger Museum der bildenden Künste in der Ausstellung Point of No Return – Wende und Umbruch in der ostdeutschen Kunst, mit dem wichtigen Werk Hafenrundfahrt vertreten ist.
Das „Herbstfeuer“, das durch die beiden Ausstellungen entfacht ist, lodert in DIE GALERIE weiter. Bereits zum dritten Mal ist Johannes Heisig mit einer Einzelausstellung präsent. Ernst und ein wenig skeptisch schaut er gemeinsam mit seiner Frau Barbara auf dem für die Ausstellung titelgebenden Gemälde drein. Die beiden wohnen dem jährlich in ihrem Dorf stattfindenden Brauch zu Beginn des Herbstes bei und läuten mit diesem Werk nicht nur terminlich das Ende eines für DIE GALERIE spektakulären Jubiläumsjahres ein, auch thematisch greift das Bild einen für die Ausstellung wichtigen Aspekt auf: Die Vergänglichkeit der Dinge zu untersuchen, und auch die eigene Sterblichkeit zu hinterfragen, sind für Johannes Heisig wichtige Themen seines künstlerischen Ausdrucks. Stillleben wie Memento Mori oder Fischgericht zeugen von einer tiefgreifenden und sensiblen Auseinandersetzung mit existenziellen Fragestellungen. Große Leinwände verlagern die Perspektive, ungewohnte Bildausschnitte verändern das Sehen. Vielleicht sollen sie uns helfen, dem Kleinen, Unbeachteten, scheinbar Nutzlosen, vermeintlich Unschönen mehr Raum und Aufmerksamkeit zu schenken. Dass diese Hilfestellung sinnvoll und bereichernd ist, beweist Heisigs nunmehr vierte Einzelausstellung in DIE GALERIE. Neben seinen nachdenklichen Stillleben sind es diesmal zahlreiche Landschaftsansichten Südfrankreichs und Brandenburgs, feinsinnige Selbstporträts aber auch Momentaufnahmen des Zeitgeschehens, die den genialen Geist und das geschickte Handwerk eines großen Talents unserer Zeit offenbaren.

Ort: Grüneburgweg 123. Ausstellung vom 14 Nov 2019 – 18 Jan 2020